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Versorgungsforschung
Lauterbach will mehr als 5000 neue Ärzte – pro Jahr
Die fehlenden Ärztinnen und Ärzte auf dem Land sind nicht die einzige Herausforderung für das deutsche Gesundheitssystem in den nächsten Jahren. Es fehlt an Personal und finanziellen Mitteln, weil Patienten immer mehr und teurere medizinische Leistungen in Anspruch nehmen. Gesundheitsökonomen sind sich nicht einig, wie man das System zukunftsfähig machen kann. Beim Landeskongress Gesundheit am vergangenen Freitag in Stuttgart stellte Prof. Dr. Karl Lauterbach seine Vision vor – als Epidemiologe, SPD-Bundestagsabgeordneter und Standespolitiker.
Die Behauptung, Deutschland hätte das beste Gesundheitswesen der Welt, müsste man mindestens relativieren, meint Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Gerlach war einer der Referenten auf dem 5. Landeskongress Gesundheit Baden-Württemberg, der am vergangenen Freitag in den Messehallen in Stuttgart stattfand.
Die EU-Kommission hatte 2019 das „Länderprofil Gesundheit“ veröffentlicht und aufgezeigt, dass das deutsche System überdurchschnittlich viel koste und nur zu einer durchschnittlichen Lebenserwartung führe. Es gebe zwar nur geringe Selbstbeteiligungen in Form von Zuzahlungen und sehr kurze Wartezeiten auf Facharzttermine, doch gleichzeitig würde dieser Umstand auch zu einer regen Inanspruchnahme aller Leistungen führen, weil ein effektives Gatekeeping-System fehle. Dazu kommen eine unzureichende Koordination zwischen den Fachrichtungen und Sektoren sowie Defizite in der Digitalisierung. Deutsche Patienten liegen länger und häufiger im Krankenhaus – im EU-Vergleich gibt es 60 Prozent mehr Krankenhausbetten.
Laut Gerlach existiert in Deutschland kein Ärztemangel. Ganz im Gegenteil: Es würden hierzulande mehr Ärzte fertig ausgebildet oder aus dem Ausland kommen, als derzeit dem System verloren gehen. Deutschland weist mit 4,1 Ärzten pro 1000 Einwohner eine im Ranking der Industriestaaten hohe Arztdichte auf.
Falsches Anreizsystem – für Ärzte und Patienten
Doch die Mediziner seien an den „falschen“ Stellen im System platziert. Sie würden nur unzureichend eine Gatekeeping-Funktion übernehmen und nicht dazu beitragen, teure Diagnoseverfahren und Therapien zu verhindern, sondern eben gerade zu initiieren. Neben dem klassischen Haus- und Allgemeinarzt führten mehr als 70 fachärztliche Spezialisierungsmöglichkeiten dazu, dass unter den Ärzten ein falsches Anreizsystem etabliert sei. Patienten würden gleichzeitig dazu verleitet, bei ungelenkter Inanspruchnahme höhere Kosten im System zu verursachen. Gerlachs vorsichtige Schätzung: Pro Jahr kommt es durchschnittlich zu 29 Arztkontakten pro Einwohner.
Die Medizin wird immer komplizierter
In vielen Punkten stimmte Prof. Dr. Karl Lauterbach seinem Vorredner Gerlach zu. Doch der Gesundheitsökonom und Bundestagsabgeordnete der SPD hat bekanntlich ganz eigene Ansichten, die er auch den Besuchern des Landeskongresses nicht vorenthalten wollte. Lauterbach will durch die Einführung einer Bürgerversicherung das solidarische System der GKV auch auf Beamte, Selbstständige und Gutverdienenden ausweiten, die sich aktuell zu einem großen Teil in privaten Versicherungsverhältnissen befinden. Die Beiträge sollen dann nicht nur aus den Einkommen gewonnen werden, sondern auch auf Miet-, Zins- und Kapitaleinkünfte erhoben werden. Bis zur Einführung dieses Krankenkassenmodells favorisiert er die GKV und prophezeit ihr – im Gegensatz zur PKV – auch in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs Beitragssatzstabilität, dank Umlageverfahren.
Auch für die Zukunft des eigenen, ärztlichen Berufsstandes vermittelte Lauterbach Optimismus. Digitalisierung und künstliche Intelligenz in der Medizin würden zu großen Fortschritten führen. Gleichzeitig fände aber auch eine Verkomplizierung und Segmentierung aller Fachbereiche statt. Als Beispiel nannte er die Onkologie. Durch die immer genauere und detailliertere Spezifizierung von Tumoren müsste es für jede einzelne Art Experten geben – unabhängig davon, ob Diagnoseverfahren zukünftig mit KI arbeiten oder nicht.
Mehr als 5000 Medizinerinnen und Mediziner müssten es seiner Meinung nach sein, die pro Jahr zusätzlich ausgebildet oder ins Land gelassen werden. Mit den aktuellen Hochschulstandorten wäre das nicht umsetzbar. Zur Info: In diesem Jahr wird die Zahl der in Deutschland praktizierenden Ärzte voraussichtlich die Marke von 400.000 knacken.
2 Kommentare
5000 Ärzte
von Roland Mückschel am 10.02.2020 um 17:48 Uhr
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;)
von Peter am 10.02.2020 um 12:47 Uhr
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