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MDR-Bericht
Wie die „Mafia“ in Polen für Medikamentenmangel sorgt
Auch unser Nachbarland Polen leidet unter den europaweiten Verknappungen von Arzneimitteln. Als Hauptgrund werden dort speziell massenhafte illegale Reexporte dafür verantwortlich gemacht. Daneben kommt auch die Abhängigkeit von den Herstellungsbetrieben in China zur Sprache.
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat die Arzneimittelengpass-Situation in Polen aufgegriffen und die Hintergründe dafür beleuchtet. Laut MDR hat das polnische Gesundheitsministerium auf seiner Webseite eine Liste mit über 400 Medikamenten und medizinischen Produkten (Stand: Dezember 2019) veröffentlicht, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ausgehen. Im Juli letzten Jahres hatte der Oberste Pharmarat Polens den Gesundheitsminister angeschrieben mit der Warnung, dass in Polen knapp 500 Arzneimittel fehlten. Nach den Erfahrungen der Apotheker soll das Problem anfangs fast ausschließlich bei teuren Originalarzneimitteln aufgetreten sein. Nun kämpfe man aber auch mit einem Mangel an gängigen Generika. Gesundheitsminister Łukasz Szumowski soll die Situation seinerzeit beschönigt und noch nicht als Krise bezeichnet haben.
Viele Fabriken in China geschlossen
Konkreter Anlass soll seinerzeit der Kurswechsel der chinesischen Politik in Richtung einer umweltfreundlicheren Pharmaproduktion gewesen sein. Seit 2017 sollen Regierungsinspektoren in systematischen, großangelegten Kampagnen Areale mit chemischen Herstellungsbetrieben durchkämmt und als Ergebnis fast 40 Prozent der chinesischen Fabriken in 30 industriellen Provinzen geschlossen haben, darunter auch solche für Arzneimittelwirkstoffe.
Dies soll sich Ende Juni und im Juli 2019 in der EU in Form von Arzneimittelverknappungen niedergeschlagen haben. „Und wenn eine solche Krise erneut auftritt, werden die chinesischen Fabriken zuerst ihre eigenen Bürger beliefern, dann die Nachbarmärkte, dann die lukrativeren, das heißt, die USA, und erst dann, wenn überhaupt, die EU-Märkte", meinte Misiewicz-Jagielak vom polnischen Arbeitgeberverband der Pharmaindustrie Anfang Dezember letzten Jahres. Da war der Coronavirus-Ausbruch noch nicht in Sicht.
Lukrative Reexporte, auch nach Deutschland
Nach dem MDR-Beitrag liegt die Hauptursache für die Versorgungsengpässe in Polen jedoch nicht in der Abhängigkeit des Landes von Importen aus China, sondern in den „mafiösen Strukturen“, mit denen Arzneimittel in großem Stil illegal in Länder mit einem höheren Preisniveau befördert werden. Als Beispiele werden Deutschland, Schweden und Großbritannien genannt. Dabei gehe es um Medikamente, die auf dem polnischen Markt viel günstiger sind, das heißt lukrative Reexporte. Dabei sollen auch einige Apotheken mit am Werk sein.
„Die Beteiligten kommen so an großes Geld"
Es sei längst kein Geheimnis mehr, dass sich Ärzte, Apotheker und Großhändler an den mafia-artigen Machenschaften beteiligen. „Umgekehrte Lieferkette" werde das Prozedere genannt, über das auch andere Quellen berichten. Nach einer Literaturstudie aus dem Jahr 2018 sollen die illegalen Exporte 57 Prozent aller Arzneimittelausfuhren aus Polen ausmachen.
Sie sollen von den Großhändlern über verschiedene Beschaffungsmechanismen organisiert werden. So würden Bestände wegen angeblich falscher Lagerbedingungen als entsorgungsbedürftig deklariert, Retouren von Apotheken gefakt, Arzneimittel zwischen Lagerhäusern im Besitz des gleichen Unternehmens verschoben, tatsächlich nichtexistierende Gesundheitseinrichtungen geschaffen, um einen künstlichen Bedarf zu erzeugen und falsche Patienten in Apotheken kreiert. Hinzu kämen doppelte Buchführung und die Umgehung von Kontrollen.
„Die Beteiligten kommen so an großes Geld", sagt der Warschauer Apothekenbesitzer Tomasz Jędrzejewski in dem MDR-Bericht. 2018 seien zwanzig Personen deswegen festgenommen worden, von denen einige mit dem Schmuggel monatlich bis zu 600.000 Zloty (ca. 150.000 Euro) verdient haben sollen.
Regierung geht dagegen vor
Dem polnischen Gesundheitsministerium sei das Problem bekannt und es gehe auch dagegen vor. „Wir haben neue Regelungen eingeführt, damit der illegale Export von Medikamenten nicht so einfach ist“, erklärt Wojciech Andrusiewicz, Pressesprecher des polnischen Gesundheitsministeriums, gegenüber dem MDR. „Es ist jetzt beispielsweise verboten, eine Apotheke, einen Großhandel und eine medizinische Einrichtung unter dem Dach eines Unternehmens zu betreiben. Das wird jetzt strenger kontrolliert.“ Apothekenbesitzer Jędrzejewski meint, dass sich die Situation gegenüber der vor fünf Jahren schon gebessert habe. Den Schmuggel völlig zu bekämpfen, hält er jedoch für schwierig.
6 Kommentare
Apotheke
von Peter Helgert am 25.02.2020 um 6:26 Uhr
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schlecht recherchiert
von Jörg Geller am 19.02.2020 um 9:06 Uhr
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AW: schlecht recherchiert
von Dr. C. Klotz am 23.02.2020 um 11:56 Uhr
Warum Mafia ? in D wäre dies völlig normal
von ratatosk am 17.02.2020 um 19:07 Uhr
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AW: Warum Mafia ? in D wäre dies völlig
von evelin am 20.02.2020 um 8:49 Uhr
Medikamentenmafia
von Roland Mückschel am 17.02.2020 um 17:41 Uhr
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