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Phytopharmaka in der Schwangerschaft – immer eine gute Option?

29.02.2020, 09:45 Uhr

(Foto: Syda Productions / stock.adobe.com)

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Schwangere Frauen versuchen in der Regel so wenige Arzneimittel wie möglich einzunehmen. Manchmal geht es dann aber doch nicht ohne. Vielen kommt der naheliegende Gedanke, dann statt auf chemisch synthetische Mittel auf pflanzliche zuzugreifen – als vermeintlich unbedenkliche Alternative.  Im Beratungsgespräch sollte man erklären, warum das nicht immer eine gute Idee ist. 

Pflanzliche Arzneimittel gelten bei vielen Patienten als sanfte Alternativen zur „bösen Chemie“.  Was Nebenwirkungen angeht, mag das in vielen Fällen auch stimmen. Nicht so pauschal gilt das allerdings für Schwangerschaft und Stillzeit. Das liegt allerdings nicht daran, dass Phytopharmaka hier per se gefährlich sind, sondern weil sie diesbezüglich meist schlechter untersucht sind. Deswegen findet sich in den Packungsbeilagen oft ein Hinweis, dass aufgrund fehlender Daten keine Bewertung oder Empfehlung ausgesprochen werden kann. Und auch bei Embryotox heißt es dann häufiger, dass zunächst die besser untersuchten chemisch-synthetischen Substanzen gewählt werden – auch wenn es keine Hinweise auf Teratogenität beim Menschen gibt, weil systematische Studien fehlen. So werden beispielsweise Anthrachinondrogen wie Faulbaumrinde, Sennesblätter und -früchte, Aloe-Trocken­extrakt oder Rhabarberwurzel allgemein als ungeeignet bei Obstipation in der Schwangerschaft angesehen. Gründe dafür sind unzureichende toxikologische Untersuchungen oder Erkenntnisse über eine Stimulation der Uterusmuskulatur (Senna) bzw. teratogene Eigenschaften (Rhabarber).

Daneben gibt es dann auch eine Reihe von Phytopharmaka, die erwiesenermaßen negative Wirkungen haben können. So sollten Schwangere nicht zu viel Süßholz zu sich nehmen. Der Inhaltsstoff Glycyrrhizin erhöht in sehr hohen Mengen vermutlich das Risiko für eine Frühgeburt und soll sich unter Umständen auch auf die geistige Entwicklung des Kindes auswirken. Süßholzwurzel ist neben Lakritz und oft in Teemischungen enthalten. Auch zu große Mengen Salbei sollten Schwangere meiden, kleine Mengen sind akzeptabel. Die enthaltenen Tannine  sollen ebenfalls vorzeitige Wehen und sogar Früh- oder Fehlgeburten auslösen können. Außerdem enthält Salbei Thujon, das bei hoher Dosierung toxisch ist.

Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Phytopharmaka, deren Einsatz explizit empfohlen wird. So scheint Ingwer bei Übelkeit eine Besserung zu bewirken. Bei hoch dosierten Nahrungsergänzungsmitteln ist hingegen Vorsicht geboten. Ingwer steht im Verdacht Wehen auszulösen. Bei der Dosis durch selbstaufgebrühten Tee mit frischer Wurzel ist eine Fehl- oder Frühgeburt wohl nicht zu befürchten.  Andere Phytotherapeutika werden nur zu bestimmten Zeitpunkten empfohlen, zum Beispiel Himbeerblätter zur Geburtsvorbereitung und während der Geburt sowie im Wochenbett. Als unbedenklich gelten Kamillenblüten. Sei es in Form von Tee, aber auch als Extrakt in Salben oder Bädern.

Zusammenfassend lässt sich also die Frage, ob Phytopharmaka in der Schwangerschaft unbedenklich sind, in den meisten Fällen nur mit „kommt drauf an“ beantworten.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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