Coronapandemie

Leipziger Apothekenteam: Eigener Mundschutz und eigenes Desinfektionsmittel

Berlin - 02.04.2020, 16:59 Uhr

Die Apothekerinnen Anett Spillner (r), und ihre Tochter Julia tragen selbst genähtem Mundschutz. Um das 30-köpfige Team der Apotheke vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, hat die Chefin früh reagiert. (Foto: dpa)

Die Apothekerinnen Anett Spillner (r), und ihre Tochter Julia tragen selbst genähtem Mundschutz. Um das 30-köpfige Team der Apotheke vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, hat die Chefin früh reagiert. (Foto: dpa)


Die Apotheke im Globus in Leipzig hat ihre Angestellten alle mit bunten, selbstgenähte Masken ausgestattet. Teils tragen die Angestellten zusätzlich Brillen aus Fensterglas zum Schutz. Denn die Angst vor einer Schließung der ganzen Apotheke ist groß – gerade jetzt wo die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln und Medikamenten überdurchschnittlich hoch sei, wolle man die Versorgung aufrecht erhalten.

Hinter Plexiglas am Tresen stehen die Angestellten der Apotheke im Globus mit bunten, selbstgenähten Mundschutzmasken. Die Apotheke in Markkleeberg, südlich von Leipzig, ist gut gefüllt mit Kunden, viele tragen selbst Masken, alle halten gewissenhaft die angegebenen Abstände ein. Zwar können solche selbstgenähten Masken keinen garantierten Eigenschutz bieten, allerdings sollen sie zum Fremdschutz beitragen.

„Wir haben heftige Wochen hinter uns“, sagt Anett Spillner. Sie betreibt die Apotheke seit 1992. Eine ihrer größten Sorgen ist, dass sich jemand aus dem 30-köpfigen Team mit SARS-CoV-2 infiziert. „Wenn hier ein Fall auftritt - das wäre der Super-GAU“, sagt die 54-Jährige. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt äußerte sich erst vergangene Woche in einem Pressetermin zum Umgang mit möglichen Infektionen im Apothekenteam. Er geht davon aus, dass die vom RKI empfohlenen „Optionen zum Management von Kontaktpersonen unter medizinischem Personal bei Personalmangel“ auch für Apotheker und den Apothekenbetrieb gelten. Heißt konkret: Die Schließung von Apotheken muss unbedingt vermieden werden. Selbst bei Infektionsfällen im Apothekenteam soll unter gewissen Bedingungen weitergearbeitet werden.

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Schutzmaßnahmen für die Apotheke

In Spillners Apotheke wurde früh Plexiglas an den Kassen angebracht. Zudem tragen alle Mitarbeiter Brillen – teils auch nur aus Fensterglas – für zusätzlichen Schutz. Täglich wird die Kleidung in der Apotheke gewaschen. Damit der Humor trotz der ernsten Lage nicht verschwindet, haben zwei Mitarbeiterinnen 90 Mundschutzmasken aus bunten Stoffen für ihre Kolleginnen und Kollegen genäht. Darauf sind Motive wie Einhörner oder Raubkatzen zu sehen. Vielleicht fühlt sich der Stammkunde Heinz Bose gerade deshalb trotz der Maßnahmen wohl. „Plexiglas und Mundschutz wirken normal“, findet der 67-Jährige. Er selbst trägt eine Maske über dem Mund, genäht von seiner Frau, wie er sagt.

Um bei einer Quarantäne nicht das ganze Personal isolieren zu müssen, arbeiteten einige Apotheken bereits im Zwei-Schicht-System, erklärt Kathrin Quellmalz vom Sächsischen Apothekerverband. Von präventiven Corona-Tests der Mitarbeiter von Apotheken halte der Verband jedoch nichts, sie seien zu aufwendig.

Verband beobachtet hohe Auslastung der Apotheken

Der Verband beobachtet derzeit eine hohe Auslastung der Apotheken: „Im Durchschnitt kommen etwa 170 Patienten pro Tag in eine der rund 960 sächsischen Apotheken, seit dem Bekanntwerden des neuartigen Coronavirus sind es weitaus mehr.“ Hinzu kommt die Herstellung von Desinfektionsmittel, um die hohe Nachfrage decken zu können. „Gefühlt jeder zweite Kunde fragt nach Desinfektionsmittel“, berichtet Spillner. Zudem ist die Beschaffung der Ausgangsstoffe aufwendig und zeitintensiv. 100 Milliliter Desinfektionsmittel kosten in der Apotheke etwa 13 Euro. Spillner hofft, bald an günstigere Rohstoffe kommt, um den Preis zu senken. Außerdem wünscht sie sich, dass die Mehrwertsteuer auf Mundschutz und Desinfektionsmittel – derzeit bei regulären 19 Prozent – gesenkt wird.

Doch nicht nur die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln sei gestiegen: Die Apotheke habe 20 Prozent mehr Arzneimittel vorrätig, als in normalen Zeiten. Gerade Hustenmittel, Paracetamol sowie Medikamente für ein stärkeres Immunsystem würden gekauft, sagt die Apothekerin. Hinzu kommt, dass Ärzte häufig größere Mengen etwa von Blutverdünnern oder Insulin verschreiben.

Apothekerin Anett Spillner mit ihrem selbst hergestellten Desinektionsmittel. (Foto: dpa)

Siebenmal täglich treffen in der Apotheke Lieferungen mit Masken und Medikamenten ein. Schutzmasken habe sie aber auch schon abseits des Großhandels über andere Wege organisiert, sagt Spillner. „Das ist wie in der DDR, aber die westdeutschen Kollegen haben das ganz schnell gelernt“, sagt die 54-Jährige und lacht. Mit Blick auf den Handel mit Medikamenten auf dem Weltmarkt wird sie aber ernst: „Ich mache mir Sorgen um die Zukunft, wie das weitergeht.“ Der Verband sieht die Politik in der Pflicht: „Die Aufrechterhaltung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung unserer Bevölkerung sollte auch das oberste Ziel unserer verantwortlichen Behörden sein.“



Svea Türschmann
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Daz Werbung

von Pnny am 02.04.2020 um 19:16 Uhr

Man sollte diesen Artikel als Werbung kennzeichnen. Wie schafft man es mit so alten Kamellen in die Daz zukommen ? Muss man da Kontakte haben ?

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Daz Werbung

von Conny am 02.04.2020 um 19:17 Uhr

Man sollte beim Essen nicht tippen. Natürlich Conny:)

AW: Daz Werbung

von Stefan Haydn am 02.04.2020 um 19:37 Uhr

Ich mußte lachen, dass habe ich mich tatsächlich auch gerade gefragt.
Da hätte die DAZ schon vor drei Wochen bei mir vorbeikommen können zur Anregung für andere Kollegen (abgetrennter Verkaufsbereich, Schleuse statt Durchreiche, Bodenmarkierungen Innen und Außen, Abholstation, Plakate und Kundenhandzettel, Desinfektionsmittel aus Eigenherstellung zu bezahlbaren Preisen, etc.)

Sorry, ich weiß Eigenlob stinkt ;-)

AW: Daz Werbung

von Conny am 02.04.2020 um 19:53 Uhr

Ha, bei mir seit drei Wochen und einem Tag :)

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