Große Datenanalyse aus Großbritannien

Fettleibigkeit als Risikofaktor für schwere COVID-19-Verläufe

Remagen - 12.05.2020, 09:00 Uhr

Eine große Datenanalyse aus Großbritannien zeigt, dass insbesondere ältere, vorerkrankte, männliche und fettleibige Patienten einen schweren COVID-19-Verlauf durchmachen. (x/Foto: imago images / indiapicture)

Eine große Datenanalyse aus Großbritannien zeigt, dass insbesondere ältere, vorerkrankte, männliche und fettleibige Patienten einen schweren COVID-19-Verlauf durchmachen. (x/Foto: imago images / indiapicture)


Fettleibigkeit wesentlicher Faktor für die Mortalität

Höheres Alter und Komorbiditäten waren mit einer höheren Sterblichkeitswahrscheinlichkeit verbunden. Nach Bereinigung anderer medizinischer Probleme wie Lungen-, Herz- und Nierenerkrankungen, die bekanntermaßen schlechte Ergebnisse verursachen, sollen auch männliches Geschlecht (60 Prozent der Krankenhauseinweisungen wegen COVID-19) oder  Fettleibigkeit als eigenständige Faktoren eine wesentliche Rolle für die Mortalität spielen, ein Merkmal, das in China nicht beobachtet wurde. Adipositas sei 2009 auch als Risikofaktor für die Pandemie A/H1N1-Grippe anerkannt worden, erklären die Forscher, nicht aber bei MERS-CoV.

Die Gründe, warum adipöse Menschen so schwer an COVID-19 erkranken und daran häufiger sterben als andere Gruppen, sei nicht klar. Die Wissenschaftler vermuten, dass sie eine verminderte Lungenfunktion und möglicherweise mehr Entzündungen im adipösen Gewebe, dem Fettgewebe unter der Haut und um die inneren Organe herum, haben, die zu einem verstärkten Zytokinsturm beitragen könnten, einer potenziell lebensbedrohlichen Überreaktion der körpereigenen Immunreaktion.

Erstaunlich schnell Daten gesammelt

„Diese Studie ist insofern erstaunlich, als dass sie so schnell gestartet wurde und so viele Daten einfließen“, betont Professor Peter Openshaw vom Imperial College London. Warum konnte Großbritannien in einer so frühen Phase der Epidemie in kurzer Zeit eine so groß angelegte Erhebung auf die Beine stellen? Die Autoren der Arbeit schildern in der Publikation die Hintergründe dafür.

Forschungsplan schon in der Schublade

Großbritannien hatte in Folge der Influenzapandemie A/H1N12009 und des Ausbruchs des Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS 2012) vorausschauend schon mal einen Forschungsplan erarbeitet, um bei einer neuen Bedrohung dieser Art schnell darauf zurückgreifen zu können. Kernstück dieses Plans war das Clinical Characterisation Protocol (CCP) for Severe Emerging Infection, das vom International Severe Acute Respiratory and emerging Infections Consortium (ISARIC) entwickelt wurde (ISARIC-CPC). 

Unter den Open-Access-Protokollen finden sich standardisierte und verfeinerte Fallberichtsformulare, Informationen und Einwilligungsdokumente sowie ein mehrstufiger biologischer Probenahmeplan. Dies soll eine Kreuzkorrelation zwischen Standorten und Studien ebenso ermöglichen wie internationale Vergleiche zwischen unterschiedlichen Standorten und Behandlungsstrategien.

Das Clinical Characterisation Protocol (CCP-UK) wurde bereits am 17. Januar 2020 aktiviert, rechtzeitig, um die ersten COVID-19-Patienten zu rekrutieren, die in Krankenhäuser in England und Wales aufgenommen wurden. So wurden die ersten 101 gemeldeten Patienten schon in der frühen Phase des Ausbruchs in UK eingeschrieben. Die Autoren heben hervor, dass Studien wie diese von dem Beginn einer Pandemie an unmöglich rechtzeitig entwickelt, genehmigt und eröffnet werden könnten, um das Fallmanagement und die Gesundheitspolitik zeitnah zu informieren. Ihre Studie zeige, wie wichtig vorausschauende Planung und Investitionen in die Vorsorge seien.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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