Schutz vor COVID-19

Handschuhe gegen Coronaviren – sinnvoll und sicher?

Stuttgart - 02.06.2020, 10:15 Uhr

Viele Menschen nutzen Handschuhe im Alltag beim Einkaufen, um sich vor Corona zu schützen. Ist das sinnvoll? Schließlich passen Coronaviren selbst bei intakten Handschuhen durch die materialbedingten Poren. ( r / Foto: imago images / ITAR-TASS)

Viele Menschen nutzen Handschuhe im Alltag beim Einkaufen, um sich vor Corona zu schützen. Ist das sinnvoll? Schließlich passen Coronaviren selbst bei intakten Handschuhen durch die materialbedingten Poren. ( r / Foto: imago images / ITAR-TASS)


Bislang sind dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zufolge keine SARS-CoV-2-Infektionen bekannt, die über das Berühren von Oberflächen stattgefunden hätten. Auch das RKI rät nur zum Mund-Nasen-Schutz und nicht zu Handschuhen, um sich vor einer Infektion mit Coronaviren zu schützen. Dennoch setzen manche Menschen im Alltag – wie beim Einkaufen – auf Handschuhe. Doch: Können Handschuhe überhaupt vor Coronaviren schützen, und was sollte man beim Handschuhtragen beachten?

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft wird das neuartige Coronavirus hauptsächlich über Tröpfcheninfektion und weniger über Schmierinfektion übertragen. Bei einer Schmierinfektion gelangen Erreger, die sich auf den Händen befinden, an die Schleimhäute von Nase oder Augen und können dann zu einer Infektion führen. Diese Möglichkeit besteht laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auch bei SARS-CoV-2, doch schätzt das BfR, dass Schmierinfektionen mittels Übertragungen über Oberflächen, die kurz zuvor mit Viren kontaminiert wurden, nur in einem kurzen Zeitraum nach Kontamination wahrscheinlich sind. „Es gibt derzeit keine Fälle, bei denen nachgewiesen ist, dass sich Menschen […] über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben“, erklärt das BfR. Coronaviren seien nur wenig stabil in der Umwelt.

Vier von zehn Menschen nutzen Maske und Handschuhe zum Coronaschutz

Die Bürger sorgen sich dennoch, dass sie sich über das Berühren von Oberflächen – Einkaufswagen im Supermarkt, Türklinken, Bargeld, Kartenterminals, Verpackungen und Lebensmittel – mit SARS-CoV-2 infizieren könnten. Laut dem Corona-Monitor des BfR vom 12. Mai setzen 40 Prozent der Befragten auf Schutzkleidung – Maske und Handschuhe –, um sich vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu schützen. In der Woche davor waren es dem BfR-Corona-Monitor zufolge noch 34 Prozent gewesen, die sich mit Maske und Handschuhen vor COVID-19 schützten. Doch wie sinnvoll sind Handschuhe? Im Klaren sollte man sich sein, dass Handschuhe nicht zwangsläufig vor Viren schützen.

Handschuhe können vor Verbreitung von Krankheitserregern schützen

Handschuhe schützen allgemein vor Verschmutzungen, Verletzungen, aggressiven Stoffen (zum Beispiel Reinigungsmittel) und auch dem Verbreiten von Krankheitserregern. Verschiedene Materialien und Ausführungen von Handschuhen – beispielsweise Latex, Nitril, Vinyl, steril oder nicht steril – sollen diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden. Die BGW, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, stellt in einer Bildergalerie verschiedene Handschuhtypen vor und geht auch auf Vor- und Nachteile ein. Latexhandschuhe (Naturkautschuk) zeichnen sich beispielsweise durch eine relativ hohe mechanische Strapazierbarkeit und Chemikalienbeständigkeit aus, weisen aber ein allergisierendes Potenzial auf und sind empfindlich gegen Fette und Öle (Stichwort: Handpflegeprodukte). Latexfreie Nitrilhandschuhe gelten hingegen als gut verträglich, sie sind jedoch weniger dehnbar und sollten deswegen bei der Handschuhgröße eine halbe Nummer größer gewählt werden.

Hände waschen gilt trotz Handschuhen

Wichtig ist, die Grenzen von Handschuhen beim Alltagsschutz vor Coronaviren zu kennen. Und: Das Tragen von Handschuhen ersetzt keine sorgfältige Händehygiene – gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife (20 bis 30 Sekunden), anschließendes Abtrocknen mit Einmalhandtüchern (öffentliche Toiletten) oder dem persönlichen Handtuch (zuhause). Das genaue Prozedere hat die BzgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) auf ihrer Homepage zum Infektionsschutz zusammengefasst.

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Handschuhe gehören nur auf saubere, trockene und nicht direkt eingecremte Hände. Eine sorgfältige Händehygiene sollte vor und nach dem Tragen von Handschuhen praktiziert werden.

Ringe und Uhren können Handschuhe „löchrig“ machen

Was man derzeit wohl am häufigsten beobachtet, sind nicht-sterile medizinische Handschuhe, die nun im Alltag, wie beim Einkaufen, getragen werden. Diese Handschuhe sind eigentlich dafür gedacht, feinmotorisch arbeiten zu können und das Tastgefühl des Arztes oder des Pflegepersonals möglichst wenig zu beeinträchtigen. Mechanischen Alltagsbelastungen hingegen halten sie weniger gut stand. Zudem strapazieren Ringe, Uhren, Armreife oder Armketten, lange oder künstliche Fingernägel das Material zusätzlich und können zu Rissen (sichtbar und auch nicht) in den Handschuhen führen und somit deren Schutzfunktion einschränken.

Viren „passen“ durch Handschuhe

Selbst ohne zusätzliche mechanische Belastung sind Handschuhe nicht „virusdicht“. So zeigen sogar noch unbenutzte Latexhandschuhe kleine Poren (5 Mikrometer), die größer sind als Viren. So sind Coronaviren zwischen 60 und 160 Nanometer groß, sodass Viren problemlos diese unsichtbaren Poren passieren können. Zudem werden durch das Tragen die Handschuhe weiter strapaziert, und je nach Tätigkeit und Tragedauer lässt dies die Handschuhe noch poröser werden. Die Folge: Die gewünschte Schutzfunktion leidet.

Vorsicht mit Handcremes!

Beachten sollte man außerdem, dass Fette und Öle in Handpflegeprodukten den Handschuh schädigen können. Aus diesem Grund sollten direkt vor dem Anziehen von Handschuhen (vor allem Latex) keine Hautschutz- oder Pflegeprodukte angewendet werden. Auch Desinfektionsmittel können Handschuhe schädigen. Handschuhe sollten in der Regel nicht desinfiziert werden. Ohnehin sind Desinfektionsmittel im privaten Bereich bei gesunden Menschen zum Schutz vor Corona nicht erforderlich. Das BfR schreibt dazu: „Das BfR sieht auch in der aktuellen Situation (Anm. d. Red.: Coronapandemie) keine Notwendigkeit für gesunde Menschen, im Privathaushalt Desinfektionsmittel anzuwenden.“

Handschuhe begünstigen Ekzeme

Das Tragen von Handschuhen schafft ein feuchtwarmes Klima, was die Hautbarriere stören kann und die Hände empfindlicher für Ekzeme machen kann. Baumwollhandschuhe (darunter gezogen) können Feuchtigkeit aufnehmen und den Handschweiß reduzieren. Diese Möglichkeit sieht das Robert Koch-Institut allerdings im medizinischen Bereich bei längerem Tragen von luftundurchlässigen Schutzhandschuhen. Eine Handpflege nach dem Tragen der Handschuhe ist sicherlich sinnvoll.

Handschuhe richtig ausziehen

Ein wichtiger Punkt ist beim Tragen von Handschuhen zudem, wie man diese auch wieder – möglichst ohne Eigenkontamination – auszieht. Das Ablegen von Handschuhen, ohne möglicherweise anhaftende Erreger zu berühren oder zu verteilen, erfordert etwas Übung. Wie man Handschuhe richtig auszieht, hat DAZ.online in einem früheren Beitrag erklärt.

RKI empfiehlt Handschuhe nicht als Coronaschutz

Im Gegensatz zu Mund-Nasen-Schutz werden Handschuhe als Schutz vor Corona-Infektionen für die Bevölkerung nicht empfohlen. So rät das Robert Koch-Institut zwar: „Für die Bevölkerung empfiehlt das RKI das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (textile Barriere im Sinne eines MNS) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum. Das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung kann ein zusätzlicher Baustein sein, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren – allerdings nur, wenn weiterhin Abstand (mind. 1,5 Meter) von anderen Personen, Husten- und Niesregeln und eine gute Händehygiene eingehalten werden.“ Das RKI betont, dass mehrlagiger medizinischer (chirurgischer) Mund-Nasen-Schutz (MNS) und medizinische Atemschutzmasken, wie beispielsweise FFP-Masken, medizinischem und pflegerischem Personal vorbehalten bleiben müssten, so das RKI. Handschuhe als Schutzmaßnahme erwähnt das Robert Koch-Institut nicht.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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