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Kooperation unternehmensnaher Krankenkassen
Kassen: Apotheken-Dienstleistungen aus Honorar-Absenkung finanzieren
Ein Zusammenschluss betriebsnaher Krankenkassen dringt auf die Einführung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen. Vor allem auf das Medikationsmanagement haben die Kostenträger ein Auge geworfen. Der Haken: Sie wollen die Apotheken dafür nicht bezahlen, sondern die finanziellen Mittel aus den Wirtschaftlichkeitsreserven frei machen, die ein Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums im Jahr 2017 vermeintlich aufgedeckt hatte.
Die Kooperation unternehmensnaher Krankenkassen (kuk) macht sich für die Einführung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen stark. In einem fünfseitigen Papier beschreibt die Kooperation, an der neben den IKKen und BKKen auch die Knappschaft und die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau beteiligt sind, wie sie sich die Ausgestaltung vorstellt. Das Papier ist bereits im Dezember 2019 entstanden, wurde jetzt aber erst bekannt. Zuerst hatte die „Ärzte Zeitung“ daraus zitiert.
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Aus der Sicht der kuk „verlangt die Sicherstellung der Versorgung in diesen Regionen ein gemeinsames und lösungsorientiertes Agieren von Apothekerschaft und Krankenkassen“. Die mit dem Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken vorgesehenen neuen pharmazeutischen Dienstleistungen böten diesbezüglich ein erstes Handlungsfeld, schreiben die Kostenträger in dem Papier, das DAZ.online vorliegt. Vor allem bei der Arzneimitteltherapiesicherheit sollen die Apotheker demnach ihre Kompetenzen einbringen. „Hier bieten sich bislang noch nicht umfassend genutzte Potentiale, die durch eine engere Einbindung der Apotheker, auch durch eine frühzeitige Rücksprache mit dem Arzt, gehoben werden könnten.“ Ärzte und Apotheker sollten zum Wohle des Patienten bei der Medikationsanalyse und dem Medikationsmanagement ihre interprofessionelle Zusammenarbeit stärken, betonen die Kassen.
Arzt und Apotheker sollen zusammenarbeiten
Dem Papier zufolge muss das Medikationsmanagement „im Zusammenspiel zwischen Apothekern und Ärzten“ ablaufen. Denn: „Apotheker haben im Gegensatz zu Ärzten bestenfalls auch Informationen über nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die ein Patient einnimmt, und können somit umfassend beraten.“ Vorbild könnte die sogenannte Brown-Bag-Analyse sein, die bereits in einigen anderen Ländern genutzt werde. „Auf Wunsch des Patienten können auch Laborwerte und Diagnosen bei den behandelnden Ärzten durch den Apotheker erfragt werden.“ Auch das Einbeziehen von Angehörigen in die Gespräche zur Medikation sowie unter bestimmten Bedingungen Hausbesuche durch die Apotheker halten die Autoren für sinnvoll.
Wer soll das bezahlen?
Bleibt die Frage nach der Finanzierung – und an dieser Stelle wird es aus Apothekersicht unangenehm: „Im Sinne des Gutachtens der Beratungsgesellschaft 2hm im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2017 sollte eine Umgestaltung der Apothekenvergütung erfolgen“, findet kuk. „Unter dem Strich attestierte das Gutachten, dass etwa 1,24 Mrd. Euro jährlich zu viel an die Apotheken gezahlt werden. Im Interesse der Versicherten sind die finanziellen Mittel effizient umzuverteilen.“
Die Einsparungen sollen nach den Vorstellungen der Kooperation in die Finanzierung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen fließen. „Um zu gewährleisten, dass es sich tatsächlich um neue beziehungsweise zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen handelt, sollte eine Definition der aktuell mit dem Fixentgelt von 8,35 Euro abgegoltenen apothekerlichen Leistungen erfolgen, um eine Doppelfinanzierung zu vermeiden.“ Zudem sei eine Neuordnung der ärztlichen und apothekerlichen Aufgaben nötig, um auch hier eine Doppelvergütung zu vermeiden.
Mit dem Modell, das Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) entworfen hat, tun sich die Kassen schwer. Dieses werfe viele Fragen auf, heißt es. Demnach sollen die neuen Dienstleistungen über einen Fonds finanziert werden, der sich aus einem neuen Zuschlag von 20 Cent je verschreibungspflichtigem Arzneimittel speist. „Diese Finanzierungssystematik erscheint wenig nachvollziehbar“, bemängelt kuk. Sie sei zudem mit erheblichen Mängeln verbunden und intransparent. „Zwar scheint die Systematik an den Nacht- und Notdienstfonds angelehnt zu sein, jedoch kann es nicht Intention des Gesetzgebers sein, den Fonds regelmäßig vollständig auszuschütten. Damit würde die Gefahr einer zu hohen bzw. unwirtschaftlichen Vergütung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen bestehen. Dies gilt umso mehr, wenn nur wenige Apotheken qualitativ hochwertige Dienstleistungen erbringen können.“
Kassen wollen kein „Windhundrennen“
Darüber hinaus könnte ein „Windhundrennen“ um Mittel aus dem Fonds entstehen, fürchten die Kostenträger. „Dies würde dazu führen, dass keine adäquaten und nicht am Bedarf der Patienten orientierten Leistungen erbracht werden.“ Die Fondsfinanzierung stünden des Weiteren im Widerspruch zur Vergütungsregelung, die die Spitzenorganisationen für die jeweiligen Dienstleistungen vereinbaren sollen. „Damit bleibt offen, wie vorgegangen werden soll, wenn die Mittel des Fonds erschöpft sind, aber weiterhin Leistungen seitens der Apotheker erbracht werden. Alle beteiligten Marktakteure benötigen ein größtmögliches Maß an Planungssicherheit.“
Apotheker profitieren auf andere Weise
Die Partner bevorzugen laut Papier eine gezielte Vergütung für nachgewiesene und vom Patienten quittierte Beratungsleistungen. „Diese sollten in einem GKV-einheitlichen Katalog hinsichtlich Preis- und Leistungsumfang, Anspruchsvoraussetzungen sowie der Qualität definiert werden. Der hierfür von den Vertragspartnern zu definierende Budgetrahmen ist zwingend einzuhalten.“
Nach Ansicht der Kassen profitieren die Apotheker zudem auf andere Weise. „Durch eine Erweiterung des Tätigkeitsbereichs der Apotheker wird die Präsenzapotheke gestärkt“, schreibt die Kooperation. Die persönliche Beratung und Betreuung der Patienten, etwa bezüglich der Arzneimitteltherapiesicherheit oder zur Stärkung der Therapietreue, sei ein starkes Argument für die Vor-Ort-Apotheken. „Daneben bleibt der Online-Handel eine wichtige Ergänzung und essentieller Bestandteil der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Ein Verbot des Versandhandels lehnt die kuk auch zukünftig ab.“
15 Kommentare
"Honorierung weg von der Packung", was sonst?
von Wolfgang Müller am 11.06.2020 um 18:04 Uhr
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AW: "Honorierung weg von der Packung&
von Reinhard Rodiger am 12.06.2020 um 18:50 Uhr
Ich bin dann mal weg
von Rita Längert am 11.06.2020 um 12:49 Uhr
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"Vergütungen"
von Dr.Diefenbach am 11.06.2020 um 12:19 Uhr
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An der Wirklichkeit vorbei
von P Timm am 11.06.2020 um 11:25 Uhr
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Der Knaller.
von Karl Friedrich Müller am 11.06.2020 um 11:10 Uhr
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AW: Der Knaller
von Karl Friedrich Müller am 11.06.2020 um 12:24 Uhr
Jetzt
von Karl Friedrich Müller am 11.06.2020 um 8:29 Uhr
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Erst gedacht ... dann gemacht ... 2hm "gut" gemacht ... Gefälligkeitsgutachten ersetzt Ünfähigkeit der Kassen und Politik ...
von Christian Timme am 11.06.2020 um 7:43 Uhr
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.
von Anita Peter am 11.06.2020 um 6:15 Uhr
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AW: Antwort
von Ciupka Barbara am 15.06.2020 um 11:09 Uhr
Kassen
von Andreas Fizia am 10.06.2020 um 18:27 Uhr
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AW: aus den Löchern gekrochen
von Ralf Schabik am 11.06.2020 um 7:52 Uhr
das ist so pervers
von Christiane Patzelt am 10.06.2020 um 18:17 Uhr
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AW: das ist so pervers
von Armin Spychalski am 10.06.2020 um 18:35 Uhr
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