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Regierung schreibt an Lieferanten
UK: Pharmaindustrie muss Vorräte für den Brexit anlegen
„Nach dem Brexit ist vor dem Brexit.“ So kommt es einem fast vor, denn die Europäische Union und ihr scheidender Partner Großbritannien haben in den letzten Jahren schon mehrfach vor dem Brexit-Abgrund gestanden. Nun scheint es aber wirklich ernst zu werden und die Regierung fordert die Pharmaindustrie auf, sich im Interesse der Patienten in UK bis zum Jahresende ausreichend zu bevorraten.
Die britische Regierung hat einen offenen Brief an Arzneimittellieferanten geschrieben, in dem sie darlegt, welche Vorkehrungen diese bis zum Ende der Brexit-Übergangszeit treffen sollen. Darin geht es im Wesentlichen darum, für eine bestimmte Zeit nach dem Ausscheiden aus der EU ausreichende Lagerbestände an Arzneimitteln, Medizinprodukten und medizinischen Geräten, klinischen Verbrauchsmaterialien, Blut und Transplantationsartikeln sowie Impfstoffen vorzuhalten. Am 31. Dezember 2020 um 23 Uhr werde das Vereinigte Königreich den EU-Binnenmarkt und die Zollunion verlassen, stellt die Regierung in dem Schreiben fest. Eine Verlängerung der Übergangszeit werde es nicht geben. Dies bedeute, dass neue Grenz- und Zollverfahren gelten, unabhängig davon, ob es zwischen Großbritannien und der EU ein Freihandelsabkommen geben werde.
Notfallpläne sind vorhanden
Der Brief verweist darauf, dass in den letzten zwei Jahren bereits „solide gemeinsame Pläne“ für den Notfall entwickelt wurden, um mögliche Versorgungsstörungen auf der Grundlage eines „mehrschichtigen Ansatzes“ abzumildern. Diese sollen im Prinzip bis zum Ende der Übergangszeit reaktiviert werden. Allerdings wird nun aufgrund der globalen Auswirkungen von COVID-19 eine besonders gründliche Vorbereitung eingefordert, und zwar mit Blick auf ein mögliches Worst-Case-Szenario.
- Zu den wichtigsten von der Regierung vorgeschlagenen Strategien gehört die Umleitung der Warenströme von den kurzen Meeres-Transportwegen (das heißt zwischen Calais/Dünkirchen, Coquelles und Dover bzw. Folkestone). Ein großer Prozentsatz der medizinischen Versorgung stammt aus der EU oder hat dort einen Versorgungskontaktpunkt. Die Regierung rät den Pharma- und Medizinproduktelieferanten dringend dazu, den Nachschub auf dem erforderlichen Niveau zu halten, um so die potenziellen Störungspunkte an der Meerenge nicht überzubelasten. Die Unternehmen werden aufgefordert, ihre eigenen Logistikvereinbarungen zu überprüfen und diese möglichst zu umgehen.
- Im letzten Jahr hatte das britische Verkehrsministerium bereits einen Vier-Jahres-Beschaffungsrahmen für die Frachtkapazität von bevorzugt zu befördernden Gütern eingeführt, der alle Gesundheitsleistungen umfasst. Dieser Rahmen ist noch vorhanden und soll befolgt werden.
- Darüber hinaus gibt es Express-Frachtdienstvereinbarungen mit drei spezialisierten Logistikdienstleistern, um den dringenden Transport von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu Leistungserbringern und Patienten zu unterstützen. Dieser Dienst soll bei Bedarf am Ende der Übergangszeit bereitgestellt werden.
- Die Unternehmen werden ermutigt, die Bevorratung zu einem wichtigen Bestandteil der Notfallpläne zu machen und wo immer machbar, Pufferbestände an medizinischer Versorgung aufzubauen. Nach Möglichkeit sollen sie die Lagerbestände auf britischem Boden auf ein Niveau von sechs Wochen bringen.
- Auch das nationale Notfalllager der Regierung für medizinische Geräte und klinische Verbrauchsmaterialien soll auf einen Gesamtbestand für sechs Wochen hochgefahren werden.
- Vorratshaltung ja, aber nicht ohne Maß und Ziel. Die Regierung fordert die Gesundheits- und Sozialdienstleister – das heißt auch die Apotheken – dazu auf, vor dem 31. Dezember keine Lagerbestände vor Ort zu haben, die über das übliche Geschäft hinausgehen. Dies sei unnötig und könne in anderen Bereichen zu Engpässen führen, die die Patientenversorgung gefährden könnten. Auch Patienten sollen keine Medikamente horten.
- Als weiterer kritischer Aspekt wird in dem Schreiben das Management von Versorgungsengpässen angesprochen. Die Lieferanten werden aufgefordert, alle erwarteten oder tatsächlichen Störungen auf dem normalen Geschäftsweg zu melden, um Engpässe zu vermeiden und die Risiken für Patienten zu minimieren. Dabei wird auf die bereits gut etablierten Verfahren verwiesen.
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