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Masken und Schnelltests – mehr Themen scheint es in der Politik derzeit nicht mehr zu geben, wenn von Apotheke die Rede ist. Wahnsinn, oder? Und jedesmal geht es um die große Sorge unserer braven Politiker, dass sich Apotheken mit Masken und Schnelltests um Himmels willen nicht bereichern dürfen. Damit das nicht passiert und Preise im Rahmen bleiben, soll’s die neuen SARS-CoV-2-Schnelltests für Laien quasi überall geben, nicht nur in Apotheken. Und die Preise für die Staatsmasken, die Spahn für Ältere und Hartz IV-Empfänger bezahlt, werden in Kürze ganz zackig mal eben um ein Drittel gekürzt. So schnell kann’s gehen.
25. Januar 2021
Obwohl Virologen und Gesundheitspolitiker schon seit Monaten dazu aufrufen, zu testen, zu testen und nochmal zu testen, ist die Abgabe von Corona-Schnelltests an Laien bisher nicht erlaubt – da steht die Medizinprodukte-Abgabeverordnung im Weg, die das bisher nicht zulässt. Ok, man muss natürlich auch einräumen, dass die bisherigen Schnelltests nicht wirklich anwenderfreundlich sind, schon gar nicht für Laien. Doch jetzt kündigen sich einfachere Spucketests an – und die Politik will umdenken. Das Bundesgesundheitsministerium will die Abgabe solcher Corona-Schnelltests an Laien ermöglichen. Solche Tests sind derzeit noch nicht auf dem Markt, die Anbieter stehen aber schon in den Startlöchern. Es sind Tests, bei denen die Probenahme durch Spucke oder über einen Abstrich aus der Nasenmuschel erfolgen kann und die Bewertung des Ergebnisses soll durch medizinische Laien möglich sein, heißt es. Und dafür brauche es keine Apotheke als Beratungsinstanz, meint das Ministerium. Tja, so schnell geht’s im Ministerium von Null auf Hundert – zuerst lange Zeit keine Laientests und dann gleich eine Freigabe für Jedermann. Ob es allerdings richtig ist, die Abgabe solcher Tests außerhalb der Apotheke zuzulassen, ist mehr als fraglich.
Spahns Herzenssache, sein Nationales Gesundheitsportal, ist seit September online und informiert, dank Kooperation mit Google, immer an prominenter Stelle und mit seriösem Nimbus unsere Bevölkerung, wenn sie nach Krankheiten und Therapien sucht. Dieses Projekt tut so, als hätte es vorher nicht schon genug wirklich seriöse Infoportale zu diesen Themen gegeben. Ok, selbstverständlich darf auch das Bundesgesundheitsministerium noch ein x-tes Gesundheitsportal ins Netz bringen. Was allerdings Verlage und Arzneihersteller daran stört, ist die Zusammenarbeit mit der Suchmaschine Google, die bei jeder Anfrage zu Krankheiten zunächst das BMG-Portal an prominenter Stelle als Ergebnis präsentiert. Kein Wunder, wenn es da Proteste hagelte. Die FDP-Fraktion im Bundestag hakte mit einer Kleinen Anfrage nach, mittlerweile liegt die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums vor. Also, „es gibt weder schriftlich noch mündlich eine Vereinbarung, die das Bundesministerium für Gesundheit oder Google verpflichtet.“ Google stehe es jederzeit frei, die Informationen aus dem Nationalen Gesundheitsportal nicht mehr zu nutzen und stattdessen die Informationen anderer Portale in die sogenannte Infobox einzustellen. Und Google erhalte keinerlei Zahlungen und auch sonst bestehe kein Dienstleistungsverhältnis, heißt es in der Antwort des BMG. Außerdem werde der privatwirtschaftliche Pressemarkt durch das Portal nicht berührt, es seien auch keine journalistisch gestalteten Beiträge. Die FDP-Fraktion ist mit diesen Antworten nicht recht zufrieden, sie sieht da nur ein „diffuses Bild“. Wie wahr, mein liebes Tagebuch, man fragt sich in der Tat, was will uns denn das BMG da weis machen? Irgendwie müssen die Gesundheitsinfos als Texte doch erstellt worden sein. Und erscheinen sie etwa wie von Geisterhand ganz automatisch immer an erster Stelle, wenn man z. B. nach Krankheitsbildern sucht. Noch im November stand Spahn mit Google-Europachef Philipp Justus auf einer Bühne und lobte die gemeinsame Zusammenarbeit. Diese Pressemitteilung von damals ist mittlerweile aus dem Netz verschwunden – mein liebes Tagebuch, soll hier etwas vertuscht werden?
26. Januar 2021
Der ABDA gefällt zwar die geplante Ausweitung der Abgabemöglichkeiten für die kommenden SARS-CoV-2-Schnelltests, aber bitte nur über Apotheken. Das macht die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Vorhaben des Ministeriums deutlich. Immerhin gebe es das Risiko, dass die Laien mit den Tests nicht sachgerecht umgehen und es aufgrund der Funktionsweise dieser Tests vergleichsweise oft zu falsch negativen Ergebnissen kommen könne. Ergo, die Tests bräuchten unbedingt eine fachkundige Beratung bei der Abgabe, also nur über Apotheken. Übrigens, auch der Bundesverband der Pharma-Großhändler (Phagro) findet, dass der beste und sicherste Vertriebsweg für die neuen Schnelltests der pharmazeutische Großhandel und die Apotheke ist, und untermauert sein Statement mit einer beeindruckenden Fülle von Argumenten, von der Good Distribution Practice bis hin zur Versorgungssicherheit. Alles richtig, mein liebes Tagebuch, da sollte das Ministerium auf alle Fälle noch mal darüber nachdenken. Solche Tests auf dem freien Markt, ohne Infos beim Kauf, was zu falschen Ergebnissen führen kann – das kann auch den Sinn des Testens zunichte machen.
Und es geht hier wirklich nicht darum, dass sich Apotheken am Verkauf solcher Tests dann eine goldene Nase verdienen, wie es die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis den Apotheken unterstellt. Sie meinte in einer Bundestagsdebatte zum Thema Schnelltests: Wenn der Apothekerverband schon wieder Dollarzeichen in den Augen hat und meint, die Tests für 10 Euro verkaufen zu können, ist das der falsche Weg.“ Mein liebes Tagebuch, wie garstig ist das denn, uns Apothekers immer gleich Gewinnsucht zu unterstellen. Diese Tests sind noch gar nicht auf dem Markt, noch ist unklar, ob diese Tests überhaupt nur über Apotheken oder auch im Einzelhandel abgegeben werden – und schon stellt eine SPD-Politikerin die Apotheken in die Raffgier-Ecke. Schlimm!
27. Januar 2021
Die Berechtigungsscheine für die kostenlosen FFP2-Masken werden eifrig eingelöst. 6 Euro pro Maske gibt’s dafür aus der Staatskasse. Ist das zu viel? Wie kommt das Bundesgesundheitsministerium auf diesen Preis? Das wollten die Grünen in einer Kleinen Anfrage wissen. Ganz einfach: Durch eine Markterhebung, Stichtag 9.10.2021. Damals lag der Durchschnittspreis für FFP2-Masken bei 4,29 Euro. Der Abgabepreis von 6 Euro berücksichtige neben den Beschaffungskosten auch die Kosten für die Beratungsleistung, für die Abrechnung, für Hygiene-Konzepte der Apotheke, fürs eventuell notwendige Umverpacken der Masken und das wirtschaftliche Risiko bei der Beschaffung, erklärt das BMG den Preis. Außerdem sollte damit für die Apotheke auch ein Anreiz bestehen, sich an der mit zusätzlichem Aufwand verbundenen Abgabe der Schutzmasken zu beteiligen. Mein liebes Tagebuch, gibt’s daran etwas auszusetzen? Die Grünen wollten aber noch mehr wissen, u. a., warum die Abgabe der Masken überhaupt durch Apotheken erfolgen sollte – hätte es da nicht andere Möglichkeiten gegeben? Ein klares Nein vom BMG: Die Apotheken kennen sich mit Beschaffung und den Distributionsstrukturen aus. Für die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Maria Klein-Schmeink, sind diese Antworten dennoch nicht befriedigend. Der Preis von 6 Euro sei viel zu hoch, sie hätte einen Festzuschlag für besser gefunden, außerdem ein zentrales Beschaffungsverfahren des BMG. Die Beschaffung der Masken den Apotheken aufzubürden, hält sie für falsch. Tja, mein liebes Tagebuch, bleibt nur die Frage, ob eine zentrale Beschaffung so schnell überhaupt funktioniert hätte. Da hat man auch schon andere Dinge gehört.
Aber nicht nur aus den Grünen-Reihen regt sich Widerstand gegen den Maskenpreis. Wolfgang Reinhart, Chef der CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg, schlägt gleich ordentlich zu: Er möchte, dass Apotheken und Einzelhändler FFP2-Masken für maximal einen Euro abgeben. Zumindest sollte der Aufschlag auf den Einkaufspreis nicht höher als 10 Prozent sein. Aber es geht noch mehr, die Linken setzen noch eins drauf: Aus ihrer Sicht müssten bei privaten Käufen die Abgabepreise für FFP2-Masken auf die Selbstkosten gedeckelt werden. Gewinn soll also niemand machen. Na, mein liebes Tagebuch, da braut sich was zusammen.
28. Januar 2021
Der nächste Masken-Coup aus dem BMG: Gegen Vorlage eines Schreibens ihrer Krankenkasse und ihres Personalausweises sollen die fünf Millionen Bezieher von Grundsicherung (Hartz IV) in Kürze jeweils zehn FFP2-Schutzmasken in den Apotheken erhalten – ohne Schutzgebühr. Da die Maskenausgabe über Apotheken bisher so gut geklappt hat, soll die Abgabe auch für diese Zielgruppe über die Apotheke laufen. Und als „Dank“ für den Einsatz der Apotheke bei der Maskenverteilung – soll dieses Mal „ein deutlich niedrigerer Preis“ für die Masken angesetzt werden, sprich, es wird ein geringeres Honorar für Apotheken geben. Mein liebes Tagebuch, unsere ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening hat dafür kein Verständnis. Über so eine „abrupte Honorarkürzung zu sprechen, ist für die Kolleginnen und Kollegen ein fatales Signal und erschüttert ihr Vertrauen in die Zusagen der Politik“, ist sich die ABDA-Präsidentin sicher. Mein liebes Tagebuch, schon klar und richtig, dass sie so eine „abrupte Honorarkürzung“ nicht für gut heißen kann. Wenn sie aber aufmerksam in die politische Szene und in den Markt schaut, wird sie freilich sehen, dass da gerade eine breite Stimmung gegen zu hohe Maskenpreise durch die Gefilde wabert.
29. Januar 2021
Das Wabern rund um zu hohe Maskenpreise geht weiter. Maria Klein-Schmeinck von den Grünen kritisiert vehement: 6 Euro pro Maske sind „geradezu absurd“, meint sie. Die Fraktion der Linken will, dass die Masken zum Selbstkostenpreis abgegeben werden sollen (was allerdings keine andere Partei will). Der CDU-Abgeordnete Dietrich Monstadt will die Preise zumindest „anpassen“, nach unten, versteht sich. Also, welchen Preis sollen Apotheken für die geplante Maskenausgabe an Grundsicherungsempfänger bekommen? Das Bundesgesundheitsministerium ist sich da noch nicht im Klaren. Weniger als bisher, hörte man aus dem BMG, und sogar die derzeitige Vergütung für FFP2-Masken werde überprüft. Denn die 6 Euro in der derzeitigen Schutzmaskenverordnung seien „unter dem Eindruck der damaligen Marktlage“ festgelegt worden. Mein liebes Tagebuch, uns schwant nichts Gutes, das klingt nach deutlich weniger. Es soll sogar überlegt werden, den Maskenpreis in der laufenden Ausgabeaktion (gegen Berechtigungsscheine) zu überprüfen.
Ja, und zum Wochenende ist er da, der aktuelle Entwurf einer Änderungsverordnung: Für die Ausgabe der FFP2-Masken soll’s ab 10. Februar (und damit für den zweiten Berechtigungsschein) für die Apotheken nur noch 3,30 Euro geben (plus MwSt., also 3,93 Euro brutto). Im Klartext: Mitten in der laufenden Ausgabeaktion wird die Maskenvergütung um rund ein Drittel gekürzt. Und dieser Preis wird pro Schutzmaske auch für die zehn Masken bezahlt, die Hartz IV-Empfänger erhalten sollen. Tja, das musste so kommen, mein liebes Tagebuch. Und gut möglich, dass so manche unserer Apothekers das dadurch forciert hatten, dass sie großspurig auf die 2 Euro Eigenbeteiligung verzichteten. Kein Wunder, wenn es der Politik da in den Sinn kam, dass sechs Euro pro Maske vielleicht zu viel sein könnten.
18 Kommentare
Na prima
von Karl Friedrich Müller am 31.01.2021 um 18:04 Uhr
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AW: So läuft´s halt
von Bernd Jas am 31.01.2021 um 21:16 Uhr
Pacta sunt servanda ....
von Gunnar Müller, Detmold am 31.01.2021 um 14:23 Uhr
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Reinster Eigennutz
von Bernd jas am 31.01.2021 um 13:19 Uhr
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Spahn, oder: wer einmal lügt, dem glaubt man nicht
von Jürgen Weinberg am 31.01.2021 um 11:43 Uhr
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AW: Spahn, oder: wer einmal lügt, dem
von Karl Friedrich Müller am 31.01.2021 um 12:13 Uhr
Politker haben kein Recht, uns zu verunglipfen
von Karl Friedrich Müller-Schön am 31.01.2021 um 11:42 Uhr
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Haben wir einen Überhang an Politikern?
von Christian Timme am 31.01.2021 um 11:12 Uhr
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AW: Zahlen
von Holger am 31.01.2021 um 16:27 Uhr
AW: Haben wir einen Überhang an Politikern... es gibt sie...
von Christian Timme am 31.01.2021 um 16:41 Uhr
Mal was positives diese Woche
von Bernd Jas am 31.01.2021 um 11:03 Uhr
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Maskenvergütung
von Conny am 31.01.2021 um 9:47 Uhr
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AW: Maskenvergütung
von Holger am 31.01.2021 um 16:32 Uhr
AW: AW Holger
von Thorsten Rock am 31.01.2021 um 20:23 Uhr
AW: Maskenvergütung
von Holger am 01.02.2021 um 8:34 Uhr
C
von Michael M. am 31.01.2021 um 8:48 Uhr
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AW: C
von Michel M. am 31.01.2021 um 8:57 Uhr
AW: Apothekenvergütung
von Holger am 31.01.2021 um 16:35 Uhr
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