Patentverzicht für Corona-Impfstoffe

EU-Kommission setzt auf mehr Flexibilität bei Zwangslizenzen

Remagen - 21.05.2021, 15:15 Uhr

„Wir sind die einzige Region in der Welt, die es geschafft hat, sowohl die eigene Bevölkerung zu versorgen, als auch fair mit anderen zu teilen“, sagte Ursula von der Leyen. (c / Foto: IMAGO / ANP)

„Wir sind die einzige Region in der Welt, die es geschafft hat, sowohl die eigene Bevölkerung zu versorgen, als auch fair mit anderen zu teilen“, sagte Ursula von der Leyen. (c / Foto: IMAGO / ANP)


Zwangslizenzen schon jetzt möglich

Die Europäische Kommission will hierzu offenbar bald Nägel mit Köpfen machen. Sie kündigt an, der Welthandelsorganisation in Kürze einen dreiteiligen Vorschlag vorlegen zu wollen, der diese drei Elemente abbildet. 
Der Umgang mit Patenten wird konkret mit dem sogenannten TRIPS-Abkommen geregelt. Hiernach dürfen die Regierungen Patentinhaber auch jetzt schon dazu zwingen, bei Notlagen Zwangslizenzen zu erteilen. Der Patentinhaber erhält in solchen Fällen eine Entschädigung. Die EU strebt nun eine Vereinbarung unter den WTO-Mitgliedern an, die es Regierungen vereinfacht, dieses Instrument zu nutzen und dabei mehr Flexibilität walten zu lassen. 

EU-Parlamentarier uneins

Die Abgeordneten waren sich bei der Debatte indessen nicht einig darüber, ob die EU Vorschläge zur Aufhebung von Patenten für COVID-19-Impfstoffe unterstützen sollte. Zustimmung kam von Parlamentariern der Linken, der Grünen und der Sozialdemokraten, während die Christdemokraten sich dagegen positionierten. Für die grüne Gesundheitsexpertin im Europäischen Parlament und Pharmazeutin Jutta Paulus ist die verpflichtende Lizenzierung der patentgeschützten Impfstoffe ein unabdingbarer Bestandteil für ein schnelles Hochfahren der weltweiten Impfstoffproduktion. „Deshalb erwarte ich von der Europäischen Kommission und den EU-Mitgliedstaaten, dass sie die von Indien, Südafrika und weiteren Staaten eingebrachte WTO-Initiative für eine temporäre Aussetzung von Impfstoffpatenten endlich unterstützen und beim Gesundheitsgipfel in Rom wie auch bei der WHO eine klare Haltung einnehmen“, so Paulus in einer Pressemitteilung anlässlich der EP-Debatte.

WTO-Chefin: „Ich kann keine Partei ergreifen“

Ebenfalls gestern diskutierte der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments mit der neuen WTO-Generaldirektorin Dr. Ngozi Okonjo-Iweala, darüber, wie die Impfstoffproduktion effektiv gesteigert werden kann. Sie glaubt nicht, dass ein Verzicht auf geistige Eigentumsrechte für Impfstoffe dafür ausreicht. „Der IP-Verzicht ist ein heißes Eisen, bei dem ich keine Partei ergreifen kann“, sagte die WTO-Chefin. „Wir brauchen jedoch mehr Flexibilität und automatischen Zugang für Entwicklungsländer und müssen gleichzeitig Forschung und Entwicklung schützen.“

Wie geht es weiter?

Am heutigen Freitag findet in Rom der Globale Gesundheitsgipfel statt. Dort wird die weltweite Impfstoffherstellung und -verteilung ebenfalls auf der Agenda stehen. Vom 24. Mai bis zum 1. Juni tagt die Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Der Handelsausschuss des Europäischen Parlamentes wird am 25. Mai in einer außerordentlichen Sitzung erneut über die Forderung nach einem Patentverzicht für COVID-19-Impfstoffe im WTO TRIPS Council beraten. Auf der Plenarsitzung vom 7. Bis 10. Juni will das Europäische Parlament über eine Entschließung zu diesem Thema abstimmen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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