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Geplante Änderungen im Infektionsschutzgesetz
Lauterbach weist Kritik zurück
Vielerorts steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen wieder – dennoch soll es nach den jüngsten Plänen zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes künftig nur noch wenige bundesweite Basis-Schutzmaßnahmen geben. Das brachte dem Bundesgesundheitsminister in den vergangenen Tagen einige Kritik ein. Karl Lauterbach verteidigte sein Vorhaben heute jedoch – es sei rechtssicher und ermögliche den Ländern auch weiterhin fast alle bekannten Maßnahmen.
In der vergangenen Woche (KW 9) wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) erneut mehr als eine Million SARS-CoV-2-Infektionen gemeldet. Während die Fallzahlen im Februar leicht gesunken waren, steigen sie nun wieder. Laut dem jüngsten RKI-Wochenbericht erhöhte sich die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz im Vergleich zur Vorwoche um 2 Prozent – dabei war in zehn von 16 Bundesländern ein Anstieg zu beobachten.
Dennoch will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Katalog der bisher auch jenseits einer vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite bundesweit möglichen Schutzmaßnahmen deutlich ausdünnen. Nur noch die Maskenpflicht in bestimmten Einrichtungen (insbesondere Kliniken, Pflegedienste, Pflegeheime, soweit dort Menschen mit erhöhtem Risiko für einen schweren oder tödlichen COVID-19-Verlauf zu schützen sind) sowie im öffentlichen Personennahverkehr und Testpflichten in Kliniken, Heimen, Schulen, Kitas und einigen weiteren Einrichtungen soll es künftig als Basismaßnahmen geben. So sieht es der mittlerweile vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und anderer Vorschriften vor. Weitergehende, schärfere Maßnahmen sollen künftig die Landesparlamente anordnen können.
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Vertreter der Länder übten umgehend Kritik an diesen Plänen, die Lauterbach und FDP-Justizminister Marco Buschmann am vergangenen Mittwoch vorgestellt hatten. So sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD): „Dass ausgerechnet in einer solchen Phase der Instrumentenkasten für die Eindämmung der Pandemie beschränkt werden soll, ist schwer zu verstehen. Man wirft doch den Feuerlöscher nicht weg, wenn es noch brennt.“ Gebraucht werde etwa eine allgemeine Maskenpflicht für große Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Der Bund muss seinen Gesetzentwurf dringend nachbessern und den Ländern mehr Werkzeuge an die Hand geben, damit wir im Herbst nicht womöglich sehenden Auges erneut in schwierige Situationen hineinlaufen.“ Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte der „Welt“: „Weitgehend flächendeckend verabredete Basisschutzmaßnahmen und bewährte Instrumente der Pandemiebekämpfung werden abgeschafft, stattdessen zeichnet der Entwurf einen Flickenteppich an Regeln vor, den die Menschen kaum verstehen werden.“
Kontaktbeschränkungen nicht mehr möglich
Dennoch zeigte sich der Bundesgesundheitsminister heute in der Bundespressekonferenz überzeugt, dass die Länder mit seinen Vorschlägen alle nötigen Instrumente in der Hand haben. Denn sie können abseits der Basismaßnahmen ergänzende Schutzmaßnahmen ergreifen. Voraussetzung ist nach dem jetzt vorliegenden Entwurf, dass ein Landesparlament zuvor „eine konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage“ festgestellt hat – entweder wegen der Ausbreitung einer Virusvariante mit „signifikant höherer Pathogenität“ oder wegen einer hohen Zahl bzw. eines starken Anstiegs von Neuinfektionen und deshalb drohender Überlastung der Klinikkapazitäten. Dann kann es Maßnahmen in einer „konkret zu benennenden Gebietskörperschaft“ beschließen – die Rede ist von „Hotspots“, die Lauterbach zufolge aber auch ein gesamtes Bundesland ausmachen können.
Als zusätzliche Maßnahmen sind weitergehende Maskenpflichten (z. B. Schulen), Abstandsgebote, die Pflicht zur Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen und die Pflicht zu Hygienekonzepten vorgesehen. Nur die nach bisheriger Gesetzeslage noch möglichen Kontaktbeschränkungen gebe es künftig nicht mehr, erklärte Lauterbach. Dieses Instrument sei in letzter Zeit ohnehin nicht mehr eingesetzt worden und sei überdies schwer zu kontrollieren, erläuterte der Minister.
Expertenanhörung am kommenden Montag
Lauterbach wies auch den Vorwurf zurück, die FDP habe sich bei diesen Gesetzesplänen durchgesetzt. Er sei hier nicht nur einer Meinung mit Bundesjustizminister Buschmann, betonte er, es sei sogar sein Vorschlag gewesen. Der Gesundheitsminister forderte die Ländervertreter auf, sich nicht länger an der Kritik am Gesetz aufzuhalten, sondern es möglichst schnell zu nutzen. Denn dass vielerorts rasch gehandelt werden muss, ist ihm durchaus klar. „Das Infektionsschutzgesetz ist nur so gut, wie die Landtage, die es anwenden“, betonte er. Ein wenig Zeit bleibt den Ländern noch. Die von den Ländern auf der bisherigen Rechtsgrundlage erlassenen Maßnahmen gelten vorerst bis 2. April fort.
Lauterbach ist überdies überzeugt, eine rechtssichere Lösung gefunden zu haben. Die Anknüpfung der weitergehenden Maßnahmen an die Inzidenz und die Klinikbelegung beziehungsweise eine gefährlichere Corona-Variante, sei wichtig und ohne Alternative. Anderenfalls, so meint der Mediziner, hätten Gerichte die Regelung gekippt.
Am kommenden Montag wird zum Gesetzentwurf im Gesundheitsausschuss des Bundestags eine Expertenanhörung stattfinden. Darauf hat sich der Gesundheitsausschuss am heutigen Freitag in einer Sondersitzung mehrheitlich verständigt. Am Mittwoch steht der Gesetzentwurf dann zur ersten Lesung auf der Tagesordnung des Bundestags, am Freitag steht die 2./3. Lesung sowie der Durchgang im Bundesrat an. Nach Veröffentlichung im Bundegesetzblatt könnte das Gesetz am kommenden Sonntag in Kraft treten.
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