Positionspapier

VdPP fordert neues Fach Sozialpharmazie in der Approbationsordnung

Berlin - 09.05.2022, 09:15 Uhr

Ein rein naturwissenschaftliches Studium wird den Anforderungen an die verschiedenen Berufsbilder für Apotheker:innen nicht mehr gerecht, meint der VdPP. (b/Foto: IMAGO / YAY Images)

Ein rein naturwissenschaftliches Studium wird den Anforderungen an die verschiedenen Berufsbilder für Apotheker:innen nicht mehr gerecht, meint der VdPP. (b/Foto: IMAGO / YAY Images)


Der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten fordert, ein neues Fach in die Approbationsordnung aufzunehmen: In der Sozialpharmazie könnten den angehenden Apotheker:innen neben naturwissenschaftlichen Kenntnissen zusätzlich sozialwissenschaftliche, soziologische, volkswirtschaftliche, kommunikative, pharmakoökonomische, psychologische und politologische Fähigkeiten vermittelt werden, schreibt der Verein jetzt in einem Positionspapier.

Die Approbationsordnung für Apothekerinnen und Apotheker ist derzeit im Wandel: Erst kürzlich war ein Entwurf eines gemeinsamen Positionspapiers der Bundesapothekerkammer, des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland, des Verbands der Professoren an Pharmazeutischen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland und anderer Interessenvertreter bekannt geworden, in dem sie ihre Vision vom Pharmaziestudium der Zukunft festhalten. Das Papier soll am 10. Mai bei der BAK-Mitgliederversammlung diskutiert und beschlossen werden.

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Dem Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) fehlt in dem Entwurf aber ein Aspekt: Seine Mitglieder wünschen sich, mit der Sozialpharmazie ein weiteres Fach in der Approbationsordnung zu verankern. „Wir brauchen Sozialpharmazie als Forschungs- und Lehrfach an pharmazeutischen Instituten in der Bundesrepublik Deutschland“, schreibt der VdPP in einem eigenen Positionspapier. „Ein Fach, das sich den Bedarfen und Bedürfnissen der Patient:innen widmet und gleichzeitig eine sozial verantwortliche Pharmazie im Rahmen des Sozialstaates zum Ziel hat.“

Warum Sozialpharmazie?

Für die Aufnahme des Faches Sozialpharmazie in die neue Approbationsordnung für Apotheker:innen spricht aus Sicht des VdPP zum Beispiel, dass die Pharmazie hierzulande bisher rein naturwissenschaftlich ausgerichtet sei, dies den Anforderungen an die verschiedenen Berufsbilder für Apotheker:innen aber nicht mehr gerecht werde. Sie seien heute in vielen unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern beruflich aktiv, etwa in Einrichtungen der Sozialversicherung, in Public Health-Bundes- und Landesinstitutionen, in Forschungseinrichtungen, im Katastrophenschutz und in Ausbildungseinrichtungen. „In fast allen diesen Institutionen, wie übrigens auch in Apotheken, sind neben naturwissenschaftlichen Kenntnissen zusätzlich sozialwissenschaftliche, soziologische, sozialrechtliche, volkswirtschaftliche, kommunikative, pharmakoökonomische, psychologische und politologische Kenntnisse notwendig. Im Fach Sozialpharmazie als Lehrfach können dazu die Grundlagen vermittelt werden.“

Zudem könnten demnach im Forschungsfach Sozialpharmazie „die drängenden arzneimittel- und apothekenspezifischen Herausforderungen in der Gesellschaft wissenschaftlich erforscht und Lösungsansätze erprobt werden“. Damit, so hofft der VdPP, könne die Pharmazie als Forschungs- und Lehrfach einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag zur Optimierung des Einsatzes von Arzneimitteln in der Bevölkerung leisten.

Anschluss an die Medizin

Darüber hinaus brauche die Pharmazie eine bessere Anschlussfähigkeit und Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit der Medizin. „Dies gilt nicht nur für Fragen der Anwendung von Arzneimitteln, sondern auch für die Kommunikation mit Patient:innen, Ärzt:innen und anderen Dienstleister:innen und Vertreter:innen im Gesundheitswesen“, meint der Verein. Dazu müssen aus Sicht des VdPP die genannten Themen bereits im Studium behandelt werden, wie es in der Medizin in den Fächern Sozialmedizin, medizinische Soziologie und an einzelnen Universitäten auch in weiteren Fächern geschieht. „Werden Apotheker:innen nur naturwissenschaftlich ausgebildet, fehlen wesentliche Bausteine für eine erfolgreiche Kommunikation und Anschlussfähigkeit an Mediziner:innen und an andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen (Gesundheitswissenschaften, Public Health).“

Auch muss der Nachwuchs dem Positionspapier zufolge mit Themen wie Public Health, Ethik im Gesundheitswesen, Determinanten von Gesundheit, Gesundheitsförderung, Patientensicherheit und weiteren modernen Fragestellungen konfrontiert werden. „Wollen Apotheker:innen bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens als eine wichtige Stimme wahrgenommen werden, müssen sie die Positionen anderer Player im Gesundheitswesen kennen, nachvollziehen und aufgreifen können. Sie müssen vor allem wissen und verstehen, was Gesundheit und Krankheit beeinflusst, welche Modelle der Gesundheitserhaltung und Krankheitsbewältigung bestehen, wie einzelne Gesundheitssysteme funktionieren, wie Interessen wahrgenommen werden, wie Risikokommunikation erfolgreich gestaltet werden kann und vieles mehr.“

Sozialpharmazie käme Interessen der Studierenden entgegen

Die Aufnahme des Fachs Sozialpharmazie in die Approbationsordnung würde nach Einschätzung des VdPP nicht zuletzt auch den Interessen der Studierenden entgegenkommen: „Junge Menschen ergreifen das Pharmaziestudium, da sie sich beruflich mit naturwissenschaftlichen Inhalten beschäftigen möchten, gleichzeitig aber auch die Anwendung von Arzneimitteln als wesentliches therapeutisches (und zum Teil präventives) Hilfsmittel an Patient:innen vor Augen haben. Auf die Aufnahme eines rein naturwissenschaftlichen Studiums (z. B. Chemie oder Physik) verzichten sie bewusst, weil meist der Wunsch besteht, im Berufsleben mit Menschen in Kommunikation zu treten und für ihre Gesundheit zu arbeiten.“

Um dies erfolgreich zu tun und im pharmazeutischen Berufsfeld langfristig die erwartete berufliche Befriedigung zu finden, müssen sie sich aus Sicht des Vereins im Studium mit den wesentlichen Fragestellungen von Gesundheit, Prävention und Versorgung auseinandersetzen können sowie im beruflichen Alltag von den Forschungsergebnissen der Sozialpharmazie profitieren. „Die Einführung neuer pharmazeutischer Dienstleistungen und die erfolgreiche Einbindung in zukünftige multidisziplinäre Netzwerke erfordert die Kenntnis und Umsetzungsfähigkeiten sozialpharmazeutischer Erkenntnisse.“

Das vollständige Positionspapier finden Sie hier. 



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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