- DAZ.online
- News
- Politik
- „50 Cent sind ...
Interview mit FDP-Apothekenexperte Lars Lindemann (Teil 1)
„50 Cent sind indiskutabel“
Seit Ende 2022 ist Lars Lindemann innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion für die Apothekenthemen zuständig. Was hat der Berufsstand von ihm zu erwarten? Lesen Sie in Teil 1 des DAZ-Interviews, wie er zu den Honorarforderungen der Apothekerinnen und Apotheker steht und für welche Änderungen am Lieferengpass-Gesetz er sich stark machen will.
DAZ: Herr Lindemann, vor mehr als zehn Jahren hörte man von Ihnen Aussagen wie: „Es muss nicht an jeder Straßenecke eine Apotheke geben“. 2019 strebten sie als Geschäftsführer des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa) eine Kooperation mit DocMorris an. Welche Bedeutung hat die Apotheke vor Ort für Sie heute?
Lindemann: Es geht darum, dass wir in Deutschland in der Lage sein müssen, bedarfsangemessen zu versorgen. Und zwar jeden, egal wo er wohnt. Ob das immer durch eine Apotheke in Sichtweite geschehen muss, das habe ich seinerzeit gewagt zu bezweifeln. Für eine bedarfsangemessene Versorgung braucht man leistungsfähige Apotheken, die in der Lage sind, alle Menschen in ihrem Einzugsgebiet zu erreichen – auch durch Botendienste. Dass wir da einen Unterschied zwischen Stadt und Land haben, darüber müssen wir uns nicht unterhalten. Wir haben in Berlin zum Beispiel eine hohe Apothekendichte.
Allerdings auch eine hohe Einwohnerdichte …
Ja, aber ich habe mehr dafür übrig, wenn Apotheken durch einen genügend großen Personalstamm sehr leistungsfähig sind, als dass wir überall Kleinstapotheken in prekären Zuständen haben. Auf dem Land hat das Überwinden von Entfernungen natürlich eine andere Bedeutung. Aber auch hier kann es in Zeiten, in denen die finanziellen Spielräume immer enger werden, nicht richtig sein, solche Strukturen per se zu schützen. Wir brauchen eine kostendeckende Preisbildung für die Arzneimittelabgabe und andere Dienste. Aber wir müssen auch der Tatsache ins Auge blicken, dass es klüger und wirtschaftlicher sein kann, etwa in einer Kreisstadt eine sehr leistungsfähige Apotheke zu haben, die einen Umkreis von 15 oder 18 Kilometern vernünftig mit abdecken kann, als in jedem kleinen Ort eine Apotheke.
Mehr zum Thema
FDP-Bundestagsfraktion
Lindemann wird neuer Berichterstatter für Arzneimittel und Apotheken
Auch vor diesem Hintergrund: Wie stehen sie zur Forderung der Apotheken nach einem höheren Fixhonorar?
Ich bin grundsätzlich dafür, dass wir diejenigen, die Leistungen im System erbringen, auskömmlich bezahlen. Das ist auch die Position meiner Partei. Und wenn etwas über lange Zeit nicht angepasst wurde, muss man schon einen Blick darauf werfen. Damit sage ich keine Zahl, aber das ist eine berechtigte Forderung, über die man sprechen muss. Ob man sie dann erfüllen kann, ist eine zweite Sache.
Stichwort leistungsgerechte Bezahlung: Was halten sie von den 50 Cent, die im ALBVVG-Entwurf für das Lieferengpassmanagement vorgesehen sind? Wird sich da im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch etwas bewegen?
Ohne zu viel zu verraten: Im Kreise der Berichterstatter haben wir uns schon ausgetauscht, dass die 50 Cent keine angemessene Vergütung sind für das, was da geleistet wird. Ob die von der ABDA geforderten 21 Euro es sind, sei dahingestellt. Nach meinem Dafürhalten ist es besser, am Ende gar keine Vergütung vorzusehen, als dass man hingeht und jemandem eine Vergütung anbietet, die mit dem Aufwand in der Realität nichts zu tun hat.
Steht eine Streichung der 50 Cent zur Debatte?
Zunächst werden wir diskutieren, ob man die Vergütung vernünftig erhöhen kann. Aber wenn das nicht gelingt, wäre ich dafür, sie ganz rauszunehmen und den Apotheken stattdessen mehr Flexibilität einzuräumen. Das ist ein Wert, der das vielleicht aufwiegt. Ich glaube, es ist wichtiger, dass Apotheker sich flexibel bewegen können, als dass sie 50 Cent bekommen und dazu aberwitzige Abrechnungsregeln, die alles noch schwieriger machen. Um es klar zu sagen: 50 Cent sind indiskutabel.
Sie wollen also die derzeitigen erleichterten Abgaberegeln umfassend ins ALBVVG einbringen?
Darüber werden wir in der Koalition noch sprechen müssen. Ich bin ganz klar für eine vollumfängliche Verstetigung der derzeit bestehenden Regelungen.
Lesen Sie morgen im zweiten Teil des Interviews, wie Lindemann den ABDA-Forderungskatalog bewertet, ob ihn die sinkenden Apothekenzahlen beunruhigen und wie er die Zukunft der EU-Arzneimittelversender sieht.
8 Kommentare
Sparen bei Apotheken
von Dorf-Apothekerin am 27.03.2023 um 13:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
15 bis18 km
von Dorf-Apothekerin am 27.03.2023 um 13:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
.
von Anita Peter am 27.03.2023 um 12:50 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Frechheit!
von Thomas Eper am 27.03.2023 um 11:23 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Ampel-Koalition
von Apothekerin am 27.03.2023 um 10:39 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
15 bis 18 Km
von Dr. Radman am 27.03.2023 um 8:04 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: 15 bis 18 Km
von Torben Schreiner am 27.03.2023 um 10:13 Uhr
Explosive Aussagen
von Linda F. am 27.03.2023 um 7:31 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.