Ablauf in München

Was erwartet Delegierte und Gäste beim Deutschen Apothekertag?

Stuttgart - 30.09.2024, 07:00 Uhr

Viele Organisationen senden zum Apothekertag weniger Delegierte, als ihnen Stimmen zustehen. Die Delegierten dürfen jeweils bis zu zwei Stimmen abgeben. Foto: DAZ/Alex Schelbert

Viele Organisationen senden zum Apothekertag weniger Delegierte, als ihnen Stimmen zustehen. Die Delegierten dürfen jeweils bis zu zwei Stimmen abgeben. Foto: DAZ/Alex Schelbert


Der Deutsche Apothekertag (DAT), der vom 9. bis 11. Oktober in München stattfindet, folgt einem feststehenden Ablauf. Die Themen und Inhalte ändern sich allerdings – und manchmal auch die Beteiligten. Denn es gibt glücklicherweise immer wieder neue Delegierte und Gäste. Was sie in München zu erwarten haben, beschreiben wir hier.

Vom 9. bis 11. Oktober findet der Deutsche Apothekertag auf dem Messe­gelände in München statt – wieder in Verbindung mit der Messe Expopharm. Die ABDA-Tochtergesellschaft Avoxa als Veranstalterin bezeichnet sie als „europäische Leitmesse für den Apothekenmarkt“ und erwartet dort „500 Aussteller und Marken“. Im vorigen Jahr kamen nach Angaben des Veranstalters mehr als 29.000 Besucher zur Expopharm in Düsseldorf. Am Apothekertag nehmen dagegen weniger als 300 Delegierte teil, außerdem Ehrengäste, Funktionsträger der ABDA, Pressevertreter und erfahrungsgemäß nur recht wenige Apothekerinnen und Apotheker als Besucher. Am Veranstaltungsort prägt daher die Messe das Bild. Morgens strömen Tausende in die Hallen, es ist der übliche Ablauf bei einer Massenveranstaltung. Sogar das Messepersonal kann meist mit dem Begriff Apothekertag nichts anfangen und oft keine Auskünfte dazu geben. Doch der Apothekertag füllt eine eigene Halle, die als Tagungsraum gestaltet ist. Dort fühlt es sich ganz anders an als in den bunten lauten Messehallen.

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Eröffnung der Expopharm – die wirtschaftliche Sicht

Die Expopharm ist auch der erste Programmpunkt in der Tagungshalle. Denn am Mittwoch um 9.30 Uhr wird dort die Messe offiziell eröffnet, obwohl die Hallen schon ab 9 Uhr besucht werden. Dr. Hans-Peter Hubmann wird dort als Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes seinen Bericht zur wirtschaftlichen Lage der Apotheke abgeben. Außerdem werden Vertreter der Verbände der Arzneimittelhersteller und des Großhandelsverbandes Phagro ihre Grußworte halten. Meistens bekunden alle Redner dabei ihre weitgehende Einigkeit und erläutern ihre Argu­mente gegen die Pläne der Politik.

Wenig politische Präsenz

Der Apothekertag beginnt um 13 Uhr in derselben Halle mit dem Lage­bericht von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Oft prägt der Lagebericht den ganzen weiteren Apothekertag, wenn er die Stimmung der Anwesenden trifft. Danach ist ein Grußwort der Bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach angekündigt. Dann folgt gemäß dem Programm das Grußwort von Bundes­gesundheitsminister Karl Lauterbach, der jedoch wie in den vorigen Jahren online zugeschaltet wird. Inwieweit bei diesem Format eine Diskussion mit ihm möglich wird, bleibt abzuwarten. Voraussichtlich wird Gerlach die einzige Politikerin bleiben, die in diesem Jahr persönlich beim Apothekertag spricht. Denn das weitere Programm enthält keine politische Diskussionsrunde. Seit einigen Jahren ist eine solche Runde nicht mehr zustande gekommen, weil die relevanten Bundespolitiker in Sitzungswochen des Bundestages kaum für Veranstaltungen außerhalb von Berlin zu gewinnen sind. Wer länger zurückblickt, erinnert sich allerdings, dass das früher möglich war. Die Konsequenz, den Apothekertag in Berlin oder zu einem anderen Termin abzuhalten, ziehen die Veranstalter jedoch nicht. Dabei spielt die Kopplung an die Expopharm wohl eine wesentliche Rolle. Ob die Verbindung mit einer solchen Massenveranstaltung wirklich ein Vorteil ist, lässt sich allerdings bestreiten. Weite Wege auf dem Messegelände, volle U-Bahnen und die Formalitäten beim Einlass sprechen durchaus dagegen.

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Festes Ritual: Geschäftsbericht und Diskussion

So wird der Apothekertag nach der Eröffnung in der eigenen Blase bleiben. Der weitere Ablauf folgt einem gewohnten Schema, aber das vorige Jahr hat gezeigt, dass plötzliche Abweichungen möglich sind. Damals hatte Lauterbach in der Presse und in seinem Grußwort die ersten Eckpunkte für die geplante Apotheken-Reform vorgestellt. Daraus ergab sich so viel Diskussionsbedarf, dass die ABDA das Programm spontan änderte und Zeit für eine Debatte bot.

Wenn es nicht wieder eine so massive Überraschung gibt, ist mit folgendem Ablauf zu rechnen: Am Mittwoch um 16 Uhr wird die ABDA-Präsidentin die Hauptversammlung eröffnen, dann wird ABDA-Hauptgeschäfts­führer Dr. Sebastian Schmitz seinen Geschäftsbericht abgeben. Da die Ereignisse der Vergangenheit bekannt sind, interessiert dabei eher die Bewertung durch die ABDA. Überraschungen gibt es allenfalls, wenn Schmitz auf neue Themen hinweist, die künftig relevant werden könnten. Im Anschluss an den Geschäftsbericht folgt ein Moment, der durchaus als spannendster Augenblick des Apothekertages betrachtet werden kann. Denn dann kann über den Geschäftsbericht diskutiert werden. Dabei können die Anwesenden praktisch alles fragen – beispielsweise auch, warum ein Thema nicht angesprochen wurde – und die Aufmerksamkeit ist ihnen sicher. An dieser Stelle kann eine interessante Generaldebatte zur Berufspolitik entstehen – oder auch gar nichts. Es gab solche Debatten, aber es gab auch Jahre, in denen hier keine Wortmeldung kam. An dieser Stelle ist vieles möglich.

Antragsdebatte mit komplexer Geschäftsordnung

Dann folgt die Antragsberatung, der längste Programmpunkt des Apothekertages. Sie füllt die ganze weitere Sitzungszeit – auch an den folgenden Tagen, bis irgendwann am Freitag der letzte Antrag abgearbeitet ist. Unterbrechungen sind die Mittagspausen und am Donnerstag voraussichtlich um 14 Uhr ein Themenforum über Präventionsleistungen in Apotheken. Dabei soll es insbesondere um die interprofessionelle Zusammenarbeit gehen. Üblicherweise dienen solche Themenforen dazu, die Delegierten auf Inhalte einzustimmen, die der ABDA in der nächsten Zeit besonders wichtig erscheinen. In der Themenwahl liegt damit eine berufspolitische Wertung.

Die Antragsdebatte ist die zentrale Aufgabe der Delegierten. Diese werden aus allen Bundesländern bzw. aus Nordrhein und Westfalen-Lippe entsandt, wobei jeweils Kammer und Verband die Stimmen nach teilweise unterschiedlichen Regeln unter sich aufteilen. Außerdem haben die einzelnen Mitgliedsorganisationen unterschiedliche Gepflogenheiten bei der Auswahl der Delegierten.

Viele Organisationen senden weniger Delegierte, als ihnen Stimmen zu­stehen. Doch die Delegierten dürfen jeweils bis zu zwei Stimmen abgeben. Die Delegierten beraten über die Anträge, die von den Mitgliedsorganisa­tionen, einzelnen Delegierten oder einem ABDA-Gremium gestellt wurden. Nicht immer steht am Ende eine Annahme oder Ablehnung. Die Geschäftsordnung gibt einige andere Varianten her, für die es jeweils politische oder inhaltliche Gründe geben kann. Für den Verlauf der Sitzung haben sie große Bedeutung (siehe „Gebrauchsanweisung für die Antrags­debatte beim Apothekertag“ in DAZ 2023, Nr. 39. S. 20 ff.). Beispielsweise können Anträge übergangen oder zur intensiveren Beratung in einen Ausschuss verwiesen werden. Es bleibt umstritten, ob die Übertragung in einen Ausschuss eher die Komplexität des Inhaltes würdigt oder dazu dient, das Thema loszuwerden.

Inhaltlich geht es in den Anträgen vor allem um berufspolitische Positionierungen. Im Idealfall werden in der Debatte unterschiedliche Aspekte eines Themas deutlich, die allen Beteiligten bei der Meinungsbildung helfen. Vielleicht ergeben sich daraus sogar neue inhaltliche Ansätze. Ob zu einem Antrag eine Debatte entsteht, hängt manchmal von einer einzigen Wortmeldung ab und ist daher nicht vorherzusehen. Ebenso wenig sind Ad-hoc-Anträge zu aktuellen Entwicklungen vorhersehbar. Solche Anträge können unter bestimmten Bedingungen kurzfristig eingebracht werden und haben schon manches Mal zu interessanten Debatten oder zu eher nervigen Verzögerungen geführt, wobei die Bewertung individuell unterschiedlich sein kann. Die Dauer der Antrags­debatte ist daher kaum vorherzusehen.

Kaum Entscheidungsmacht für die Hauptversammlung

Mit den Abstimmungsergebnissen signalisiert die Hauptversammlung, dass die Apothekerschaft bestimmte Entwicklungen fördern will und andere ablehnt. Dabei hat die Hauptversammlung nichts zu entscheiden, aber sie kann an den Gesetzgeber oder an irgendwelche Organisationen appellieren. Immerhin sind Beschlüsse der Hauptversammlung bisher für die ABDA bindend, sofern die Themen nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliederversammlung gehören. Doch dies wird sich ändern. Mit den geplanten Veränderungen in der Struktur der ABDA, die voraussichtlich 2025 in Kraft treten, wird die Hauptversammlung kein ABDA-Organ mehr sein. Dann wird die ABDA die Beschlüsse nur noch „sachgerecht zu berücksichtigen“ haben. In diesem Jahr tagt die Hauptversammlung also zum letzten Mal unter den alten Bedingungen.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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