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Nach einer monatelangen Diskussion um Haltbarkeiten und Verwürfe bei parenteralen Zubereitungen ist es an der Zeit, den Stand der Diskussion zusammenzufassen. Es gibt zwar bisher kaum Fortschritte, aber es zeichnen sich zumindest entsprechende Lösungen ab. Bei beiden Themen, die ihrer Natur nach eng miteinander zusammenhängen, heißt es jetzt im Interesse der schwerkranken Patienten am Ball zu bleiben.
Bei den Haltbarkeiten beginnt sich in vielen Fällen das geltende Arzneimittelrecht im Interesse der Patienten wieder durchzusetzen. Es gelten einzig die Angaben der Fachinformationen und der Hilfstaxe. Arzneimittel, die jenseits der Angaben der Fachinformationen verwendet werden sollen, sind nicht verkehrsfähig und verfallen.
Es fehlt an qualifizierten und geprüften Nachweisen zu Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Deshalb ist ihr Einsatz schlicht verboten. Dieser Fakt wurde inzwischen vielfach betont. Nicht nur das Bundesgesundheitsministerium, das Sozialgericht Würzburg (erstinstanzlich) oder Frau Prof. Krämer mit ihrem Statement in der Süddeutschen Zeitung vom 13.07.2016, in dem sie ihre eigenen Haltbarkeitslisten als „nicht legal und nicht im Sinne der Patienten“ einstufte, waren dieser Ansicht.
Vergrößerung der Marktanteile
Selbst die DAK und GWQ-Krankenkassen haben in ihren Antworten auf verschiedene Bieterfragen der laufenden Ausschreibung eindeutig klargestellt, dass die Haltbarkeiten der Fachinformationen, bzw. die Angaben der Hilfstaxe für alle verbindlich sind – ohne diese Aussage bei den Verwürfen aber konsequent zu Ende zu denken (s.u.).
Nur Herstellbetriebe und verschiedene AOKen vertreten bezüglich der Haltbarkeiten noch abweichende Meinungen. Herstellbetriebe verfolgen dabei vorrangig eine Marktdurchdringungsstrategie. Sie wollen, teilweise getrieben von finanzstarken Investoren, mit allen Mitteln ihre Marktanteile vergrößern. Sie bedienen sich dazu in einigen Fällen ahnungs- und skrupelloser Strohapotheken, die, ohne eigenes Sterillabor, an ihrer Stelle Vertragsbedingungen bei diversen Ausschreibungen scheinbar erfüllen. Manche scheuen auch vor juristischen Einschüchterungsversuchen und Spitzfindigkeiten nicht zurück, nur um angeblich längere Haltbarkeiten zu belegen, die sie wie auch immer selbst (!) ermittelt oder nicht relevanten Sekundärliteraturen entnommen haben.
Sie sind dabei oft im Verbund mit den ausschreibenden Krankenkassen, deren einziges Interesse möglichst hohe Einsparungen sind. Besonders die AOKen in Hessen und in Bayern spielen hier die Vorreiter. Schnell verlässt man sich auf Eigenerklärungen, deren Einhaltung, ja deren Plausibilität offensichtlich nicht überprüft wird. Die bayerische AOK versteht es dagegen meisterhaft, Sozialgerichtsprozesse (siehe Würzburg) in die Länge zu ziehen, um so den finanziellen Druck auf die herstellenden Apotheken durch nichtbezahlte Verwürfe stetig wachsen zu lassen. Verwürfe sollen nicht anfallen und nicht abgerechnet werden.
Patient hat Anspruch auf korrekte Therapie
So ist allen bisherigen Ausschreibungen durch Krankenkassen gemeinsam, dass sie keine Verwürfe bezahlen wollen, beziehungsweise möchten, dass künftige Verwürfe in einen verbindlichen mg-Preis durch die Bieter miteinberechnet werden sollen. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass Verwürfe nicht planbar sind. Sie fallen situationsbedingt an und zwar gehäuft, wenn unpassende Packungsgrößen mit kurzen Haltbarkeiten der Infusionslösungen zusammenfallen. Beide Faktoren sind aber nicht von den herstellenden Apotheken zu beeinflussen. Ansprechpartner der Kassen für Änderungen (falls überhaupt möglich) wären hier die Pharmazeutischen Unternehmer, während die gültigen Angaben der Fachinformationen für die herstellenden Apotheken eine pharmazeutische Notwendigkeit darstellen.
Ebenso verhält es sich mit dem Fakt, dass die Therapien immer spezieller werden und deshalb immer kleinere Patientenzahlen mit den gleichen Medikamenten behandelt werden. Im Interesse der Patienten müssen aber alle diese Faktoren regelkonform behandelt werden. Der Patient muss das richtige Arzneimittel, in der richtigen Dosierung und vor Ablauf der gesetzlich garantierten Haltbarkeit verabreicht bekommen. Sonst ist die gesamte Therapie für ihn sinnlos und möglicherweise sogar gesundheitsgefährdend. Ihm unaufgeklärt (ahnungslos) arzneimittelrechtlich verfallene Wirkstoffe zu verabreichen, ist ethisch und juristisch (Körperverletzung? Betrug?) nicht vertretbar. Der Patient hat einen Anspruch auf eine korrekte Durchführung seiner Therapie (inklusiver wirksamer, nicht verfallener Medikamente) und muss sich auch darauf verlassen können.
3 Kommentare
19.08.2016, 16:58 Uhr - Ein Blog-Beitrag von DAZ.online-Mitglied Dr. Franz Stadler
von Dr. Christian Wegner, Apotheker und Geschäftsführer des Herstellbetriebes Medipolis, Jena und Rechtsanwalt Frank Sürmann, Justitiar Medipolis Gruppe am 09.09.2016 um 15:17 Uhr
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AW: Glaubwürdigkeit des Apothekers?
von Esther Hamacher am 14.09.2016 um 20:04 Uhr
Ein weiterer juristischer Aspekt, der in der Diskussion vielleicht hilfreich ist. BGH_VI ZR 10806
von Roland Holtz am 31.08.2016 um 11:36 Uhr
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