- DAZ.online
- Pharmazie
- Neue Arzneimittel
- Relugolix
Ryeqo®
Relugolix
Gonadotropin-Releasing-Hormon-Rezeptorantagonist
Erwachsene Frauen im gebärfähigen Alter mit mäßigen bis starken Beschwerden aufgrund von Uterusmyomen können nun mit dem Präparat Ryeqo® behandelt werden. Die Zubereitung enthält den Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Rezeptorantagonisten Relugolix in fixer Kombination mit Estrogen und Norethisteronacetat und bewirkt eine Linderung von schmerzhaften Monatsblutungen.
Relugolix
ATC-Code
H: Systemische Hormonpräparate, exkl. Sexualhormone und Insuline
H01: Hypophysen- und Hypothalamushormone und Analoga
H01C: Hypothalamushormone
H01CC: Gonadotropin-Releasing-Hormonantagonisten
H01CC54: Relugolix, Estradiol und Norethisteron
Wirkungsmechanismus
Uterusmyome sind gutartige Neubildungen des Myometriums und bestehen vorwiegend aus glatten Muskelzellen. An der Pathogenese sind insbesondere Estrogene und Progesteron beteiligt. Der neue Wirkstoff Relugolix ist ein nichtpeptidischer Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Rezeptorantagonist. Aufgrund der Hemmung entsprechender Rezeptoren in der anterioren Hypophyse wird die Freisetzung von luteinisierendem und follikelstimulierendem Hormon (LH und FSH) dosisabhängig unterbunden. Die reduzierten FSH-Spiegel führen zu einem verminderten Follikelwachstum, auch die Bildung von körpereigenem Estrogen nimmt ab. Durch den gehemmten LH-Anstieg werden die Ovulation und die Entwicklung des Corpus luteum und damit die Bildung von körpereigenem Progesteron verhindert. Als Folge kann nach mindestens einmonatiger Behandlung eine ausreichend sichere kontrazeptive Wirkung erreicht werden, sodass unter Ryeqo®-Therapie keine zusätzliche hormonelle Verhütung durchgeführt wird bzw. werden darf (s. Gegenanzeigen). Weiterhin führt Relugolix zu einer reduzierten Ausschüttung von körpereigenem Testosteron. Bei Männern werden Testosteron-Spiegel unterhalb der Kastrationsgrenze erreicht, was den Weg für weitere Relugolix-Indikationen wie beispielsweise dem Prostatakarzinom eröffnet. Das im Kombinationspräparat Ryeqo® ebenfalls enthaltene 17β-Estradiol bewirkt durch seine agonistischen Wirkungen an nukleären Estrogen-Rezeptoren eine Linderung von durch Relugolix verursachten klimakterischen Beschwerden im Zusammenhang mit einem Estrogen-Mangel, beispielsweise vasomotorischen Symptomen und Knochenschwund. Durch die zusätzliche Anwendung des Gestagens Norethisteronacetat wird das Estrogen-induzierte Risiko für eine Endometriumhyperplasie verringert.
Pharmakokinetik
Resorption: Nach peroraler Applikation erfolgt die Resorption von Relugolix in erster Linie durch den Transporter P-Glykoprotein (P-gp). Über einen Zeitraum von zwölf Stunden werden mehrere Plasmaspiegelmaxima gemessen, wobei das erste bereits nach 15 Minuten auftritt. Die Bioverfügbarkeit nach Nüchterneinnahme liegt bei 11,6%, nach Applikation zusammen mit einer fett- und kalorienreichen Mahlzeit ist sie um bis zu 55% vermindert.
Proteinbindung, Verteilung: Die Plasmaproteinbindung von Relugolix beträgt 68 bis 71%, das Blut-Plasma-Verhältnis liegt bei 0,78. Das sehr große Verteilungsvolumen von 19 × 103 Litern deutet auf eine starke Gewebeverteilung hin.
Metabolismus: Die Biotransformation erfolgt hauptsächlich oxidativ durch CYP3A4/5 und CYP2C8, in geringerem Ausmaß auch durch CYP2C19.
Exkretion: 20% einer Dosis erscheinen als unveränderter Wirkstoff im Urin. 38% werden in Form von Metaboliten im Stuhl und im Urin wiedergefunden. Die terminale Eliminationshalbwertszeit von Relugolix liegt bei 62 Stunden.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Vor Beginn der Relugolix-Therapie müssen sämtliche hormonellen Kontrazeptiva für mindestens einen Monat abgesetzt werden, da für den gleichzeitigen Einsatz eine Kontraindikation besteht. Relugolix und seine Kombinationspartner Estradiol und Norethisteronacetat sollen fortlaufend einmal täglich jeweils etwa zur gleichen Tageszeit, unabhängig von den Mahlzeiten, eingenommen werden. Der Behandlungsbeginn muss innerhalb von fünf Tagen nach Einsetzen der Menstruationsblutung erfolgen, anderenfalls ist mit zunächst unregelmäßigen und/oder starken Blutungen zu rechnen. Nach mindestens einmonatiger Anwendung wirkt das Kombinationspräparat zuverlässig antikontrazeptiv. In der Übergangsphase empfiehlt sich der Einsatz einer Barrieremethode. Ausgelassene Dosen können noch am selben Tag nachgeholt werden. Wenn die Einnahme an zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Tagen versäumt wird, ist für die nächsten sieben Tage eine zusätzliche nicht hormonelle Verhütungsmethode zu verwenden. Beim Eintreten der Menopause sollte ein Absetzen von Relugolix/Estradiol/Norethisteronacetat erwogen werden, da sich Uterusmyome in dieser Phase ohnehin zurückbilden. Nach Beendigung der Therapie muss allerdings mit einem sehr raschen Auftreten des Eisprungs gerechnet werden, sodass potenziell noch fruchtbare Frauen bei Bedarf auf eine geeignete Verhütungsmethode eingestellt werden sollten. Bei Patientinnen mit Nieren- oder leichter bis mäßiggradiger Leberinsuffizienz ist keine Dosisanpassung von Relugolix/Estradiol/Norethisteronacetat erforderlich. Bei schwer eingeschränkter Leberfunktion darf Ryeqo® dagegen nicht angewendet werden.
Kontraindikationen
Bei Überempfindlichkeit gegen Relugolix und seine Kombinationspartner Estradiol oder Norethisteronacetat besteht eine Kontraindikation, ebenso bei aktueller oder früherer venöser thromboembolischer Erkrankung wie tiefer Beinvenenthrombose oder Lungenembolie sowie bei bestehender oder früher stattgehabter arterieller thromboembolischer kardiovaskulärer Erkrankung wie Myokardinfarkt, apoplektischem Insult oder ischämischer Herzkrankheit. Auch bei Patientinnen mit thrombophilen Erkrankungen wie Protein-C-, Protein-S- oder Antithrombin-Mangel oder Resistenz gegen aktiviertes Protein C, einschließlich Faktor-V-Leiden darf das Relugolix-haltige Präparat nicht angewendet werden. Eine Kontraindikation besteht zudem bei Osteoporose, Kopfschmerzen mit fokalen neurologischen Symptomen oder Migräne mit Aura, sexualhormonabhängigen Malignomen, z. B. der Brust oder der Geschlechtsorgane, bestehenden oder vorausgegangenen benignen oder malignen Lebertumoren sowie bei schwerer Lebererkrankung mit abweichenden Leberfunktionswerten. Weitere Gegenanzeigen sind Schwangerschaft, Stillzeit, Blutungen unbekannter Ursache im Genitalbereich und die begleitende Anwendung hormoneller Kontrazeptiva.
Unerwünschte Wirkungen
Während der Behandlung kommt es häufig zu Reizbarkeit, Hitzewallungen, Dyspepsie, Alopezie, Hyperhidrosis, nächtlichen Schweißausbrüchen, Uterusblutungen, Mamma-Zysten und verminderter Libido. Gelegentlich kam es zur uterinen Ausstoßung eines Myoms.
Wechselwirkungen
Durch zusammen mit Relugolix peroral eingesetzte P-gp-Inhibitoren wie Makrolid-Antibiotika oder Azol-Antimykotika kann die Bioverfügbarkeit des P-gp-Substrats Relugolix um das Mehrfache erhöht sein. Falls entsprechende Kombinationen nicht vermeidbar sind, empfehlen sich ein Einnahmeabstand von sechs Stunden, wobei der GnRH-Rezeptorantagonist zuerst gegeben werden sollte, und die Überwachung von Relugolix-assoziierten Nebenwirkungen. Auch die gleichzeitige Anwendung von Relugolix und starken CYP3A4- und/oder P-gp-Induktoren wie Carbamazepin, Rifampicin, HIV- bzw. HCV-Protease-Inhibitoren oder Johanniskraut-Extrakten wird nicht empfohlen, da die Relugolix-Wirkung eingeschränkt sein kann. Hinsichtlich des kombinierten Einsatzes von CYP3A4-Inhibitoren bestehen derzeit keine Bedenken. Aufgrund seiner Breast-Cancer-Resistance-Proteine(BCRP)-hemmenden Eigenschaften ist beim Einsatz von Relugolix mit entsprechenden Substraten Vorsicht geboten. Der GnRH-Rezeptorantagonist kann in therapeutischer Dosierung zu einer Sättigung des intestinalen Transporters P-gp führen. Als Folge muss mit einer verringerten Resorption von begleitend angewendeten P-gp-Substraten gerechnet werden. Die kombinierte Anwendung von Substanzen mit geringer therapeutischer Breite wie Dabigatran oder Fexofenadin wird daher nicht empfohlen. Estrogen- und Norethisteronacetat-assoziierte Wechselwirkungen sind der Fachinformation zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Bei Patientinnen, bei denen bei vor Behandlungsbeginn mit Relugolix/Estrogen/Norethisteronacetat eine normale Knochendichte vorlag, wurde ein Knochenschwund im Bereich von 3 bis 8% berichtet. Insbesondere Frauen mit Osteoporose-Risiko, z. B. mit einer niedrig-traumatischen Fraktur in der Anamnese, sollten daher vor Beginn der Therapie und nach etwa einjähriger Behandlung eine Dual-X-Ray-Absorptions-Untersuchung durchführen lassen, um eine Nutzen-Risiko-Abwägung für die Therapie vorzunehmen. Das Estrogen- und Gestagen-haltige Kombinationspräparat Ryeqo® ist mit einer erhöhten Gefahr für möglicherweise tödlich verlaufende arterielle und venöse Thromboembolien assoziiert. Vor Therapiebeginn und während der Behandlung muss eine sorgfältige Anamnese zur Einschätzung des individuellen Risikos erhoben werden. Die Patientinnen sind über mögliche Symptome und Warnzeichen von Erkrankungen wie Myokardinfarkt, transitorischer ischämischer Attacke, Schlaganfall, tiefer Beinvenenthrombose oder Lungenembolie aufzuklären, sodass gegebenenfalls umgehend ärztliche Hilfe angefordert werden kann. Im Falle einer arteriellen oder venösen Thromboembolie muss die Anwendung sofort beendet werden. Abweichende Leberenzym-Werte oder ein Ikterus können auf Behandlungs-assoziierte Lebererkrankungen oder -tumoren hinweisen. Gegebenenfalls ist die Therapie zeitweise oder dauerhaft abzubrechen. Die Patientinnen müssen darüber informiert werden, dass die Behandlung mit dem Kombinationspräparat innerhalb der ersten beiden Monate zu einer schwächeren Menstruationsblutung, Amenorrhö oder einem anderweitig veränderten Blutungsmuster führen kann. Eine trotz der Therapie eintretende Schwangerschaft kann daher möglicherweise schwerer erkannt werden. Bei einem entsprechenden Verdacht oder auch bei persistierenden, übermäßig starken Blutungen muss ärztlicher Rat eingeholt werden. Möglicherweise handelt es sich um Anzeichen eines durch die Zervix prolabierenden oder ausgestoßenen submukösen Myoms. Während der Behandlung kann es zu erstmalig auftretenden oder einer Exazerbation von bestehenden Depressionen, Hypertonie oder zu Erkrankungen der Gallenblase, Cholelithiasis und Cholezystitis kommen. Prädisponierte Patientinnen müssen besonders engmaschig überwacht werden. Diese Erkrankungen treten jedoch in erster Linie aufgrund der Ryeqo®–Inhaltsstoffe Estrogen und Norethisteronacetat auf.
Schwangerschaft und Stillzeit
Das Kombinationspräparat hat möglicherweise schädliche Auswirkungen auf den Verlauf einer Schwangerschaft und das ungeborene Kind. Daher ist es bei schwangeren Frauen kontraindiziert. Bei postpartaler Anwendung muss das in den ersten sechs Wochen erhöhte Risiko für venöse Thromboembolien berücksichtigt werden. Es ist nicht bekannt, ob Relugolix in die Muttermilch übergeht. Im Tierexperiment war dies der Fall. Auch bei den Kombinationspartnern ist mit einem Übertritt zu rechnen. Da ein Risiko für den gestillten Säugling nicht ausgeschlossen werden kann, darf während und bis zu zwei Wochen nach der Therapie nicht gestillt werden.
Handelspräparat Ryeqo®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
40 mg Relugolix, 1 mg Estradiol als Hemihydrat und 0,5 mg Norethisteronacetat
Sonstige Bestandteile
Lactose-Monohydrat, Mannitol (E 421), Poly(O-carboxymethyl)stärke-Natriumsalz, Hydroxypropylcellulose (E 463), Magnesiumstearat (E 572), Hypromellose Typ 2910 (E 464), Titandioxid (E 171), Triacetin (E 1518), Eisen(III)-hydroxid-oxid × H2O (E 172)
Packungsgrößen, Preise, PZN
28 Filmtabletten, 105,86 Euro, PZN 17367897,
3 × 28 Filmtabletten, 295,51 Euro, PZN 17367911
Indikation
Erwachsene Frauen im gebärfähigen Alter mit mäßigen bis starken Symptomen von Uterusmyomen
Dosierung
Eine Filmtablette wird täglich in etwa zur selben Tageszeit unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegen Relugolix und seine Kombinationspartner; bestehende oder frühere arterielle oder venöse Thromboembolien; thrombophile Erkrankungen; Osteoporose; Kopfschmerzen mit fokalen neurologischen Symptomen oder Migräne mit Aura; sexualhormonabhängige Malignome; bestehende oder vorausgegangene (benigne oder maligne) Lebertumoren; bestehende oder vorausgegangene schwere Lebererkrankungen, sofern sich die Leberfunktionswerte nicht normalisiert haben; Schwangerschaft und Stillzeit; Blutungen unbekannter Ursache im Genitalbereich; begleitende Anwendung hormoneller Kontrazeptiva
Unerwünschte Wirkungen
In klinischen Studien mit dem Kombinationspräparat waren die häufigsten Nebenwirkungen Hitzewallungen (8,3%) und Uterusblutungen (4,7%).
Wechselwirkungen
Die begleitende Anwendung von Relugolix mit oralen P-gp-Inhibitoren wie Azol-Antimykotika oder Makrolid-Antibiotika wird nicht empfohlen. Auch der kombinierte Einsatz mit starken CYP3A4- und/oder P-gp-Induktoren wie Carbamazepin, Rifampicin oder Johanniskraut-Extrakten sollte unterbleiben. Von einer gleichzeitigen Applikation von P-gp-Substraten mit geringer therapeutischer Breite wie Dabigatran wird wegen fehlender Daten abgeraten.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Vor Einleitung oder Wiederaufnahme der Behandlung mit Ryeqo® muss eine vollständige Anamnese (einschließlich der Familienanamnese) erhoben werden, insbesondere um das individuelle Risiko für arterielle bzw. venöse thromboembolische Erkrankungen zu ermitteln.
Literatur
[1] Fachinformation Ryeqo®, Stand Juli 2021
[2] Al-Hendy A, Lukes AS et al. Treatment of uterine fibroid symptoms with relugolix combination therapy. NEJM 2021;384(7):630-642
[3] EPAR summary for the public. Ryeqo® Relugolix. EMA/318437/2021, www.ema.europe.eu
[4] Myome der Gebärmutter. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), www.gesundheitsinformation.de
01.09.2021