Brukinsa®

Zanubrutinib

15.12.2021


Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor
Der Bruton-Tyrosinkinase(BTK)-Inhibitor Zanubrutinib (Brukinsa®) ist eine neue Behandlungsoption für Patienten mit Morbus Waldenström, die mindestens eine vorherige Therapie erhalten haben, oder zur Erstlinien-Therapie bei Patienten, die für eine Chemo-Immuntherapie nicht geeignet sind. Der neue Wirkstoff wird als Monotherapeutikum eingesetzt.

Zanubrutinib 

ATC-Code

L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel


L01: Antineoplastische Mittel


L01E: Proteinkinase-Inhibitoren


L01EL: Bruton-Tyrosinkinase (BTK)-Inhibitoren


L01EL03: Zanubrutinib


Wirkungsmechanismus

Die Erkrankung Morbus Waldenström oder auch Waldenströms Makroglobulinämie beruht auf einer malignen Entartung von B-Lymphozyten. Zellen von B-Zell-Malignomen erhalten über B-Zell-Rezeptoren wichtige Wachstumsimpulse. Es kommt zur Aktivierung von Signalwegen, die für die Migration, die Chemotaxis und die Adhäsion der Zellen notwendig sind. Dieser Mechanismus hat maßgeblichen Einfluss auf die Pathogenese von B-Zell-Malignomen wie Morbus Waldenström. Die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) ist ein wichtiges Signalmolekül in dieser Reaktionskaskade. Als BTK-Inhibitor bindet Zanubrutinib kovalent an einen Cystein-Rest im aktiven Zentrum der Kinase und bewirkt somit eine dauerhafte Hemmung von deren enzymatischer Aktivität. Als Folge werden die Proliferation und das Überleben maligner B-Zellen sowie die Migration und Substratadhäsion dieser Zellen effektiv gehemmt.

Pharmakokinetik

Resorption: Nach peroraler Gabe werden innerhalb von zwei Stunden maximale Plasmaspiegel gemessen. Die gleichzeitige Einnahme einer Mahlzeit hat offenbar keinen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Zanubrutinib. Die absolute Bioverfügbarkeit wurde noch nicht ermittelt.


Proteinbindung, Verteilung: Das Verteilungsvolumen im Steady State wird mit 7,5 l/kg Körpergewicht angegeben, die Plasmaproteinbindung beträgt 94%.


Metabolismus: Zanubrutinib unterliegt einer ausgeprägten Biotransformation durch CYP3A.


Exkretion: Etwa 87% einer Dosis gehen in die Fäzes über, 38% in Form der Muttersubstanz. 8% erscheinen im Urin, weniger als 1% in unveränderter Form. Die Eliminationshalbwertszeit liegt bei etwa zwei bis vier Stunden.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Zanubrutinib wird normalerweise in einer Dosierung von einmal 320 mg oder zweimal 160 mg pro Tag eingesetzt. Die Applikation kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Wenn eine Dosis nicht zur vorgesehenen Zeit eingenommen wird, darf die nächste erst wieder gemäß dem üblichen Therapieschema appliziert werden. Bei erforderlicher kombinierter Anwendung von mäßigen oder starken CYP3A-Inhibitoren sollte die Zanubrutinib-Tagesdosis auf ein- bzw. zweimal täglich 80 mg reduziert werden. Die gleichzeitige Applikation von mäßigen bis starken CYP3A-Induktoren ist wegen der Gefahr eines Wirkverlusts von Zanubrutinib zu vermeiden. Beim Auftreten von relevanten Nebenwirkungen wie hämatologischer oder nicht hämatologischer Toxizität kann eine Behandlungsunterbrechung erwogen werden, wobei die Wiederaufnahme in schweren Fällen mit geringeren Tagesdosen von 160 mg oder 80 mg Zanubrutinib erfolgen sollte. Bei anhaltenden bzw. rezidivierenden Nebenwirkungen ist ein dauerhaftes Absetzen der Medikation angeraten. Patienten mit schwerer oder terminaler Niereninsuffizienz sollten zur Sicherheit hinsichtlich verstärkter Nebenwirkungen kontrolliert werden. Bei schwerer Leberinsuffizienz ist die Zanubrutinib-Dosis auf zweimal täglich 80 mg zu reduzieren. Auch diese Patienten müssen engmaschig auf unerwünschte Wirkungen überwacht werden. Sicherheit und Wirksamkeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind nicht erwiesen.

Kontraindikationen

Bei Überempfindlichkeit gegen Zanubrutinib besteht eine Kontraindikation.

Unerwünschte Wirkungen

Während der Behandlung mit Zanubrutinib wird sehr häufig über Infektionen der oberen Atemwege, Pneumonie, Harnwegsinfektionen, Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie, Schwindel, Blutergüsse, Prellungen, Blutungen, Hämaturie, Epistaxis, Husten, Durchfall, Verstopfung, Hautausschläge, Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems, Rückenschmerzen, Arthralgie und Erschöpfung berichtet. Häufig kommt es zu Infektionen der unteren Atemwege, Hepatitis-B-Reaktivierungen, Vorhofflimmern, Petechien, Ekchymosen und Asthenie. Gelegentlich treten gastrointestinale Blutungen auf.

Wechselwirkungen

CYP3A-Inhibitoren wie Azol-Antimykotika, HIV-Proteaseinhibitoren, Makrolid-Antibiotika oder Grapefruit können die Biotransformation von Zanubrutinib reduzieren und somit dessen Wirkung und Toxizität erhöhten. Wie erwähnt sollte der BTK-Inhibitor daher in Kombination mit starken oder mäßigen Inhibitoren in geringerer Dosis eingesetzt werden. Eine engmaschige Überwachung auf verstärkte Nebenwirkungen ist angeraten. In Kombination mit schwachen CYP3A-Inhibitoren ist keine Dosisanpassung erforderlich. Zusammen mit starken oder mäßigen CYP3A4-Induktoren wie Carbamazepin, Rifampicin, Phenytoin oder Johanniskraut kann die Plasmakonzentration von Zanubrutinib dagegen deutlich gesenkt und die Antitumorwirkung zumindest teilweise aufgehoben werden. Ein Ausweichen auf weniger problematische Kombinationen wird empfohlen. Schwache CYP3A-Induktoren können mit Vorsicht während der Behandlung mit Zanubrutinib angewendet werden. Als schwacher Induktor von CYP3A und CYP2C19 verringert auch Zanubrutinib selbst die Bioverfügbarkeit von entsprechenden Substraten. Bei Substanzen mit geringer therapeutischer Breite wie Ciclosporin, Fentanyl, Sirolimus oder Tacrolimus ist wegen einer potenziell eingeschränkten Wirkung Vorsicht geboten. Zudem müssen Patienten, die mit P-Glykoprotein(P-gp)-Substraten wie Digoxin oder Dabigatran behandelt werden, beobachtet werden. Offenbar kann Zanubrutinib deren Plasmaspiegel erhöhen und so zu einer Verstärkung von deren Wirkungen und Toxizität führen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Unter einer Zanubrutinib-Therapie treten mitunter Thrombozytopenien und damit schwerwiegende und tödlich verlaufende Blutungsereignisse auf. Besonders gefährdet sind Patienten, die Antikoagulanzien oder Thrombozyten-Aggregationshemmer als Begleitmedikation erhalten. Eine Überwachung hinsichtlich Blutbildveränderungen sowie möglicher Anzeichen wie verstärkte Hämatome oder Petechien ist angeraten. Gegebenenfalls sollte die Zanubrutinib-Dosis reduziert werden. Der Bruton-Tyrosin-kinase-Inhibitor ist weiterhin mit potenziell lebensbedrohlichen Infektionen aufgrund von Neutropenien assoziiert. Patienten mit positiver Hepatitis-B-Serologie sind regelmäßig gemäß den medizinischen Standards zur Vermeidung einer Erkrankungs-Reaktivierung zu kontrollieren und, falls erforderlich, zu behandeln. Bei Patienten unter Zanubrutinib-Anwendung wurden sekundäre Primärmalignome wie Basalzellkarzinome und Plattenepithelzellkarzinome der Haut sowie nicht die Haut betreffende Karzinome berichtet. Die Patienten müssen auf die adäquate Anwendung von Sonnenschutz hingewiesen werden. Zanubrutinib kann zudem Vorhofflimmern und –flattern auslösen. Insbesondere Personen mit kardialen Risikofaktoren, Hypertonie und akuten Infektionen sind auf entsprechende Symptome zu überwachen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Die Anwendung von Zanubrutinib während der Schwangerschaft ist aufgrund bislang fehlender klinischer Daten zu vermeiden. In Tierexperimenten kam es zu Schädigungen des Feten und Reproduktionstoxizität. Frauen im gebärfähigen Alter müssen während und bis zu einem Monat nach Beendigung der Behandlung eine hochwirksame Verhütungsmethode anwenden, allerdings ist derzeit nicht bekannt, ob Zanubrutinib die Wirksamkeit hormoneller Kontrazeptiva verringert. Daher ist der Einsatz einer zusätzlichen Barrieremethode angeraten. Es ist nicht bekannt, ob Zanubrutinib oder seine Metaboliten in die Muttermilch übertreten. Entsprechende Tierversuche wurden bisher nicht durchgeführt. Da ein Risiko für den Säugling nicht ausgeschlossen werden kann, sollte das Stillen während der Therapie unterbleiben.

Handelspräparat Brukinsa® 

Hersteller

Beigene Germany GmbH, München

Einführungsdatum

15. Dezember 2021

Zusammensetzung

80 mg Zanubrutinib

Sonstige Bestandteile

mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Natriumdodecylsulfat (E487), hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph. Eur.), Gelatine, Titandioxid (E171), verestertes Schellack (E904), Eisen(II,III)-oxid (E172), Propylenglycol (E1520

Packungsgrößen, Preise, PZN

120 Hartkapseln, 8387,30 Euro, PZN 17507588

Indikation

Monotherapie von erwachsenen Patienten mit Morbus Waldenström, die mindestens eine vorherige Therapie erhalten haben, oder zur Erstlinien-Therapie bei Patienten, die für eine Chemo-Immuntherapie nicht geeignet sind

Dosierung

Die empfohlene Gesamttagesdosis von Zanubrutinib beträgt 320 mg. Sie kann entweder einmal täglich oder aufgeteilt in zwei Dosen eingenommen werden.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen Zanubrutinib

Unerwünschte Wirkungen

In klinischen Studien waren die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher Neutropenie (28,0%), Pneumonie (11,6%), Thrombozytopenie (11,4%) und Anämie (6,9%).

Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die CYP3A hemmen oder induzieren, kann die Bioverfügbarkeit von Zanubrutinib erhöhen bzw. reduzieren. Möglicherweise sind Dosisanpassungen erforderlich. Der kombinierte Einsatz von Zanubrutinib führt unter Umständen zu verringerten Plasmakonzentrationen von CYP3A- und CYP2C19-Substraten.

Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme

Während der Behandlung mit Zanubrutinib muss mit schwerwiegenden Blutungen, lebensbedrohlichen Infektionserkrankungen, Vorhofflimmern oder -flattern sowie mit der Bildung von sekundären Primärmalignomen gerechnet werden. Eine entsprechende Überwachung ist angeraten.

Literatur

[1] Fachinformation zu Brukinsa®, Stand Dezember 2021


[2] Tam CS, Opat S, D’Sa S, Jurczak W et al. A randomized phase 3 trial of zanubrutinib vs ibrutinib in symptomatic Waldenstrom macroglobulinemia: the ASPEN study. Blood 2020;136(18):2038-2050


[3] EPAR summary for the public. Brukinsa® Zanubrutinib, EMA/689422/2021; European Medicines Agency; www.ema.europe.eu


[4] The Biology of Cancer, 2nd Ed. By Weinberg

Copyright

©2022 Deutscher Apotheker Verlag, Neue Arzneimittel, Beilage der Deutschen Apotheker Zeitung

Datenstand

02/2022

Apothekerin Dr. Monika Neubeck