DAZ aktuell

Englischer Versandhändler: Fehler beim Versand zugegeben

Der ehemalige Geschäftsführer der britischen Express Medical Services (EMS) hat Fehler beim Versand von Medikamenten zugegeben. Karl Heinz Thieler, bis Anfang April Geschäftsführer bei EMS, nannte auf einer Euroforum-Veranstaltung am 16. April in Frankfurt konkrete Beispiele dazu und gab erstmals Informationen zu diesem Unternehmen preis.

EMS räumt rechtlichen Schritten gegen die Firma insgesamt keine Aussicht auf Erfolg ein. Wie in Frankfurt aus Teilnehmerkreisen zu erfahren war, wollen ABDA, der Großhandelsverband Phagro sowie die Verbände der pharmazeutischen Industrie gemeinsam gerichtlich gegen den Versandhändler vorgehen. Professor Hilko Meyer, Phagro, und Dr. Johannes Pieck von der ABDA kritisierten, daß das Individualrecht eines Bürgers, sich in begründeten Einzelfällen Medikamente aus dem Ausland zusenden zu lassen, von einem kommerziellen Anbieter systematisch ausgenützt werde. Es müsse geprüft werden, ob Verstöße gegen nationales und europäisches Recht vorlägen. Laut Thieler, der auf der Veranstaltung seine "persönliche Meinung" vortrug, hofft EMS auf einen Jahres-Umsatz von bis zu 10 Millionen Pfund (etwa 20 Millionen Mark), wobei neuerdings nicht nur Kontrazeptiva sondern auch andere Präparate verschickt würden. Als einen Fehler nannte Thieler, der nach eigenen Angaben seit 1984 als selbständiger Berater im Ausland im Pharma-Bereich tätig ist, das Versenden des Antidiarrhoicums Imodium ohne Vorliegen einer Verschreibung, das in Deutschland rezeptpflichtig ist. Jetzt werde ausschließlich "Imodium +" versendet. Auf Anfrage der DAZ teilte unterdessen der Hersteller mit, daß in Deutschland nur das Loperamid-Präparat "Imodium akut" rezeptfrei sei, alle anderen Darreichungsformen seien rezeptpflichtig. Ein anderes Beispiel: EMS habe zunächst den Impfstoff Havrix aufgenommen, (bei dem eine Kühlkette empfohlen wird, die Red.), dann aber wieder aus dem Angebot gestrichen, obwohl man einen adäquaten Versand gewährleistet habe, so Thieler. Der ehemalige Geschäftsführer, der das Unternehmen aus "persönlichen Gründen" verlassen hat, hält rechtliche Bedenken gegen die Geschäftspraktiken für nicht stichhaltig. Die ursprüngliche Hamburger Rezeptsammelstelle sei allerdings als Folge einer einstweiligen Verfügung geschlossen worden. Laut Thieler unterliegt die Firma ausschließlich englischen Gesetzen, da der "Point of sale", der Verkauf, in London liege. Es würden nur Präparate multinationaler Hersteller vertrieben. Professor Dr. Hilko Meyer, bis Anfang April Geschäftsführer, jetzt Berater des Großhandelsverbands Phagro, äußerte erhebliche Bedenken gegen den Versand. Unter dem Deckmantel des Wettbewerbs würden rechtliche Schlupflöcher ausgenutzt, um lediglich aus eigenen wirtschaftlichen Interessen heraus neue Märkte zu erschließen. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu dem erklärten Ziel sowohl der Politiker in Deutschland als auch in Brüssel, für Arzneimittel als sensibles Gut hohe Sicherheitsstandards zu schaffen und zu sichern. Meyer warf EMS Rosinenpickerei vor, die das bewährte Gesamtsystem gefährden könne. Dr. Johannes Pieck , Sprecher der Geschäftsführung der ABDA, forderte verschärfte Vorschriften, die den Versand von Arzneimitteln in Deutschland verbieten. Jedoch genügten nationale Alleingänge nicht, nötig sei aus Gründen der Arzneimittelsicherheit ein EU-weites Verbot. Wie Pieck nachdrücklich hervorhob, schließt jeder Versand das Recht des Patienten auf Beratung und Information in der Apotheke aus. Beides sei jedoch nötig als Konkretisierung des Beipackzettels, den die Patienten entweder nicht läsen oder nicht verstünden. Lesen Sie einen längeren Bericht in der kommenden

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.