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NOG: Konflikte zwischen Richtgrößen und Zuzahlungen?
Im Zusammenhang mit dem 2. Neuordnungsgesetz, das nach Lage der Dinge die parlamentarischen Hürden passieren wird und am 1. Juli 1997 in Kraft treten kann, ist vorgesehen, die bisherigen Budgets für die Arzneiverordnungen durch Richtgrößen abzulösen. Ein fester Termin für die Umstellung ist zwar nicht genannt. Ins Auge zu fassen ist jedoch, so der Bundestagsausschuß für Gesundheit, der 1. Januar 1998. Wie im Rahmen eines Atrium-Symposiums am 21. April deutlich wurde, kollidieren die vorgesehenen Richtgrößen möglicherweise mit den durch das 1. und 2. Neuordnungsgesetz modifizierten Zuzahlungsregelungen für die Patienten. Solange, wie bislang angedacht, die Richtgrößen auf Basis der Nettowerte (also der Zahlungen, die die Krankenkassen für die Arzneimittel wirklich leisten) festgelegt werden, könnten die Richtgrößen jene Ärzte in erhebliche Schwierigkeiten bringen, in deren Patientenschaft sich besonders viel Patienten befinden, die von den Zuzahlungen gänzlich befreit sind oder im Rahmen der Überforderungsklausel teilweise befreit werden. Bei solchen Patienten würden die Arzneimittelverordnungen sehr viel stärker auf das Budget des Arztes durchschlagen als bei Ärzten, deren Patienten die Zuzahlungen wirklich weitgehend in voller Höhe zu zahlen haben. Dr. Jürgen Bausch, der 1. Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, meinte deshalb in Königswinter, dies müsse eigentlich dazu führen, daß für Ärzte in sozial schwachen Gebieten der hohe Befreiungsgrad ihrer Patienten als Praxisbesonderheit bei der Budgetzuordnung anerkannt werde. nach Auffassung des Vorsitzenden des Vorstandes des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen, Herbert Rebscher, verschärft sich dieses Problem noch dadurch, daß es als Folge von Beitragssatzerhöhungen bei bestimmten Krankenkassen auch kassenindividuelle Erhöhungen der Zuzahlungen geben könne - Zuzahlungen, die ebenfalls dazu führen können, daß der Budgetdruck auf die Ärzte sehr unterschiedlich durchschlagen werde. Die auf den ersten Blick total verfahrene Situation könne einen fast zur Verzweiflung bringen, so der Abteilungsleiter Gesundheitspolitik der Bayer AG, Rolf Reher. Ein möglicher Ausstieg aus dem Dilemma stellte sich im Laufe der Diskussion heraus: Wenn man bei der Festlegung der Richtgrößen nicht die Nettobeträge (also das, was die Krankenkassen nach Abzug auch der Patientenselbstbeteiligung wirklich selbst bezahlen) zur Grundlage nehme, sondern die Bruttobeträge, dann gebe es die Verwerfungen durch die unterschiedlichen Zuzahlungen, die verschiedene Klientele von verschiedenen Ärzten abführen, nicht. Gegenwärtig sind 8 Mio. Patienten aufgrund der Sozialklausel von sämtlichen Zuzahlungen befreit - ihr Einkommen übersteigt bestimmte Grenzen nicht oder sie gehören bestimmten ohnehin befreiten Patientengruppen an. Etwa 80 000 Patienten sind gegenwärtig im Rahmen der sog. Überforderungsklausel von Zuzahlungen befreit, die mehr als 2 bzw. 4% ihres Einkommens ausmachen. Die Zahl dieser im Rahmen der Überforderungsklausel befreiten Patienten wird sich, so auch die Einschätzung von Dr. Manfred Zipperer, der im Bundesgesundheitsministerium für die Krankenversicherung zuständig ist, in Zukunft deutlich erhöhen. Da zudem chronisch Kranke nur im Rahmen der Überforderungsklausel nur bis zu 1% ihres Einkommens mit Zuzahlungen belastet werden, werde sich bald herausstellen, so Dr. med. Peter Schwoerer, daß wir "ein Volk von chronisch Kranken" werden. Dr. med. Peter Lau, Vorstandsmitglied im Berufsverband der Allgemeinärzte Deutschlands (BDA), kritisierte, daß auch im Rahmen einer Richtgrößenregelung die Ärzte letztlich das Morbiditätsrisiko zu tragen hätten - nicht anders als bei den Arzneimittelbudgets. In der Diskussion wurde allerdings auch deutlich, daß die Richtgrößen gegenüber den Budgets einiges an Vorteilen haben. So werde durch arztindividuelle an den Patientenzahlen orientierte Richtgrößen die Ungerechtigkeit beseitigt, die bei den Budgets bestanden habe, weil dort auch sparsam verordnende Ärzte mit in die Haftung genommen werd
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