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Kommentar für AZ vom 5.5.
Das sei ja "unerträglich" für Apotheker, was der Chef des Deutschen Apothekerverbands über das derzeitige Umfeld apothekerlicher Arbeit berichtet habe, sagte Martin Bangemann. Der DAV hatte den EU-Kommissar nach Baden-Baden eingeladen, um sich Rückendeckung zum Beispiel gegen illegalen Arzneiversand zu holen. Die gab es allerdings nicht durch den Europavertreter, weil der nämlich seinerseits versuchte, den Spieß umzudrehen und den Apothekern mehr Wettbewerb auf allen Ebenen - inklusive Versand per Internet - schmackhaft zu machen. Sinngemäß so nach dem Motto, das derzeitige System ist ja gar nicht rosig für die Offizinen, da sollten Alternativen nicht von vornherein abgelehnt werden.
Daß der Vorsitzende des DAV, Hermann Keller, dem Mann aus Brüssel einmal ausführlich die (berechtigten) Einwände von Fachleuten gegen illegalen Versand darlegen wollte, war der Sache sehr dienlich. Wer Bangemann genau zugehört hatte, dem fiel auf, daß dieser bei der Kernfrage doch sehr oberflächlich antwortete. Wenn denn der Hinweis ausreicht, die Verursacher illegaler Praktiken etwa durch das Internet seien halt kaum zu packen, dann ist das eine vorschnelle Kapitulation vor der Anarchie. Nur weil es technisch möglich ist, verschreibungspflichtiges im Internet anzubieten und ohne Rezept zu verschicken, bleibt es trotzdem ein Verstoß gegen geltendes Recht und darf nicht verniedlicht werden.
Etwas bedenklich finde ich allerdings, wenn die wirtschaftliche Vertretung der Apotheken selbst nur die ungünstigen Rahmenbedingungen in Deutschland in düsteren Farben schildert. Natürlich weht den Apotheken ein rauher Wind ins Gesicht. Und natürlich wollte der DAV-Vorsitzende den Ort nutzen, Bangemann sowie den anwesenden Repräsentanten aus Industrie oder Krankenkassen die schwierige Lage der Apotheken zu schildern. Trotzdem gibt es Felder, auf denen sich die Apotheken stärker als bisher positionieren können. Insgesamt ist der Gesundheitsmarkt ein Wachstumsmarkt. Auch speziell im ambulanten Sektor tut sich eine Menge. Die niedergelassenen Ärzte verweisen darauf, daß immer mehr Leistungen aus den Kliniken in den ambulanten Bereich verlagert werden können, was eine Vielzahl an Auswirkungen nach sich zieht, nicht nur bei Arzneiverordnungen, sondern im Umfeld des Kranken, der Hilfsmittel benötigt oder häusliche Krankenpflege. Grundsätzlich wird durch die stetig steigende Zahl älterer Leute die Nachfrage nach Produkten im Pflege- oder Reha-Bereich steigen. Ganz abgesehen von denjenigen, denen es etwas wert ist, aktiv und vorbeugend etwas für ihre Gesundheit zu tun - jüngeren sowie den "fitten Alten". Die Apotheke als Gesundheitszentrum, da gibt es so viele Ansatzpunkte. Perspektiven zu nennen - das kam leider im Lagebericht des Vorsitzenden ein wenig zu kurz.
Susanne Imhoff-Hasse
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