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- DAZ 26/1997
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Arzneimittel und Therapie
Acetylsalicylsäure: Immer wieder Neues
Bereits der einmalige Kontakt der Thrombozyten mit ASS hemmt deren Cyclooxygenase irreversibel. Da die einzelnen Thrombozyten etwa acht Tage leben, läßt die Wirkung täglich um etwa ein Achtel nach. Um die Cyclooxygenase der neugebildeten Thrombozyten zu inhibieren und damit stets alle Thrombozyten zu erreichen, ist nur eine Erhaltungsdosis von etwa 40 mg ASS erforderlich. Zur Reinfarktprophylaxe sollte diese Dosis um einen Sicherheitszuschlag auf etwa 80 bis 100 mg erhöht werden. Allerdings reduziert auch diese geringe Dosis die Bildung von Prostacyclin, was einen unerwünschten Nebeneffekt darstellt. Doch setzt dieser Nebeneffekt die systemische Bioverfügbarkeit der ASS voraus, während die erwünschte Hemmung der Thrombozytencyclooxygenase bereits durch einmaligen Kontakt mit dem Wirkstoff erreicht wird, der auch im präsystemischen Kreislauf stattfinden kann. Wird die ASS stark verzögert resorbiert, können die geringen jeweils aufgenommenen Mengen schon durch die erste Leberpassage weitgehend vollständig metabolisiert werden. Dann verbleibt keine Substanz mehr, die eine Nebenwirkung auslösen könnte. Die erwünschte Thrombozytenfunktionshemmung bleibt dabei erhalten. Das Entwicklungsziel ist demnach hier ausnahmsweise eine Zubereitung mit möglichst geringer systemischer Bioverfügbarkeit.
Um diesen Effekt ausnutzen, hat die Bayer AG eine retardierte Aspirin®-Zubereitung entwickelt, die nur etwa 10 mg pro Stunde freisetzt. Die praktische Anwendung scheitert bisher noch an einer wirtschaftlich akzeptablen Produktionsmöglichkeit für die aufwendige Galenik. Immerhin verzögern auch die derzeit erhältlichen magensaftresistenten Aspirin protect® Tabletten die Freisetzung und nutzen so den beschriebenen Effekt teilweise aus.
Durch neue Forschung verändert sich auch der Einsatz des altbekannten Wirkstoffes. So hatte die amerikanische FDA die Substanz als Thrombozytenaggregationshemmer zunächst nur zur Sekundärprophylaxe nach Herzinfarkt zugelassen. Seit Januar 1997 kann ASS dort auch zur Primärprophylaxe bei Patienten mit ernsthaften Risikofaktoren für Herzinfarkt eingesetzt werden, nicht jedoch bei Gesunden ohne Risikofaktoren.
Auch die Möglichkeiten der Kombination von ASS mit anderen Substanzen scheinen noch nicht ausgereizt zu sein. So lassen einige Untersuchungen auf einen möglichen synergistischen Effekt mit Vitamin E schließen. Dabei werden die kardiovaskuläre Wirkung der ASS und der antioxidative Effekt des Vitamin E ausgenutzt, um isolierte Endothelzellen vor dem Einfluß von Sauerstoffradikalen zu schützen. Die Kombination scheint hierbei überadditiv wirksam zu sein.
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