Die Seite 3

Editorial

Kappung kommt

Das Bundesministerium für Wirtschaft, das für die Arzneimittelpreisverordnung zuständig ist, hat, angeregt durch die vielen Überlegungen und Diskussionen der ABDA über eine Drehung der Apothekenspanne, nachgedacht, wie man in Zukunft mit den Aufschlägen bei höchstpreisigen Arzneimitteln verfahren soll. Das Ergebnis: Drehung der Apothekenspanne - von wegen! Jetzt wird einfach gekappt. Zukünftig soll mit der Apothekenspanne bei 250 DM Schluß sein. Wie wir bereits in einem Kommentar in unserer Montagsausgabe vom 7. Juli vorrechneten, bedeutete das also, daß ab einem Einkaufspreis von 1751 DM nur noch ein Aufschlag von netto 250 DM (nach Abzug des Kassenrabatts) bezahlt wird. Den einzigen "Ausgleich", den wir dafür erhalten sollen, ist der Wegfall des Kassenrabatts bei verordneten Arzneimitteln, deren Preise unterhalb der Eigenbeteiligungsgrenze liegen (was selbstverständlich ist und heute bereits praktiziert wird) und die Begrenzung des von Apotheken an die Krankenkassen zu zahlenden Rabatts auf den tatsächlich die Kasse belastenden Betrag - was eigentlich nicht mehr als recht und billig ist. Außerdem dürfen wir mit einer leichten Anhebung der Rezepturpreise rechnen, was eigentlich längst überfällig ist. "Vielen Dank", an alle, die da mitgedreht haben. Und da stellt sich die spannende Frage, wie lange wir mit dem Limit von 250 DM leben müssen. Wo bleibt die Dynamisierung?

Solche hochpreisigen Arzneimittel sind zum Beispiel die neuen Beta-Interferon-Präparate, die bei Multipler Sklerose eingesetzt werden. Die Krankheit, bei der das Myelin (Schutzhülle der Nervenfasern) zerstört wird, läßt sich durch Einsatz von Beta-Interferon entscheidend positiv beeinflussen, die Krankheitsschübe hochsignifikant vermindern. MS-typische Symptome wie Sprachstörung, Seh- und Gehbehinderungen bis hin zur Inkontinenz und vollständigen Lähmung lassen sich vermindern, der Krankheitsverlauf verlangsamt sich deutlich. Wir stellen das Krankheitsgeschehen bei Multipler Sklerose kurz vor und sprachen über den Einsatz der neuen Präparate mit dem Experten Dr. Pöhlau.

Auch dieses Beispiel zeigt, daß neue, forschungsintensive Arzneimittel immer teurer werden. Für unser Gesundheitswesen bedeutet dies für die Zukunft eine gewaltige ökonomische Herausforderungen. Welches Dilemma sich hier auftut, zeigt der Beitrag eines Gesundheitsökonomen, der das Gesundheitswesen von Bismarck über Brüning bis zu Seehofer betrachtet. Nach Auffassung von Professor Graf von der Schulenburg liegt die Lösung darin, integrierte Versorgungssysteme einzuführen (Stichwort Managed Care und Disease Management), die Selbstverantwortung des Patienten zu stärken und zu fördern und Informations- und Finanzströme zu vernetzen. Das "Medisafe-Programm" von Singapur könnte Ansätze für neue Überlegungen auch für uns sein. Medisafe statt GKV - eine Überlegung ist es allemal wert.

Zur Gesundheitsökonomie gehört auch, daß Arzneimittel bezahlt werden, die wirtschaftlich, aber auch wirksam sind. Präparate, die ihre Wirksamkeit nicht eindeutig belegen, können nicht von der Solidargemeinschaft finanziert werden. Recancostat comp., ein "neues Krebsmittel", muß den Nachweis seiner antitumorösen Wirksamkeit noch erbringen. Bei diesem Präparat besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen nachgewiesener und behaupteter Wirksamkeit. Und dennoch wird es durch zweifelhafte Berichte in der Laienpresse so vermarktet und angepriesen, daß Krebspatienten Hoffnung suggeriert und Geld aus der Tasche gezogen wird.

Noch ein Tip: Werfen Sie auch einen Blick auf unsere Prisma-Seiten, wo Sie Wissenswertes und Interessantes rund um die Pharmazie finden. Ihr Peter Ditze

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