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Editorial

Goldgräberstimmung bei der MS-Therapie

Zum ersten Mal sind Arzneimittel wie die beiden Beta-Interferone Interferon beta-1a (Avonex) und -1b (Betaferon) und Copolymer 1 (Glatirameracetat, vorgesehener Handelsname Copaxone) verfügbar, die bei der schubförmig remittierenden Form der Multiplen Sklerose (MS) die Krankheitsaktivität meßbar reduzieren können. Eine Heilung der MS ist zwar noch nicht möglich - das echte ≥Gold" ist noch nicht gefunden - aber die neuen Substanzen sind dennoch sehr wertvoll: Sie gewähren den vielen vor allem jungen Patienten längere beschwerdefreie Intervalle und wahrscheinlich einen Aufschub ihrer Krankheitsprogression. Und wer weiß: Vielleicht kann man auf diesem Weg eines Tages eine MS wenigstens im Frühstadium heilen?

In Deutschland gibt es etwa 100 000 MS-Patienten. 15 bis 20% von ihnen kommen für eine Therapie mit den neuen teuren immunmodulatorisch wirkenden Präparaten in Frage. In den USA, wo beide Interferonpräparate bereits seit längerem zugelassen sind, verwenden etwa 24 000 Patienten Betaferon und 26 000 Avonex. Bei uns werden nach Angaben der Firma Schering bisher mehr als 4000 Patienten mit Betaferon behandelt. Und hier beginnt der Wettbewerb um die Marktanteile: Für welches Beta-Interferon ist die Datenlage besser, welches hat das einfachere Dosierungsschema und welches die geringeren Nebenwirkungen? Oder sollte Copolymer 1 bevorzugt werden? Empfiehlt sich eine Kombinationstherapie?

Wir haben in den letzten Monaten bereits mehrfach über die Therapiefortschritte bei der Behandlung der MS berichtet. Über die Vor- und Nachteile der beiden neuen Interferone unterhielten wir uns mit dem Neurologen Dr. Dieter Pöhlau aus Bochum (DAZ 30/97, S. 30-32). Er stellte als Vorteil von Interferon beta 1-a unter anderem die geringere Antikörperbildung heraus. Die Antikörper scheinen die Wirkung der Interferone zu verhindern. Zur Problematik der Antikörperbildung gibt es jedoch noch eine andere Sichtweise, die wir Ihnen in dieser Ausgabe in einem Interview mit Prof. Dr. Robert L. Knobler aus den USA vorstellen. Das Interview wurde im Auftrag der Firma Schering geführt, des Herstellers von Betaferon, und natürlich stehen die Vorteile von Interferon beta-1b im Vordergrund. Ein Fazit, welches der beiden Beta-Interferone besser ist, läßt sich aus den vorliegenden Daten heute noch nicht ziehen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung geht weiter.

Um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung geht es auch bei einem weiteren Beitrag in diesem Heft: Wir stellen die neuen sogenannten COX-2-selektiven Antirheumatika zur Diskussion. Nachdem wir den Wert dieser Substanzen in DAZ 25 nach der derzeitigen Datenlage sehr vorsichtig beurteilt haben, veröffentlichen wir nun eine Stellungnahme des Meloxicam-Herstellers Dr. Karl Thomae GmbH, der sein Präparat mit aktuellen wissenschaftlichen Argumenten wesentlich positiver einstuft.

Außerdem informieren wir Sie über die Wirkungsweise der 5-Aminosalicylate, die zur Behandlung der Colitis ulcerosa eingesetzt werden. Auch für diese Indikation werden neue Substanzen mit weniger Nebenwirkungen und besserer Wirkung entwickelt sowie herkömmliche Arzneistoffe laufend verbessert und weiter erforscht. Was sich sonst noch auf dem internationalen Arzneimittelmarkt tut, können Sie in unserem Überblick ≥Neue Arzneistoffe vor der Markteinführung" nachlesen. Die meisten der aufgeführten Substanzen haben wir Ihnen bereits vorgestellt - damit Sie gerüstet sind und Ihre Ärzte und Kunden kompetent über neue Entwicklungen und Neueinführungen beraten können.

Bettina Hellwig

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