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- DAZ 48/1997
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Die Seite 3
Editorial
Noch vor vier Jahren war Pharmaceutical Care nur eine Worthülse, ohne Leben, wenig konkret, für viele nur ein schlecht aussprechbarer neuer Amerikanismus in der deutschen Sprache, den da die ABDA von Professoren aus Florida übernommen und in ihr Zukunftskonzept geschrieben hat. Wie überhaupt sollte man diesen Begriff korrekt ins Deutsche übersetzen? Fürsorge, Betreuung, Beratung, ja überhaupt was soll das, wir beraten unsere Kunden und Patienten doch schon lange - so steht es jedenfalls in der Apothekenbetriebsordnung. Nach einem ersten ABDA-Symposium vor drei Jahren, das die Fachöffentlichkeit an Pharmaceutical Care heranführen sollte, wurde es erstmal ruhig. Nur hin und wieder erfuhr man, daß Studien in Sachen Pharmaceutical Care vorbereitet werden und einige Seminare und Veranstaltungen waren mit diesem Begriff überschrieben.
Doch das wird sich bald ändern, wie das 2. ABDA-Symposium und die Resonanz darauf zeigte. Mit rund 550 Teilnehmern war es ausgebucht. Es waren diejenigen Apothekerinnen und Apotheker, die erkannt hatten, daß die "Pharmazeutische Betreuung" - auf diesen Terminus konnte man sich mittlerweile verständigen - der Teil unseres Berufes ist, der uns in die Zukunft und in der Zukunft tragen wird. Steckte der Apotheker noch vor einigen Jahren in einer Identifikationskrise ("Apotheker - wozu?"), war er noch bis gestern auf der Suche nach einem Berufsbild für die Zukunft, hat er es heute mit der Pharmazeutischen Betreuung gefunden. Denn deutlich ist zu sehen: Der Apotheker als Arzneimittelhersteller ist verzichtbar, der Apotheker als Arzneimitteldistributeur ist zwar gut, aber zu teuer (Computer und Automaten könnten das auch), der Apotheker als pharmazeutischer Betreuer dagegen ist einzigartig und für unser Gesundheitswesen mehr denn je von Nutzen.
Eine Reihe von Pilotstudien wurden bereits durchgeführt oder laufen noch. Das Interesse unter Apothekerinnen und Apothekern daran teilzunehmen, wächst. Die bei der ABDA für die Etablierung der Pharmazeutischen Betreuung zuständige Arzneimittelinformationsstelle arbeitet an Hilfsmitteln, Werkzeugen und Manualen, um den Einstieg zu erleichtern. Der ABDA-Präsident selbst hat Pharmaceutical Care zur Chefsache erklärt und den Vorsitz der Förderinitiative übernommen. In dieser Angelegenheit reist er zur Zeit durch Deutschland, um bei Pharmafirmen für diese Idee zu werben und sie mit ins Betreuungsboot zu nehmen. Die neue Approbationsordnung wird unter der Bezeichnung "Klinische Pharmazie" bereits Grundlagen für die pharmazeutische Betreuung in der Ausbildung der Pharmazeuten festlegen. Steht der Durchbruch für Pharmaceutical Care bevor?
Wer erkennt, daß in der Pharmazeutischen Betreuung unsere Zukunft liegt, sollte jetzt beginnen, d. h. sich Fachwissen aneignen, Mitarbeiter begeistern, Beratungsplätze einrichten, mit Ärzten kommunizieren, Informationen beschaffen. Er muß wissen, daß es mehr ist als Beratung, daß sich Arbeitsabläufe in der Apotheke ändern werden, daß es aber auch neuen Spaß am Beruf bringt, Kundenbindung, Existenzsicherung und seine Anerkennung als Heilberuf. Denn: Der Apotheker wird in Zukunft Heilberufler sein - oder er wird nicht mehr sein.
Ihr Peter Ditzel
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