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Medizingeschichte: Transplantationen - neue Chancen
Richtig würdigen kann man diesen Fortschritt der Medizin eigentlich nur, wenn man an die vor über 100 Jahren geäußerte Einschätzung des damals weltbesten Chirurgen Professor Christian B. Billroth aus Wien denkt: "Der Chirurg, der jemals versuchen würde, eine Wunde des Herzens zu nähen, kann sicher sein, daß er die Achtung seiner Kollegen für immer verlöre." Und 1896 ergänzte der Historiker Stehen Paget dieses Statement mit der Feststellung: "Die Herzchirurgie hat vermutlich die Grenze erreicht, welche die Natur aller Chirurgie gesetzt hat; keine neue Methode und keine neue Entdeckung kann die natürlichen Schwierigkeiten überwinden, die eine Herzwunde bietet." Doch noch im September desselben Jahres operierte Ludwig Rehn in Frankfurt erfolgreich einen durch Messerstichverletzung entstandenen Herzriß. Womit eine beispiellose Kettenreaktion chirurgischer Pioniertaten eingeleitet wurde ? bis hin zum Einsatz der Herzlungenmaschine, Herzklappen, Herzschrittmachern, Bypassoperationen und schließich der Herztransplantation.
Durchbruch mit Hilfe der Immunsuppressiva
Trotz der mutigen Tat von Christiaan Barnard und erster Erfolge wurde allerdings bald ein Ende dieser Entwicklung vorhergesagt. So meldete 1980 die "Geschichte der Medizin im Spiegel der Kunst": "Langjährige Überlebende (bei den Herztransplantationen) gibt es seit 1977 so gut wie keine mehr, und so hat man das Verfahren nahezu fallengelassen - hauptsächlich deswegen, weil die Abstoßung des frisch verpflanzten Herzens durch den Körper anscheinend nicht unter Kontrolle zu bekommen ist." Doch durch die Erfindung des Medikaments Cyclosporin A, mit deren Hilfe die Abstoßungsreaktionen unterdrückt oder besser beherrscht werden konnten, gelang der Durchbruch. So meldet die aktuelle Bilanz über 40000 Herztransplantationen. Jedes Jahr kommen weltweit über 3000 hinzu. Die Pessimisten von damals haben nicht recht behalten, die vor 30 Jahren meinten: "Gegenwärtig kann kein Mensch länger als 20 Tage mit einem fremden Herzen leben" (so der kanadische Herzchirurg Professor Callaghan) oder: "Es wird in der Transplantationsmedizin keine Sicherheit mehr geben vor Ehrgeiz und Willkür, Charakterschwäche und Ruhmsucht" (so der deutsche Nobelpreisträger Professor Werner Forßmann). Die Optimisten haben sich durchgesetzt. Überlebenszeiten von über 23 Jahren sprechen für sich. Auch, daß mittlerweile etwa 95% das erste Jahr nach einer Herztransplantation überleben und über 50% nach zehn Jahren noch leben.
Mangel an Spenderorganen
Das Hauptproblem bildet nach wie vor der Mangel an Spenderorganen. Das am 1. Dezember in Kraft getretene Transplantationsgesetz mit der erweiterten Zustimmungslösung läßt jedoch hoffen, daß künftig weniger auf Warteliste versterben, sondern daß immer mehr schwerkranken Patienten auch durch eine Herztransplantation geholfen werden kann. Ist das alles für den Apotheker nur ein spannendes Kapitel Medizingeschichte? Keineswegs. Er sollte sich erstens für seine Beratungsfunktion genau über die neue Gesetzeslage informieren. Zweitens kann er auch Informationsschriften mit Organspendeausweisen des Arbeitskreis Organspende auslegen und damit ganz aktiv dazu beitragen, daß die Spendebereitschaft zunimmt. Postkarte genügt an den Arbeitskreis in 62325 Neu-Isenburg, Postfach 1562. Das Engagement wäre eine kostenlose Hilfe mit vielleicht großer Wirkung. Von der morgen oder übermorgen vielleicht sogar der Apotheker, die Apothekerin selbst profitieren könnten. (Siehe auch den Beitrag : "Apotheken informieren zum Thema Organspende").
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