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Arzneimittel und Therapie
Saisonale und perenniale allergische Rhinitis: Mizolastin - ein neues H1-Antihis
Allergische Rhinitis - schwer zu behandeln
Etwa ein Fünftel der deutschen Bevölkerung leidet an einer saisonalen oder perennialen allergischen Rhinitis. Die häufigsten Allergene sind Graspollen und Birkenpollen (saisonal) sowie Hausstaubmilben, Katzenhaare und Schimmelpilze (perennial). Diese Allergene führen bei sensibilisierten Personen zur Histaminfreisetzung aus Mastzellen, Monozyten und Makrophagen, wodurch unter anderem eine allergische Rhinitis ausgelöst werden kann. Die Stimulation der H1-Rezeptoren durch Histamin bewirkt beispielsweise eine erhöhte Kapillarpermeabilität mit Ödembildung sowie eine Konstriktion der Bronchien.
- Wer an der saisonalen allergischen Rhinitis, am Heuschnupfen, leidet, klagt über Konjunktivitis, Niesen, Juckreiz, eine vermehrte Sekretion und eine verstopfte Nase.
- Bei der ganzjährlichen perennialen allergischen Rhinitis verursachen besonders die Obstruktion der Nase und die Sekretion Beschwerden; vergleichsweise schwach ausgeprägt sind hingegen die Symptome Juckreiz, Niesen und Konjunktivitis.
Chronische Urtikaria
Die Urtikaria oder Nesselsucht ist eine häufige Hautkrankheit, die durch Quaddeln und Entzündungsreaktionen an der Haut gekennzeichnet ist. Die Schwellungen, Rötungen und der Juckreiz entstehen vor allem durch die Freisetzung von Histamin aus Mastzellen. Die Quaddeln besitzen einen flüchtigen Charakter; ohne Behandlung vergehen sie nach Minuten oder Stunden, können danach aber wieder an anderer Stelle auftreten. Von einer chronischen Urtikaria spricht man, wenn die Quaddeln länger als sechs Wochen im Jahr andauern. Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der chronischen Urtikaria sind die nicht sedierenden H1-Antihistaminika. Diese helfen jedoch nicht immer. Möglicherweise sind einige Urtikariaformen nicht allergenen, sondern autoimmunen Ursprungs und sprechen daher schlecht auf H1-Antihistaminika an.
Pharmakokinetik
Das Benzomidazol Mizolastin ist ein neues H1-Antihistaminikum, das nicht nur den Histaminrezeptor blockiert, sondern auch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren hemmt. Die Standarddosierung beträgt einmal täglich 10 mg für Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren.
- Mizolastin wird aus dem Magen-Darm-Trakt rasch resorbiert, maximale Plasmakonzentrationen werden nach 1,5 Stunden erreicht. Die Bioverfügbarkeit beträgt 65%.
- Nach oraler Gabe von 10 mg kann bereits nach vier Stunden mit einer etwa 80%igen Hemmung der durch Histamin verursachten Quaddelbildung und Rötung gerechnet werden. Die Wirkung auf Niesreiz und tränende Augen setzt bereits nach 20 Minuten ein.
- Die Eliminationshalbwertszeit beträgt bei einer Plasmaproteinbindung von 98,4% etwa 13 Stunden. Mizolastin ist damit ein langwirkender H1-Antagonist und kann einmal täglich eingenommen werden.
- Zwei Drittel der Substanz werden in der Leber glucuronidiert, das restliche Drittel wird oxidiert.
Die Metaboliten werden überwiegend über den Darm ausgeschieden, aktive Metabolite entstehen nicht. Da beim zweiten Abbauweg das Cytochrom-P450-Enzymsystem beteiligt ist, können bei gleichzeitiger Gabe von Ketoconazol oder Erythromycin die Plasmaspiegel leicht erhöht sein. Eine Dosisanpassung ist trotzdem nicht erforderlich, weder bei eingeschränkter Nierenfunktion noch bei leichter bis mittelschwerer Leberinsuffizienz.
Hohe Rezeptoraffinität
Mizolastin besitzt eine um den Faktor 10 höhere Affinität zum H1-Rezeptor als Terfenadin und Cetirizin sowie eine um den Faktor 20 höhere als Loratadin. Im Tiermodell lassen sich mit Mizolastin histamininduzierte Reaktionen deutlicher hemmen als mit Terfenadin, Cetirizin und Loratadin. Mizolastin wurde in mehr als 30 großen, internationalen klinischen Studien mit insgesamt etwa 4000 Patienten entwickelt. Mizolastin erwies sich dabei als mindestens genauso wirksam wie Terfenadin, Cetirizin und Loratadin, eignet sich aber besser zur Behandlung der nasalen Obstruktion. Auch wenn Mizolastin über mehrere Wochen eingenommen wird, ist kein Wirkverlust feststellbar.
Keine kardiotoxischen Nebenwirkungen
Mizolastin besitzt ein sehr niedriges sedierendes Potential, denn der Stoff ist nicht lipophil und überwindet daher nicht die Blut-Hirn-Schranke. Es beeinflußt daher weder die kognitive Funktion noch die psychomotorische Geschicklichkeit. Mizolastin potenziert weder die sedierenden Effekte des Alkohols noch die der Benzodiazepine und verursacht auch keine anticholinergen Nebenwirkungen. Unter der Behandlung mit Mizolastin sind bisher keine kardiotoxischen Wirkungen beobachtet worden.
Bei den H1-Antihistaminika Terfenadin und Astemizol hingegen sind Herzarrhythmien, torsades de pointes, vereinzelt aufgetreten, wenn diese zusammen mit anderen Arzneistoffen eingenommen wurden. Terfenadin und Astemizol werden in der Leber durch Cytochrom P450 vollständig in ihre aktiven Metaboliten umgewandelt. Ist das Cytochrom P450 schon durch andere Substanzen wie Erythromycin und Ketoconazol belegt, steigt die Konzentration von nicht metabolisiertem Terfenadin und Astemizol, und es kann zu kardiotoxischen Wirkungen kommen.
Entzündungshemmende Wirkung klinisch relevant?
Mizolastin scheint neben der eigentlichen Antihistaminwirkung noch zusätzliche entzündungshemmende Eigenschaften zu besitzen. In einer klinischen Studie an über 200 Patienten mit perennialer allergischer Rhinitis ließ sich mit Mizolastin die nasale Obstruktion, die durch entzündliche Prozesse entsteht, zwar nicht vollständig beheben, die Beschwerden aber doch um 25% mildern. Auf welche Weise Mizolastin antientzündlich wirkt, ist noch unbekannt. Eine Erklärung wäre die Hemmung der Freisetzung und Bildung von Entzündungsmediatoren wie Leukotrienen.
Sollten sich die antientzündlichen Eigenschaften des Mizolastins in der Klinik bestätigen, könnte das auch für solche Urtikaria-Patienten vorteilhaft sein, die an einer pseudoallergischen Krankheitsform leiden. Bei der pseudoallergenen Urtikaria, bei der sich ebenfalls Quaddeln und Entzündungen an der Haut bilden, wirken herkömmliche H1-Antihistaminika schlecht. Mizolastin könnte hier von Vorteil sein, da hier wahrscheinlich Leukotriene eine wichtige Rolle spielen.
Quelle:Prof. Dr. Wolfgang Schmutzler, Aachen, Dr. Jürgen Beck, Le Plessis-Robinson/Frankreich, Prof. Dr. Claus Bachert, Gent/Belgien, Dr. Markus Ollert, München, Launch-Symposium Mizolastin - Ein neuer Meilenstein in der Allergie-Therapie, Prien am Chiemsee, 29. November 1997, veranstaltet von der Firma Synthélabo, Berlin.
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