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Arzneihaftung: Kabinettsentwurf liegt vor
Wie mehrfach berichtet war eine Folge des HIV-Blutskandals Ende der 80er Jahre (mit über 2000 Infizierten) die Forderung nach einem neuen Haftungsrecht. Die SPD hatte dazu vor kurzem einen Gesetzentwurf isoliert für das AMG vorgelegt (DAZ Nr. 11 vom 12. 3.), die Regierung setzt statt dessen auf einen übergreifenden Entwurf, der beispielsweise auch das Straßenverkehrs- oder Luftverkehrsgesetz ändert.
Auskunftsanspruch neu
Wesentliche Neuerung im Kabinettsentwurf ist zum Beispiel die Einführung eines Auskunftsanspruches des Geschädigten gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer sowie den Behörden in zwei neuen Absätzen im Paragraphen 84 des AMG. Wie es in der Begründung heißt, soll dies die beweisrechtliche Lage des Arznei-Geschädigten verbessern. Liegen Anhaltspunkte vor, daß ein Medikament einen Schaden verursacht haben kann, kann der Betroffene Auskunft vom Unternehmer zu Wirkungen, Nebenwirkungen oder auch mögliche unerwünschte Wirkungen verlangen. Allerdings fällt der Anspruch des Geschädigten bei den Fällen weg, in den die Geheimhaltung den überwiegenden Interessen der pharmazeutischen Firma entspricht. Ein Anspruch bestehe auch gegenüber den Behörden, die für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig sind. Anders als bei einer generellen Übertragung der Beweislast auf den Hersteller (Beweislastumkehr) gingen Zweifel am Kausalzusammenhang zwar weiterhin zu Lasten des Geschädigten, so das Bundesjustizministerium (BMJ), dies komme jedoch voraussichtlich in nur wenigen Fällen zum Tragen. Bei einer Beweislastumkehr für die Firmen hätte sich dagegen die Wahrscheinlichkeit von unberechtigten Ansprüchen erhöht.
Der Geschädigte kann Auskünfte auch gegen mehrere Unternehmen richten, soweit für die Schädigung die Präparate verschiedener Firmen in Betracht kommen.
Auch Schmerzensgeld
Neu ist darüber hinaus die Einführung eines Anspruchs auf Schmerzensgeld auch in der Gefährdungshaftung, wenn eine schwerwiegende und dauerhafte Verletzung der Person vorliegt. Im Entwurf heißt es, das deutsche Zivilrecht gewähre Schmerzensgeld bisher fast ausschließlich bei der verschuldensabhängigen Delikthaftung, jedoch nicht bei der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung. Daher soll die bisherige Regelung auf diesen Bereich ausgeweitet werden. Größere Mehrbelastungen erwartet das Bundesjustizministerium für die Arzneimittelhaftung. Anders als die allgemeine Produkthaftung sehe die Haftung nach Paragraph 84 AMG nämlich vor, daß ein Hersteller auch für Entwicklungsrisiken haften soll. Eine isolierte Einführung von Schmerzensgeld für einzelne Tatbestände kommt für das BMJ nicht in Betracht. "Für das Opfer ist es gleichgültig, ob es den Körperschaden aufgrund eines fehlerhaften Arzneimittels, eines fehlerhaften Produkts, einer Umweltbeeinträchtigung oder durch einen Verkehrsunfall erleidet", so die Begründung. Die Bundesregierung sieht das Schmerzensgeld als Querschnittsproblem, das nur einheitlich angegangen werden könne.
Gleichzeitig wird im Regierungsentwurf eine Bagatellgrenze bei der verschuldensabhängigen Schmerzensgeldregelung eingeführt.
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