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Arzneimittel und Therapie
HIV-Infektion: Neuer Reverse-Transkriptase-Hemmer Nevirapin
Als nicht-nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI) blockiert Nevirapin das Schlüsselenzym für die Integration der viralen Erbinformation in das Genom der Wirtszelle. Anders als die Nukleosidanaloga, die das Viruserbgut durch Einbau falscher Nukleotide entschärfen, greifen NNRTI am katalytischen Zentrum der Reversen Transkriptase an.
Dreifachkombination für die Initialtherapie Der Zuwachs im antiretroviralen Arsenal, eine Eigenentwicklung von Boehringer Ingelheim, ist in den gemeinsamen Deutsch-Österreichischen Therapierichtlinien vom vergangenen Dezember bereits berücksichtigt worden. Darin werden weiterhin Dreifachkombinationen für die Initialtherapie empfohlen, die aber nun ebenso aus zwei Nukleosiden und einem NNRTI wie aus zwei Nukleosiden und einem Proteaseinhibitor bestehen können. Die sogenannte INCAS-Studie hat gezeigt, daß sich die Viruslast bei Patienten ohne antiretrovirale Vorbehandlung mit einem Therapieregime aus Zidovudin, Didanosin und Nevirapin unter die Nachweisgrenze von 20 Kopien pro Milliliter drücken läßt. Der Erfolg hält offenbar an - die Studie dauerte immerhin 76 Wochen.
Compliance der Patienten erhalten In der Praxis werden sich wahrscheinlich Regime durchsetzen, die darauf ausgerichtet sind, die Compliance der Patienten und das Spektrum der therapeutischen Optionen so lange wie möglich zu erhalten. Denn die noch vor drei Jahren euphorisch aufgenommene Äußerung amerikanischer Wissenschaftler, HIV sei binnen drei bis fünf Jahren zu eradizieren, wenn man nur früh und hart genug zuschlage, ist der Ernüchterung gewichen. Mindestens sieben bis zwölf Jahre Therapie wird es brauchen, schätzen selbst Optimisten, bis das Virus aus dem Körper verschwunden ist. Möglicherweise muß die Behandlung auch weiterhin lebenslang fortgeführt werden.
Einfacher Einnahmemodus Umso wichtiger ist es, die Infizierten bei der Stange zu halten. Nevirapin könnte aufgrund seines einfachen Einnahmemodus viel dazu beitragen: morgens und abends eine 200-Milligramm-Tablette, keine Vorschriften hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhangs mit den Mahlzeiten. Im Prinzip könnte die Substanz auch einmal am Tag genommen werden; allerdings ist dann mit Schwindelanfällen zu rechnen. In den Labors von Boehringer Ingelheim wird daran gearbeitet, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Die einzige klinisch relevante Nebenwirkung ist ein Arzneimittelexanthem, das jedoch in der Regel so blande ausfällt, daß es die Therapie nicht beeinträchtigt. Sehr selten zwingen schwere Exantheme zum Abbruch der Behandlung. {zt}Medikamentensparende Behandlungsstrategien sind gefragt {te}Kreuzresistenzen treten auch innerhalb der Gruppe der NNRTI auf. Dies ist zusammen mit der Aussicht auf eine lebenslange Therapie ein zwingender Grund, medikamentensparende Behandlungsstrategien zu entwickeln. Ein solches abgestuftes Konzept könnte beispielsweise mit der Zweierkombination Stavudin-Didanosin beginnen und dann über die Kombination Stavudin-Lamivudin-Nevirapin bis Zidovudin, Lamivudin plus Proteaseinhibitor fortgeführt werden.
Quelle Prof. Dr. Alexander Krämer, Bielefeld, Priv.-Doz. Dr. Johannes Bogner, München, Dr. Keikawus Arastéh, Berlin, Einführungspressekonferenz Nevirapin (Viramune®), 18. März 1998, Berlin, veranstaltet von Boehringer Ingelheim, Ingelheim. Manuela Arand, Berlin
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