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Arzneimittel und Therapie
Stoffwechsel: Wann ist Insulin für Typ-II-Diabetiker sinnvoll?
Typ-I-Diabetiker profitieren nach den Ergebnissen des Diabetes Control and Complications Trial von einer verbesserten Blutzukkereinstellung. Mit sinkenden Hämoglobin-A1C(HbA1C)-Werten treten mikrovaskuläre Komplikationen an Augen, Nerven und Nieren deutlich seltener auf.
Auch Typ-II-Diabetiker adäquat behandeln Ob der Blutzucker auch bei Typ-II-Diabetikern strenger eingestellt werden sollte als bisher üblich, ist umstritten. Die American Diabetes Association empfiehlt, Typ-II-Diabetiker mit einem HbA1C-Wert über 8% zu behandeln und einen Zielwert von 7% oder weniger anzustreben. Nach diesen Kriterien wäre ein Großteil der 7 bis 8 Millionen bekannten Typ-II-Diabetiker in den USA unterbehandelt.
Patienten müssen motiviert sein In prospektiven Studien konnte Insulin die Blutzuckerkontrolle bei Typ-II-Diabetikern verbessern. Unter optimalen Bedingungen sank der HbA1C-Wert um 2%. Demnach dürfte eine intensive Behandlung den HbA1C-Wert bei den meisten hochmotivierten Patienten unter 7% und bei fast allen Patienten unter 8% senken. Allerdings sind die Studienbedingungen weit von der tatsächlichen klinischen Praxis entfernt. Daher wurden im Rahmen einer großen Kohortenstudie - der Type II Diabetes Patient Outcomes Research Team (PORT) Study - Wirksamkeit, Nebenwirkungen und der Mehraufwand einer neu begonnenen Insulintherapie bei Typ-II-Diabetikern unter Realbedingungen untersucht.
Auswertung der Daten von 8668 Typ-II-Diabetikern
Der Bericht enthält die Daten von 8668 Typ-II-Diabetikern in einer Gesundheitsorganisation im Nordwesten der USA. Sie wurden zwischen 1990 und 1993 von Allgemeinärzten betreut. Registriert wurden
• die Art der blutzuckersenkenden Behandlung,
• der HbA1C-Wert als Maß für die Güte der Blutzuckereinstellung und
• die Inanspruchnahme medizinischer Hilfen (Krankenhausaufenthalte, ambulante Arztbesuche, Labormaßnahmen, Blutzuckerselbstkontrolle).
In einer Untergruppe aus 1738 Patienten machten die behandelnden Ärzte detaillierte Angaben über die Diabetesschwere und die Zahl der Begleiterkrankungen (mit dem Total Illness Burden Index als Maß) sowie über die in Anspruch genommenen medizinischen Maßnahmen.
Insulintherapie für 735 Patienten Insgesamt begannen 735 Patienten in den Jahren 1991 und 1992 eine Insulintherapie. Der HbA1C-Wert sank vom Jahr vor dem Therapiebeginn bis zum Jahr danach von durchschnittlich 9,3% um 0,9% auf 8,4%. Die Wirkung war bei Patienten mit zuvor schlechter Blutzuckerkontrolle am stärksten: Bei einem Basiswert von 13% nahm der HbA1C-Wert dreimal stärker ab als bei einem Basiswert von 9%. Die Blutzuckereinstellung verbesserte sich nach dem ersten Jahr im Durchschnitt nicht mehr. Sie war nicht vom behandelnden Arzt abhängig. Im Vergleich zur Zeit vor der Insulintherapie stieg die Zahl der jährlichen ambulanten Arztbesuche um 2,9. Gleichzeitig nahmen die Laborkosten zu.
Insulintherapie effizienter gestalten
In der Untergruppe der 1738 Patienten mit genaueren Angaben wendeten 17% keine Antidiabetika an, und 49% nahmen orale Sufonylharnstoffe ein. 34% der Patienten spritzten sich Insulin, davon zwei Drittel zweimal täglich. Von den Insulinanwendern erzielten nur 15% einen HbA1C-Wert unter 7% und 40% einen HbA1C-Wert von maximal 7,9%. 35% (mit Sulfonylharnstoffen 25%) hatten sogar einen HbA1C-Wert über 9%. Zwar berichteten 17% der Insulinanwender, daß sie mindestens einmal wöchentlich Symptome einer Hypoglykämie hätten. Schwere Hypoglykämien mit Aufnahme ins Krankenhaus traten jedoch nur zu 0,5 Fällen auf 100 Patientenjahre auf. Die Zahl der Notaufnahmen war nicht höher als unter Sulfonylharnstoffen. Insulinanwender nahmen mehr medizinische Leistungen in Anspruch als Patienten mit Sulfonylharnstoffen: Sie besuchten häufiger einen Arzt (jährlich 2,4 Besuche mehr), verursachten etwas mehr Laborkosten und benötigten pro Jahr fast 300 zusätzliche Teststreifen zur Blutzuckerselbstkontrolle.
Demnach senkt eine konventionelle Insulintherapie unter Praxisbedingungen den HbA1C-Wert nur etwa halb so stark wie unter optimalen Studienbedingungen. Diese bescheidenen Verbesserungen erfordern einen erheblichen Mehraufwand an Arzt- und Labor-/Testkosten.
Dennoch sollte man bei Typ-II-Diabetikern nicht auf eine gute Blutzuckereinstellung verzichten. Immerhin geht rund die Hälfte aller mikrovaskulären Diabeteskomplikationen im Endstadium (mit ihren erheblichen Kosten) auf das Konto dieses Diabetestyps. Um die Insulintherapie effizienter gestalten, könnte man
• neue Methoden des Patientenmanagements, z. B. Telefonkontakte, einsetzen,
• anstelle der konventionellen Insulintherapie intensiver behandeln, z.B. bei mehr Patienten Sulfonylharnstoffe plus Insulin verordnen,
• zumindest die Patienten mit einem hohen Risiko für mikrovaskuläre Komplikationen (z. B. diejenigen, bei denen der Diabetes vor dem 50. Lebensjahr festgestellt wurde) behandeln.
Literatur Colwell, J. A.: Controlling type II diabetes. J. Am. Med. Assoc. 278, 1700 (1997). Hayward, R. A., et al.: Starting insulin therapy in patients with type 2 diabetes. J. Am. Med. Assoc. 278, 1663-1669 (1997). Susanne Wasielewski, Münster
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