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Über Rezeptsammelstellen schwebt ein Damoklesschwert
Zu Beginn seines Berichtes stellte Kammerpräsident Ernst-Heinrich Wehle einige mögliche gesundheitspolitische Konsequenzen der Bundestagswahlen dar. Dabei erwähnte er insbesondere die von der SPD angestrebte Dreiteilung des Arzneimittelmarktes für die Berechnung der Zuzahlung und die Möglichkeiten, auf dem Umweg über Modellversuche neue Versorgungsstrukturen zu etablieren. Zudem strebe die SPD an, den Risikostrukturausgleich der Krankenkassen auszubauen, während die bisherige Regierung ihn abschaffen wollte.
Zentraler Inhalt des Berichtes des Kammerpräsidenten waren die Konsequenzen aus dem Versandhandelsverbot, das mit der 8. AMG-Novelle eingeführt wurde. Wehle appellierte an die Apotheker, diese bedeutsame Regelung nun auch konsequent gegen sich selbst gelten zu lassen. Das Versandhandelsverbot werde auch bei der vorgesehenen Novellierung der Apothekenbetriebsordnung Anwendung finden, so daß dort nur eine Ausnahme im begründeten Einzelfall zu erwarten sei. Dies bedeute konkret ein Verbot des Versands von Sprechstundenbedarf und Impfstoffen, auch aus Apotheken. Durch die Gesetzesnovelle werde der Arzneimittelversand, der "sensationelle Mengen und Entfernungen erreicht" habe, nun unterbunden. Nach Einschätzung von Wehle würden einzelne Bundesländer bereits versuchen, für den Bedarf ihrer eigenen Einrichtungen die strenge Regelung des AMG zu unterlaufen, indem sie beispielsweise Höchstentfernungen in Anlehnung an die Krankenhausversorgung zulassen wollten. Doch sei dies ebenso unzulässig wie die Einrichtung zentraler Beschaffungsstellen. Auf die Frage nach den Auswirkungen auf den Betrieb von Rezeptsammelstellen konnte Wehle keine Antwort geben. Die ABDA habe sich hierzu bisher nicht geäußert, doch schwebe ein Damoklesschwert über den Rezeptsammelstellen. Aus Schleswig-Holsteinischer Sicht erweise es sich nun als Vorteil, daß die Vergabe von Rezeptsammelstellen vergleichsweise restriktiv gehandhabt worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, daß die Zustellung durch pharmazeutisches Personal bereits eine Einschränkung im Vergleich zum sonstigen Versandhandel darstelle. Ob dieser Unterschied genüge, um die 8. AMG-Novelle zu erfüllen, sei derzeit allerdings unklar.
Apothekertag in München
Versandhandel und Rezeptsammelstellen seien auch Gegenstand von Anträgen für den Deutschen Apothekertag in München. Weitere Anträge befaßten sich mit Nahrungsergänzungsmitteln. Hierzu warnte Wehle vor übertriebenen Erwartungen an den Gesetzgeber. Durchsetzbar erscheine allenfalls eine Deklarationspflicht für Art und Menge des Inhalts, Dosierung und Verwendungszweck. Andere Einschränkungen oder eine Zulassungsstelle seien nicht durchsetzbar, so wünschenswert dies auch sei. Weitere Anträge beträfen die Novellierung der Apothekenbetriebsordnung. Hierzu werde diskutiert, ob nur noch grundsätzliche Richtlinien festgelegt werden sollten. Doch könnten derart verminderte Auflagen später als Argument für eine Spannenkür-
zung herangezogen werden. Diskutiert werde auch der Vorschlag, Pharmaceutical Care als gesetzliche Pflicht zu etablieren. Ein anderer Antrag setze sich für eine deutliche Kennzeichnung von Arzneimitteln für Krankenhäuser ein, damit diese Ware nicht anderweitig eingesetzt werden könne.
Praxisnahe Arzt-Apotheker-Kooperation
Ein weiterer Punkt der Tagesordnung befaßte sich mit einem Modell zur Etablierung eines Arzt-Apotheker-Gesprächskreises. Dr. Noack, Bad Segeberg, berichtete, daß ein Vortrag von Prof. Dr. Blume vor knapp zwei Jahren den Anstoß für eine erfolgreiche Gesprächsrunde zwischen Ärzten und Apothekern auf lokaler Ebene gegeben habe. Die neutrale Thematik, die Qualität von Arzneimitteln, habe entscheidend zur Akzeptanz bei den Ärzten beigetragen. Gemeinsam mit den Ärzten werde nun an Konzepten gearbeitet, wie die Regeln des Arzneiliefervertrages zur Auswahl preisgünstiger Generika bei Aut-idem-Verordnungen sinnvoll und praktikabel umgesetzt werden können. Hierbei konzentriere man sich bewußt auf ausgewählte Wirkstoffe mit unproblematischer Bioverfügbarkeit.
"Unfreundlicher Akt" der Krankenkassen
Große Aufmerksamkeit erhielten Berichte aus dem Kreis der Delegierten über Vereinbarungen des Landes Schleswig-Holstein mit den Krankenkassen über Impfungen gegen Hepatitis B an den Schulen. Das Land wolle öffentliche Impfungen in den 6. Klassen durchführen, da die Impfempfehlung für Hepatitis B bisher unzureichend angenommen werde. Die geringe Zahl von Impfungen bei niedergelassenen Ärzten erklärten einzelne Delegierte mit Schwierigkeiten bei der Kostenübernahme der Impfungen durch die Krankenkassen. Offenbar seien lokale Vertretungen der Krankenkassen unzureichend informiert. Außerdem fürchteten viele Ärzte Regresse angesichts der teuren Impfung, obwohl diese für Jugendliche kostenlos durchzuführen sei. Wehle faßte zusammen, daß die Impfmüdigkeit viele Ursachen habe. Doch setze er im Zweifel auf private Initiativen. So könnten auch die Apotheken zur Aufklärung über die Hepatitis-B-Impfung beitragen. Statt dessen beschritten die Krankenkassen den dirigistischen Weg. Obwohl das Vorgehen der Krankenkassen bei dieser öffentlich empfohlenen Impfung formal nicht zu beanstanden sei, sähen die Apotheken dies als unfreundlichen Akt an. Denn so ginge der Umsatz der Impfstoffe an den Apotheken vorbei.
Erfolgreiches Versorgungswerk
Den Jahresabschluß 1997 des Versorgungswerkes der Apothekerkammer Schleswig-Holstein stellte Dr. Stefan Zerres vor. Zum Jahresende 1997 war die Mitgliederzahl auf 2025 angestiegen. Im Berichtsjahr übertrafen die Kapitalerträge mit 26,67 Mio. DM erstmals deutlich die Höhe der Mitgliedsbeiträge von 24,44 Mio. DM. Dies sei insbesondere durch die guten Erträge der Anlagen in Aktienfonds und den vergleichsweise hohen Anteil des Aktienvermögens von 17,8% zu erklären. Nach Schwierigkeiten in früheren Jahren zeichne sich beim Immobilienvermögen für die Zukunft eine günstigere Entwicklung ab. Insgesamt belief sich das Kapital zum Jahresende auf 330 Mio. DM. Von den Erträgen gelten nur 13,25 Mio. DM als versicherungsrechtlicher Überschuß, da der restliche Betrag für die Anpassung an neue Sterbetafeln für Freiberufler verwendet wird. Die hierfür insgesamt erforderlichen 56 Mio. DM sollen im Laufe von vier Jahren in die Deckungsrückstellung eingebracht werden. Prof. Dr. Udo Beer stellte mögliche Zukunftsaussichten dar. Die von der SPD angestrebte Abschaffung der Befreiungsmöglichkeit der Angestellten von der gesetzlichen Rentenversicherung würde die Versorgungswerke der Apotheker in besonderer Weise treffen, da sie den höchsten Anteil von Angestellten unter den neuen Mitgliedern haben. So würde das Eintrittsalter künftiger neuer Mitglieder erheblich ansteigen. Es erweise sich daher als günstig, daß die Rentenkalkulation für die bisherigen Mitglieder keinen Zugang neuer Mitglieder unterstellt. Doch könnten bei einem höheren Eintrittsalter neuer Mitglieder künftige Erhöhungen der Anwartschaften geringer ausfallen. Hauptbetroffene wären die Jahrgänge des künftigen Berufsnachwuchses.
tmb
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