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- DAZ 44/1998
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Arzneimittel und Therapie
Reboxetin - ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
Eine Depression kann als psychoendokrinologische Störung angesehen werden, die auf biochemischer Ebene unter anderem durch eine verminderte Konzentration der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin gekennzeichnet ist. Ziel der Pharmakotherapie ist daher eine Erhöhung der Neurotransmitterkonzentration. Dies kann entweder durch Hemmung des Abbaus oder Hemmung der Wiederaufnahme des freigesetzten Neurotransmitters in das Neuron erfolgen. Ob überwiegend das serotonerge oder adrenerge System beeinflußt werden soll, hängt von der Depressionssymptomatik ab.
Noradrenerges und serotonerges System kontrollieren Stimmungen und Gefühle
Das noradrenerge System beeinflußt in erster Linie Interesse, Motivation und Aktivität sowie Stimmung und Angst, während das serotonerge System an der Kontrolle von Aggression und Impuls sowie ebenfalls Stimmung und Angst beteiligt ist. So wird bei einer Depression, die sich vor allem in Antriebsarmut äußert, eher ein Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer eingesetzt, bei Zwangsstörungen eher ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer.
Bei der Auswahl eines Antidepressivums muß ferner berücksichtigt werden, daß die unterschiedlichen Rezeptorbindungen eines Wirkstoffs auch für die unerwünschten Wirkungen verantwortlich sind. Da Antidepressiva über längere Zeit eingenommen werden müssen, sind die Nebenwirkungen eines Medikaments für die Compliance - und somit für den Therapieerfolg - von großer Bedeutung.
Mit Hilfe selektiver Antidepressiva soll die Depression spezifisch nach ihrem klinischen Erscheinungsbild behandelt und die Nebenwirkungsrate niedrig gehalten werden. Nachdem mit Fluoxetin ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer entwickelt wurde, steht nun mit Reboxetin (Edronax(r)) ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer zur Verfügung.
Selektive Wiederaufnahmehemmung von Noradrenalin
Reboxetin hemmt selektiv die Noradrenalin-Wiederaufnahme. Die Serotonin-Wiederaufnahme und Dopaminaufnahme werden nicht signifikant beeinflußt. Reboxetin weist keine Affinität zu histaminergen, muscarinisch cholinergen und alpha1-, alpha2- und beta-adrenergen Rezeptoren auf. Reboxetin besitzt ein lineares pharmakokinetisches Profil. Die empfohlene therapeutische Dosis beträgt zweimal täglich 4 mg Reboxetin.
Gute Wirksamkeit und wenig unerwünschte Wirkungen
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Reboxetin wurden in diversen klinischen Studien mit ungefähr 2700 depressiven Patienten untersucht. In diesen Studien wurde Reboxetin sowohl mit Plazebo als auch mit trizyklischen Antidepressiva (Desipramin, Imipramin) sowie mit dem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Fluoxetin verglichen. Die wichtigsten Aussagen dieser Studien sind:
- Reboxetin ist mindestens so wirksam wie Imipramin und Desipramin, weist aber ein besseres Verträglichkeitsprofil auf.
- Reboxetin ist bei schweren Depressionen (Major Depression) wirksamer als Fluoxetin.
- Reboxetin verbessert die sozialen Aktivitäten (unter anderem gesellschaftliches Engagement, Einhaltung sozialer Gewohnheiten, Geselligkeit, Selbstwahrnehmung, Interesse, Selbstzufriedenheit, soziale Attraktivität) in größerem Umfang als Fluoxetin.
- Reboxetin ist auch bei akuten Depressionen wirksam.
- Die Wirkung von Reboxetin setzt bereits nach 10 Tagen ein.
- Reboxetin ist auch zur Rezidivprophylaxe geeignet.
- Reboxetin beeinträchtigt die kognitiven Funktionen und psychomotorischen Leistungen nicht; insbesondere bleibt die Fahrtüchtigkeit erhalten.
- Die Suizidrate (Suizid und Suizidversuch) lag unter einer Reboxetintherapie bei 0,3% (im Vergleich dazu lag die Rate unter der Fluoxetintherapie bei 0,5%, unter Plazebo bei 0,6% und unter Imipramin bei 1,0%).
- Reboxetin weist nur ein geringes Interaktionspotential auf und führt zu keiner beachtenswerten Induktion des Cytochrom-P450-Systems.
- Unerwünschte Wirkungen sind aufgrund der Rezeptorselektivität nur schwach bis mäßig. Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen Mundtrockenheit, Verstopfung, Schlaflosigkeit, Schwitzen, Tachykardie, Miktionsstörungen und Impotenz. Die Therapieabbruchrate aufgrund unerwünschter Wirkungen betrug in der Plazebogruppe 7,5%, in der Reboxetingruppe 8%. Im Vergleich zu Fluoxetin traten unter der Reboxetintherapie mehr adrenerge Nebenwirkungen, aber weniger Übelkeit auf.
Quelle
Prof. Dr. Hans-Jürgen Möller, München, Prof. Dr. Siegfried Kasper, Wien, Prof. Dr. Gerd Laux, Wasserburg, Prof. Dr. Stuart Montgomery, London, Pressekonferenz und Satelliten-Symposium "Noradrenaline and serotonin in depression: consensus and controversies" im Rahmen des "9th Congress of the Association of European Psychiatrists", Kopenhagen, 20. September 1998, veranstaltet von Pharmacia & Upjohn, Erlangen.
Dr. Petra Jungmayr, Esslingen
1 Kommentar
Artikel dringend überarbeiten!
von Geheimente am 31.01.2020 um 11:09 Uhr
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