- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 46/1998
- Hämorrhoiden ...
Arzneimittel und Therapie
Hämorrhoiden stadiengerecht behandeln
Hämorrhoiden können eine Vielzahl von unterschiedlichen Beschwerden verursachen. Dazu gehören Jucken, Brennen und Nässen, Blutungen und Schleimabsonderungen, Schmerzen, Druck und Fremdkörpergefühl sowie Knotenbildungen.
Je nach Art der Beschwerden kommen unterschiedliche Therapiemaßnahmen in Frage. Die Basistherapie von Hämorrhoidalleiden beinhaltet immer eine ballaststoffreiche Ernährung mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr. Bei leichten Juckreiz- oder Nässebeschwerden reicht eine normale, aber täglich durchzuführende Analhygiene aus. Der Patient sollte den Anus mit lauwarmem oder kühlem Wasser ohne Seife abspülen. Anschließend können Pflegepasten aufgetragen werden. Hierzu sind handelsübliche Babycremes gut geeignet. Bei Mazerationen sollte die betroffene Stelle trocken geföhnt werden.
Mit Sklerosierungsmitteln, einer Ligatur oder einer Operation können weiter fortgeschrittene und blutende Hämorrhoiden zurückgebildet werden. Verschiedene Topika lindern die sekundär, meist perianal auftretenden Beschwerden bei Hämorrhoiden und ihren Begleiterscheinungen und können ebenfalls zur Heilung beitragen.
Hämorrhoiden-Suppositorien sind obsolet
Perianal werden vor allem Salben, Cremes, Pasten und Sprays eingesetzt, zur intraanalen Anwendung eignen sich Analtampons, beispielsweise Zäpfchen mit Mulleinlage. Suppositorien sind zur Behandlung von Hämorrhoidalleiden obsolet, da sie in die Ampulle des Rektums hochwandern, sich dort mit dem Stuhl vermischen und ausgeschieden werden, ohne ihre Wirkung an den richtigen Stellen entfalten zu können.
Zur Lokaltherapie eignen sich
- Lokalanästhetika, die beispielsweise in Analtampons enthalten sind,
- nichtsteroidale Antiphlogistika,
- Glucocorticoide, die bei schweren Ekzemen kurzfristig eingesetzt werden können,
- Adstringenzien bei nässenden Analekzemen.
Diese Substanzen wurden von der WHO als "essential drugs" zur Behandlung von Hämorrhoidalleiden eingestuft. Weitere Zusätze, beispielsweise Heparin oder Desinfektionsmittel sind nicht sinnvoll. Bei Kombinationspräparaten erhöht sich das Allergierisiko.
Die Grundlage für sogenannte Hämorrhoidenmittel sollte nicht fettig sein, da es dann zur Mazeration der behandelten Stellen kommen kann. Eine hydrophile Grundlage ist zu bevorzugen.
Stadiengerechte Therapie
Im akuten nässenden Stadium von Analekzemen gilt der Grundsatz "feucht auf feucht". Hier sollten Solutionen oder Lotionen und keine Cremes eingesetzt werden. Am besten eignen sich in diesem Stadium Farbstofflösungen, zum Beispiel mit Pyoktanin, oder Lotio alba. Farbstofflösungen wirken stark austrocknend und sollten daher nur wenige Tage lang angewendet werden.
Glucocorticoide eignen sich zur initialen Behandlung von schweren nässend-rhagadiformen Ekzemen. Sie sollten nur kurzzeitig - etwa acht Tage lang - angewendet werden, da bei einer längeren Anwendung eine Schleimhautatrophie droht.
Bei chronischen Leiden empfehlen sich Teerpräparate sowie Salben, Cremes und Pasten, beispielsweise die "Weiche Zinkpaste DAB 10".
Ist ein Spasmus des Schließmuskels die Ursache für die Beschwerden, kann Glyceroltrinitrat-Salbe helfen, beispielsweise 0,2%ig in Vaseline. Die NO-Freisetzung führt zu einer Relaxation des Schließmuskels. Ein derartiges Fertigpräparat kommt in Frankreich 1999 auf den Markt, bei uns ist diese Salbe nicht für die Anwendung bei Hämorrhoidalleiden zugelassen.
Eine weitere Möglichkeit zur Relaxation des Sphinkters ist der Einsatz von Botulinumtoxin, das aber ebenfalls nicht für diese Indikation zugelassen ist.
Weitere Erkrankungen im Analbereich
Neben den Hämorrhoiden gibt es noch zahlreiche weitere Erkrankungen im Analbereich, die zum Teil kausal behandelt werden können, beispielsweise Pilzinfektionen mit Antimykotika. Perianale Mykosen sind meist nur Sekundärinfektionen bei vorbestehendem Ekzem. Wichtig ist hier die Sanierung des meist wegbereitenden Hämorrhoidalleidens.
Bei perianaler Psoriasis kann Dithranol-Paste oder Calcipotriol eingesetzt werden. Ein Herpes simplex kann im Anfangsstadium mit Aciclovir behandelt werden. Sind bereits Läsionen aufgetreten, eignet sich Zinkpaste.
Kondylome, Feigwarzen, müssen chirurgisch entfernt werden, wenn sie sehr groß sind. Kleinere Kondylome können lokal mit Podophyllotoxin und mit dem jetzt neu auf den Markt gekommenen Imiquimod (Aldara-Creme(r) 5%) behandelt werden. Imiquimod wirkt über eine Freisetzung von Interferon in den betroffenen Hautstellen. Da es die Haut reizt, sollte es nur dreimal wöchentlich eingesetzt werden.
Erstattungsfähig oder nicht?
Derzeit können alle Hämorrhoidenmittel für Kassenpatienten verordnet werden, der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen überprüft derzeit aber die Verordnungs- und Erstattungsfähigkeit von Proktologika. Auf jeden Fall erstattungsfähig bleiben Verödungsmittel, Lokalanästhetika als Monopräparate sowie externe Glucocorticoide. Venenmittel und Mischpräparate werden in Zukunft nicht mehr erstattet werden.
Als Folge dieser Einschränkungen werden Mittel zur Behandlung von Hämorrhoiden in Zukunft häufiger ohne Arztbesuch in der Apotheke nachgefragt werden. Bei der - einfühlsamen - Beratung sollten diese Patienten auf den notwendigen Besuch beim Facharzt hingewiesen werden, da sich hinter zahlreichen Symptomen von Hämorrhoidalleiden auch ernstere Erkrankungen verbergen können, beispielsweise ein Rektumkarzinom.
Quelle
Dr. Bernhard Lenhard, Heidelberg, Dr. Jens Kirsch, Mannheim, Arno Berger, Ludwigshafen, Benno Leyerer, Darmstadt, Wolfgang Kempf, Viernheim, Prof. Dr. Volker Wienert, Aachen, Dr. Uwe Löffler, Ludwigshafen; 11. Kurpfälzisches Koloproktologen-Gespräch, Großkarlbach, 24. Oktober 1998, unterstützt von Sagitta, Ludwigshafen,
Dr. Bettina Hellwig, Stuttgart
Imiquimod, Aldara, Feigwarzen, Calcipotriol, Aciclovir
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.