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- DAZ 6/1998
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Arzneimittel und Therapie
Therapie der Osteoporose: Milch alleine ist zu wenig
Die Osteoporose als Alterserscheinung abzutun, wäre aus medizinischer und volkswirtschaftlicher Sicht grob fahrlässig. Auf der Basis von Daten der Betriebskrankenkassen konnte nämlich gezeigt werden, daß in Deutschland jährlich etwa 150000 Patienten einen Oberschenkelhalsbruch erleiden, die häufigste Folge einer Osteoporose (im Vergleich: 180000 Herzinfarktpatienten). Rechnet man Akutversorgung, Rehabilitation und Pflege zusammen, summieren sich die Aufwendungen pro Jahr auf zehn Milliarden Mark. Die Hälfte der Frakturen ließe sich durch angemessene Prävention und Behandlung der Osteoporose verhindern, so das Ergebnis prospektiver Doppelblindstudien. Vom Patienten selbst scheinen Wirbelbrüche und Oberschenkelhalsfrakturen vom Krankheitswert und Leidensdruck ähnlich hoch eingestuft zu werden wie ein Herzinfarkt.
Positive Kosten-Nutzen-Relation: die Knochendichtemessung Zu den diagnostischen Möglichkeiten in der Osteoporosebehandlung gehört die Knochendichtemessung, die derzeit auf der Liste möglicher Sparmaßnahmen der Krankenkassen steht. Die Kosten-Nutzen-Relation wird dagegen von den Osteoporose-Experten positiv beurteilt. Die Knochendichtemessung durch Laborparameter zu ersetzen, ist nicht möglich - und wäre auch aus Kostengründen nicht sinnvoll. Ebenso wichtig wie die Diagnosestellung sind bei der Osteoporose wirksame medikamentöse Therapien zur Verhinderung von Wirbelbrüchen und Oberschenkelhalsfrakturen.
Calcium und Vitamin D - Biphosphonate und Fluoride Als Basistherapie zur Prävention der Osteoporose und ihrer Folgeerscheinungen gilt eine optimale Calciumzufuhr, bei älteren Patienten eventuell in Kombination mit Vitamin D, sowie ausreichende körperliche Aktivität. Biphosphonate als antiresorptive Substanzen bewirken eine Verbesserung der Mineralisation des Knochens, allerdings keinen Massenzuwachs. Fluoride dagegen wirken osteoanabol, das heißt, sie führen zu einer echten Verdickung des Knochens. Ein zu rascher Anstieg der Knochendichte, zu dem es bei hohen Fluoridgaben kommt, führt allerdings zu einem minderwertigen Knochengewebe. Ideal scheinen Anstiegsraten von 4 bis 6 Prozent pro Jahr zu sein. Dies kann durch eine niedrig dosierte Therapie mit 15 bis 20 mg verfügbaren Fluoridionen pro Tag erreicht werden. Biphosphonate und Fluoride eignen sich prinzipiell für die Früh- und Spättherapie der Osteoporose - je nach individueller Situation des Patienten. Für konkrete, allgemeingültige Empfehlungen scheint es noch zu früh zu sein. Sicher ist jedoch, daß bei postmenopausalen Frauen nach wie vor die Östrogensubstitution an vorderster Stelle präventiver bzw. frühtherapeutischer Maßnahmen steht. Ist die Hormonsubstitution allerdings kontraindiziert, kann die kombinierte Gabe von Calcium und Fluorid bereits in der Frühtherapie eine Alternative sein.
Kombinierte Therapie mit Calcium und Fluoriden Der Vorteil einer kombinierten Calcium-Fluorid-Therapie im Vergleich zur Calciummonotherapie läßt sich in verschiedenen Studien zeigen. So lag in einer Therapiestudie mit 134 Frauen die Zahl der Wirbelbrüche nach drei Jahre unter der Kombinationstherapie deutlich niedriger als unter der Behandlung mit Calcium - unabhängig davon, ob die Patientinnen Natriummonofluorphosphat kontinuierlich oder intermittierend erhielten. Entsprechend weniger Patientinnen erlitten innerhalb des Beobachtungszeitraums einen Oberschenkelhalsbruch, nämlich 9 bzw. 17 in den beiden Fluoridgruppen gegenüber 30 in der Calciumgruppe. Ähnlich positiv waren Untersuchungen an 60 Männern mit idiopathischer Osteoporose im Stadium 1, die ebenfalls über drei Jahre entweder nur mit Calcium oder intermittierend mit Calcium/Natriummonofluorphosphat behandelt wurden. Unter der Kombinationstherapie stieg die Knochendichte um 3% jährlich, während die Dichtewerte unter der Behandlung mit Calcium leicht zurückgingen. Am Studienende war die Zahl der Patienten mit Kombinationstherapie, die eine manifeste Osteoporose hatten, deutlich niedriger. Besonders positiv auf die Knochendichte scheint bei postmenopausalen Frauen die Kombination einer Hormonersatztherapie mit Natriummonofluorphosphat zu wirken. Innerhalb von einem Jahr stieg die Knochendichte unter der Therapie mit Natriummonofluorphosphat um 2,4%, unter Hormonersatztherapie um 4% und unter der Kombination um 11,8%.
Probleme der Fluoridtherapie - und wie man sie in den Griff bekommt
Die Fluoridtherapie ist vor einigen Jahren in die Diskussion geraten. Inzwischen wurden neue Kenntnisse gewonnen, wie sie sich optimal gestalten läßt:
• Die Fluoridtherapie sollte zur Unterstützung der Knochenbildung durch regelmäßige Bewegung ergänzt werden.
• Um eine Untermineralisation zu verhindern, muß zusätzlich immer Calcium, bei älteren Patienten eventuell auch Vitamin D, eingenommen werden. Natriummonofluorphosphat-Präparate sind im Gegensatz zu Natriumfluorid gleichzeitig mit Calcium applizierbar.
• Um negativen Effekten von Fluoriden auf die kortikalen Knochen vorzubeugen, muß mit einer vergleichsweise niedrigen Dosis von 10 bis 20 mg pro Tag therapiert werden. So wird die Ausbildung eines unreifen, mechanisch minderwertigen Knochen verhindert.
• Die Behandlungsdauer sollte maximal drei bis vier Jahre betragen. Tritt eine Niereninsuffizienz auf, muß die Therapie beendet werden.
• Die Dosis sollte reduziert werden, wenn die alkalische Phosphatase um 50% ansteigt. Ein generelles Monitoring der Serumfluoridspiegel gilt als zu aufwendig.
• Wenn Schmerzen im Bereich der Sprunggelenke auftreten, sollte eine Therapiepause von drei bis vier Wochen eingelegt werden.
Quelle Prof. Dr. H. W. Minne, Bad Pyrmont, Prof. Dr. J.-D. Ringe, Leverkusen, Dr. J. Semler, Berlin. Einführungspressekonferenz von Fluoril® "Stellenwert der Fluoride bei der Behandlung der Osteoporose", München, 16. Januar 1998, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.
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