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Arzneimittel und Therapie
Thrombozytenaggregationshemmer: Neue Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten
Ursache der meisten kritischen kardiovaskulären Ereignisse - dazu zählen Herzinfarkt, instabile Angina pectoris und plötzliche Arterienverschlüsse nach Angioplastien - ist eine Thrombenbildung. Zur Auflösung dieser Thromben werden zum Beispiel die gentechnisch hergestellten Gewebeplasminogenaktivatoren Alteplase und Reteplase sowie das bakterielle Enzym Streptokinase eingesetzt, als Kombinationspartner haben sich Acetylsalicylsäure und Heparin bewährt. Für die Langzeittherapie eignen sich Acetylsalicylsäure, Dipyridamol, Ticlopidin, Phenprocoumon und Warfarin, um einer erneuten Thrombenbildung vorzubeugen.
Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten Eine neue Generation von Thrombozytenaggregationshemmern, die Glykoprotein (GP)-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten, wird zur Zeit zur Behandlung oder Vorbeugung von Herzinfarkten, instabiler Angina pectoris und von Komplikationen im Zusammenhang mit Revaskularisationsverfahren (Wiederöffnen verschlossener Koronararterien) entwickelt. Die meisten dieser Substanzen sind intravenös zu verabreichen und deshalb nicht für die ambulante Behandlung geeignet. Lediglich ein einziges dieser neuen Arzneimittel steht bereits zur Verfügung: der monoklonale Antikörper Abciximab (ReoPro®), der während Revaskularisationsverfahren und bis zu 24 Stunden danach intravenös verabreicht wird.
Klinische Bedeutung Eine der wichtigsten Fragestellungen ist, welche Bedeutung den neu entwickelten GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten zur Vorbeugung und zur Behandlung der genannten Indikationen zukommt. 24 bis 48 Stunden nach einer perkutanen transluminalen Koronarangioplastie (PTCA) liegt das Risiko eines erneuten Verschlusses einer geöffneten Arterie bei etwa 5 Prozent. Ein erneuter Verschluß kann tödlich enden, einen späteren Herzinfarkt verursachen oder eine Bypass-Operation notwendig machen. Zusätzlich besteht bis zu 6 Monaten nach dem Eingriff ein erhöhtes Risiko der Bildung von Thromben, was gleichfalls zu den genannten Folgen führen kann. In mehreren Studien wurde bereits nachgewiesen, daß diesen Risiken mit den GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten wirksamer vorgebeugt werden kann als mit der bisherigen Standardtherapie allein, und zwar insbesondere nach einer perkutanen transluminalen Koronarangioplastie, einem Verfahren, bei dem mit einem aufblasbaren Ballon verschlossene Arterien wieder geöffnet werden. Neue, oral zu verabreichende GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten werden derzeit für die Anwendung während einer PTCA und bis zu 6 Monaten danach geprüft. Eine verlängerte Therapie mit oral verabreichten GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten könnte - falls diese sich als sicher und wirksam erweisen sollten - die Häufigkeit von kardiovaskulären Ereignissen effektiver senken als die intravenös verabreichten Medikamente. Die Schutzwirkung könnte so auch auf anderen Stellen ausgedehnt werden, an denen es zur Bildung von Thromben kommen kann.
Vergleich mit den bisher eingesetzten Thrombozytenaggregationshemmern Die zur Bildung eines Thrombus führende komplexe Kettenreaktion beginnt mit der Verletzung einer Blutgefäßwand, wie sie bei einer Angioplastie oder der Ruptur einer atherosklerotischen Plaque vorkommen kann. Thrombozyten bleiben an der verletzten Gefäßwand haften und beginnen, die Verletzung zu verschließen, während weiterhin immer mehr Thrombozyten zu der Stelle hinwandern. Die Thrombozyten sammeln sich an der verletzten Stelle und vernetzen sich zu großvolumigen Aggregaten, die schnell zur Bildung eines Thrombus führen können. Die GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten unterscheiden sich von den anderen bekannten Wirkstoffen wie Acetylsalicylsäure, Heparin und Phenprocoumon in ihrem Angriffspunkt. Dieser ist der letzte Schritt der Thrombenbildung, bei dem eine Vernetzung der Thrombozyten durch Bindung an Fibrinogen erfolgt. Im Gegensatz zu Thrombolytika, wie Gewebe-Plasminogenaktivator und Streptokinase, die Thromben erst auflösen, wenn sie schon vorhanden sind, verhindern GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten die Bildung von Thromben. Thrombolytika werden daher vorwiegend bei der Notfallbehandlung von Herzinfarkten verwendet. GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten hingegen können schon vorbeugend eingesetzt werden, damit sich Thromben gar nicht erst bilden können. Ähnlich wie bei anderen Thrombozytenaggregationshemmern wurde auch bei GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten eine gesteigerte Blutungsneigung festgestellt. In mehreren Studien stellte sich jedoch heraus, daß diese Blutungen wirksam vermindert werden können, wenn die Heparindosis an das Körpergewicht des Patienten angepaßt wird und GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten niedriger dosiert werden, wenn sie in Kombination mit Heparin oder anderen Substanzen eingesetzt werden.
Studien mit oral zu verabreichenden Wirkstoffen Zu mindestens zwei oral verabreichbaren Wirkstoffen laufen derzeit multizentrische, internationale Phase-III-Studien. Die Firma Searle erwartet, mit dem von ihr entwickelten Wirkstoff Xemilofiban den ersten oral zu verabreichenden GP-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten auf den Markt bringen zu können. Die EXCITE-Studie (Evaluation of Oral Xemilofiban in Controlling Thrombotic Events) wird die bisher umfangreichste Studie mit PTCA-Patienten sein. Sie soll Aufschluß bringen, ob die Behandlung mit Xemilofiban über einen längerne Zeitraum nach einer PTCA die Häufigkeit von kardiovaskulären Ereignissen senken kann, die durch Thrombenbildung verursacht werden. In einer früheren Phase-II-Studie mit Xemilofiban, an der 549 Patienten teilnahmen, wurde während einer vierwöchigen Behandlungsperiode für Xemilofiban Sicherheit, gute Verträglichkeit und wirksame Hemmung der Thrombozytenaggregation um 50 bis 80 Prozent nachgewiesen. Orbofiban soll über einen längeren Zeitraum (d.h. über 6 Monate hinausgehend) zur Vorbeugung von Thrombenbildung und deren Folgen eingesetzt werden. Diese Substanz hat inzwischen ebenfalls die Phase III der klinischen Studien erreicht.
Quelle Pressemitteilung der Heumann Pharma, Nürnberg
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