Kommentar

Vitaminisieren

Der Selbstmedikation in Deutschland ging es im vergangenen Jahr nicht so gut. Wie die neuesten Zahlen der Selbstmedikationsindustrie zeigen, drückten vermutlich die hohen Zuzahlungen die Kauffreudigkeit der Patienten in diesem Sektor. Auch den Ärzten fließen nicht mehr so leicht die Namen rezeptfreier Präparate aus der Feder auf den Rezeptblock. Die Angst vor Budgetüberschreitung sitzt tief.

Ein Rückgang des Apothekenumsatzes von 1 % wertmäßig bei rezeptfreien und selbstgekauften Arzneimitteln und 3 % nach Packungen ist zwar noch nicht dramatisch, aber er widerspricht Prognosen eines boomenden Gesundheitsmarktes für Apotheken. Immerhin zog der Markt im ersten Quartal 1999 wieder um rund vier Prozent an.

Außerhalb von Apotheken stellt sich ein uneinheitliches Bild dar. Während hier Discounter kaum eine Rolle spielen, mischen Drogeriemärkte (+4%) und Verbrauchermärkte (+20%) bereits kräftig im Markt der freiverkäuflichen Präparate mit. Hier sollten wir die Entwicklung unbedingt verfolgen.

In diesem Zusammenhang ist die Meldung von großem Interesse, dass der niederländische Nahrungsmittelhersteller Numico, der vor allem mit klinischer Ernährung, Baby- und Diätkost rund 2,7 Mrd. DM Umsatz macht, den amerikanischen Vitaminhändler GNC (General Nutrition Companies), Pittsburgh, gekauft hat. GNC, in den USA Marktführer für Herstellung und Vertrieb von Vitaminpillen und Mineralstoffpräparaten, führt außerdem ein reichhaltiges Sortiment an freiverkäuflichen Präparaten gegen Rheuma, Grippe und Herz-Kreislaufbeschwerden. Eine eigene Ladenkette, die GNC-Stores, aufgemacht wie eine Apotheke, sind über das Land verbreitet. Mit der Übernahme durch die starke holländische Numico erhält nun GNC eine Zugang zum europäischen Markt.

Möglicherweise ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten GNC-Läden auch in Deutschland eröffnet werden: z. B. freundliches Personal in einem fein aufgemachten Ladenlokal mit netter Atmosphäre und mit Regalen aus edel wirkendem Holz, die regaloptimiert dicht voll gepackt sind mit freiverkäuflichen Arzneimitteln aller Art, angefangen bei hübschen Teepackungen über Stärkungsmittel, Phytos und Sportlerkraftnahrung bis hin zur großen Palette der Nahrungsergänzungsmittel einschließlich der Vitamine und Mineralstoffe.

Ich möchte nicht schwarz malen - aber solche höchst professionell aufgemachten "Para-Apotheken" könnten uns den Selbstmedikationsmarkt empfindlich wegbröckeln lassen. Hinzu kommt, dass jetzt nach dem Sturz des Preiskartells die Preise für Vitamine sinken dürften. Noch ist es nicht so weit. wir können unserem Selbstmedikationssortiment noch eine Vitaminspritze - und nicht nur die - verpassen. Tun Sie's!

Peter Ditzel

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