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Arzneimittel und Therapie
Atemwegsinfektionen: Der Kampf mit den resistenten Bakterien
Die Leiterreger von oberen und unteren Atemwegsinfektionen sind weitgehend identisch und bestehen aus Haemophilus influenzae, Pneumokokken, Mischungen beider Keime sowie Moraxella catarrhalis. Seltener kommen Streptokokken sowie weitere gramnegative Erreger vor. Bei allen Formen von Atemwegsinfektionen können atypische Erreger wie Mykoplasmen und Chlamydien in Einzelfällen nachgewiesen werden. Theoretisch können alle genannten Keime durch Gabe von Antibiotika bekämpft werden. Die Tatsache, dass die Erreger zunehmend Resistenzen gegen die unterschiedlichen Antibiotikagruppen ausbilden, erschwert allerdings die Therapie.
Ständig zunehmende Antibiotikaresistenzen
Seit Einführung der Antibiotika zur Behandlung von Infektionskrankheiten wird ein ständiger Verlust an therapeutischer Aktivität einzelner Substanzen oder Substanzgruppen registriert. Insbesondere die Resistenz gegen Penicillin und Makrolidantibiotika hat stark zugenommen. Mehr als 70% aller Staphylococcus-aureus-Stämme sind mittlerweile resistent gegenüber Penicillin, über 30% der E.coli-Stämme gegenüber Aminopenicillin, und über 10% der Streptococcus-pneumoniae-Stämme reagieren nicht mehr auf eine Behandlung mit Tetracyclin und Erythromycin.
Damit nicht genug, haben viele der Bakterienstämme inzwischen die Fähigkeit entwickelt, sich gegen mehrere Antibiotikagruppen gleichzeitig zu verteidigen. Die Zahl derartiger multiresistenter Bakterienstämme in Deutschland ist im internationalen Vergleich zwar noch gering, sie steigt aber zunehmend an und ist bereits heute nicht mehr zu vernachlässigen.
Cephalosporine sind die Mittel der Wahl
Ziel der Therapie von Atemwegsinfektionen ist die schnellstmögliche Heilung der Patienten durch Gabe eines alle Keime umfassenden Atemwegsantibiotikums. Dieses sollte nicht nur rasch wirksam, sondern auch gut verträglich sein, möglichst keine bakteriellen Resistenzen provozieren und aufgrund der besseren Compliance nur einmal täglich verabreicht werden müssen.
Als "First-line"-Präparate gelten für die Behandlung akuter bakterieller Infektionen der oberen und unteren Luftwege nach den Therapieempfehlungen der verschiedenen Fachgesellschaften derzeit die Cephalosporine. Diese werden aufgrund ihres Wirkspektrums in die erste bis dritte Generation eingeteilt. Während die erste Generation lediglich Staphylokokken und Streptokokken bekämpft und somit nur für die Behandlung der Streptokokken-Tonsillitis geeignet ist, erfassen die Vertreter der zweiten und dritten Generation alle atemwegsrelevanten Keime, wobei die dritte Generation die höchste Beta-Laktamase-Stabilität besitzt und somit auch Problemkeime wie Haemophilus influenzae zuverlässig eradiziert.
Ceftibuten: wirksam und verträglich
Ein Vertreter der dritten Generation der Cephalosporine ist Ceftibuten, dessen klinische Wirksamkeit seit der Einführung im Jahr 1993 an über 20000 Patienten dokumentiert wurde. Ceftibuten zeichnet sich durch eine gute klinische Wirksamkeit, lange Halbwertszeit, hohe Plasmakonzentrationen und eine Resorptionsrate von ca. 90% aus. Die Substanz ist gut verträglich, Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen wurden in der Vergangenheit nicht beobachtet. Dadurch eignet sich Ceftibuten für die Anwendung bei Kindern und bei älteren multimorbiden Patienten mit bakteriellen Infektionen der oberen und unteren Luftwege. In der Regel wird Ceftibuten einmal täglich über fünf Tage verabreicht.
Anwendungsbeobachtung: keine Zunahme der Resistenz
Um Aussagen darüber machen zu können, ob und inwiefern sich seit der Einführung von Ceftibuten Änderungen in der klinischen Wirksamkeit bei den Hauptdiagnosen akute exazerbierte chronische Bronchitis und akut bakterielle Sinusitis ergeben haben, wurde vor kurzem eine Anwendungsbeobachtung an der HNO-Klinik der Städtischen Kliniken Bielefeld durchgeführt.
84 Patienten mit einer akuten bakteriellen Sinusitis und 50 Patienten mit einer antibiotikapflichtigen akuten exazerbierten chronischen Bronchitis wurden in die Studie eingeschlossen. Die Behandlung erfolgte nach Stellung der Diagnose und Indikationsüberprüfung mit 400 mg Ceftibuten einmal täglich. Die Behandlungsdauer betrug bei der Sinusitis durchschnittlich 6,6 Tage, bei der Bronchitis 7,9 Tage. Die Abklärung des Keimspektrums zu Beginn der Therapie erfolgte bei 92,8% der Sinusitis-Patienten und bei 62% der Bronchitis-Patienten. Es fanden sich erwartungsgemäß bei der Sinusitis folgende Erreger:
- Haemophilus influenzae,
- Moraxella catarrhalis,
- Pneumokokken,
- Staphylococcus aureus und
- weitere gramnegative Keime.
Bei der Bronchitis fanden sich zusätzlich in 5,6% der Fälle E. coli. Unter der Behandlung mit Ceftibuten erfolgte in beiden Gruppen eine rasche Symptombesserung (Mittelwert: 3,5 Tage). Die Messung des C-reaktiven Proteins (CRP) als sensitivem Verlaufsparameter der akuten Entzündung zeigte bei Behandlungsbeginn bei den Sinusitispatienten einen Mittelwert von 40,3 mg/l und sank auf 10,2 mg/l posttherapeutisch. Bei der Bronchitis lag der CRP-Wert anfangs bei 51,9 mg/l (Mittelwert) und sank auf 14,5 mg/l (Mittelwert).
92,5% der Sinusitis-Patienten kamen mit einer 5-Tages-Therapie aus, nur 7,5% benötigten eine längere Behandlung. Die klinische Wirksamkeit bei der Bronchitis mit Therapiedauer von etwa 5,5 Tagen betrug 89,4%. Die Verträglichkeit war mit 94,8% gut bis sehr gut. Unerwünschte Ereignisse traten bei 7 Patienten auf, wobei es sich überwiegend um leichte Beschwerden im gastrointestinalen Bereich handelte.
Die Anwendungsbeobachtung des Jahres 1999 mit den Diagnosen akute bakterielle Sinusitis sowie antibiotikapflichtige akute exazerbierte Bronchitis ergab somit keine Abnahme der Wirksamkeit von Ceftibuten bzw. keine Zunahme der Antibiotikaresistenz.
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