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Arzneimittel und Therapie
Dialyse-Behandlung: NESP – ein neues Erythropoetin-Analogon mit verlänger
In Deutschland gibt es rund 50000 Menschen mit Niereninsuffizienz, die auf eine regelmäßige Dialyse angewiesen sind, sowie 20000 bis 30000 so genannte prädialytische Patienten. In den USA leiden mehr als 360000 Patienten unter terminaler Niereninsuffizienz. Hauptgründe für ein Nierenversagen sind Diabetes mellitus und Hypertonie, weitere Gründe sind die Glomerulonephritis und Zysten. Mit dem steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt auch die Zahl der Diabetiker und Hypertoniker und damit auch die Zahl der Dialyse-Patienten.
Gründe für ein Nierenversagen
- Der wichtigste Grund für Nierenschäden ist Diabetes mellitus, der für über 40% aller Neuerkrankungen verantwortlich ist. Bei Diabetikern werden die Blutgefäße in den Nieren beeinträchtigt und verlieren allmählich ihre Fähigkeit, das Blut zu filtern.
- Bluthochdruck ist für 26% aller Niereninsuffizienzen verantwortlich. Der hohe Blutdruck schädigt die kleinen Arterien in der Niere und verschlechtert dadurch die Fähigkeit dieses Organs, den Blutdruck zu kontrollieren. Dieser Circulus vitiosus führt zu einer progressiven Verschlechterung der Nierenfunktion.
- Zu einer Glomerulonephritis kommt es, wenn die Blutgefäße in den Nieren durch eine Entzündung, beispielsweise bei einer Streptokokken-Infektion, geschädigt werden.
- Zysten sind flüssigkeitsgefüllte Hohlräume in den Nieren, die Deformationen und Funktionsverluste auslösen können. Die polyzystische Nierenerkrankung ist eine Erbkrankheit, bei der zahlreiche Zysten gebildet werden.
Typische Stoffwechselstörungen
Trotz Flüssigkeits- und Elektrolytbilanzierung kann mit der Dialyse-Behandlung nur eine Annäherung an die normale Homöostase erreicht werden, die Nieren lassen sich nicht vollständig ersetzen. Auch wenn niereninsuffiziente Patienten bei adäquater Behandlung ein weitgehend normales Leben führen können, müssen sie sich daher auf zahlreiche negative Auswirkungen der Therapie einstellen.
So treten nach längerfristiger Behandlung häufig typische Stoffwechselstörungen auf, beispielsweise des Knochen-, Eisen-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels (Hypercholesterolämie) und des Elektrolyt-, Wasser- und Säure-Base-Haushalts. Folgeerkrankungen sind unter anderem die so genannte Dialyse-Arthropathie und -Osteopathie, Hypertonie, Anämie und Neuropathie. Außerdem kann als Folge eines erhöhten Phosphatspiegels ein sekundärer Hyperparathyroidismus auftreten.
Mögliche Ursachen für diese Störungen sind unter anderem der Verlust der endokrinen Funktionen der Niere, die behandlungsbedingte diskontinuierliche bzw. ungenügende Elimination von Stoffwechselprodukten und eventuell im Dialysat vorhandene schädliche Substanzen.
Folgeerkrankung Anämie
Wenn die glomeruläre Filtrationsrate unter den Grenzwert von 30 ml/min sinkt, entwickeln die meisten Patienten eine Anämie. Die Folgen des reduzierten Sauerstoffgehalts im Blut sind Schwäche, Müdigkeit und leichte Ermüdbarkeit, Schlaflosigkeit, reduzierte Sexualfunktion, Konzentrationsschwierigkeiten, Anorexie, Kurzatmigkeit und Brustschmerzen bei koronarer Herzkrankheit.
Eine weitere Auswirkung der Anämie ist eine erhöhte Arbeitsbelastung für das Herz: Wenn die Anämie fortschreitet und die Blutviskosität sinkt, sinkt ebenfalls der periphere Gefäßwiderstand. Als Folge erhöht sich der Blutrückstrom zum Herzen und der Ausstoß der Herzens, die Arbeitsbelastung des Herzens steigt also. Durch diese laufende Überladung kann das Herz seine Leistung bei Belastung nicht weiter erhöhen. Als langfristige Konsequenzen können Angina pectoris und Herzinsuffizienz auftreten. Außerdem kann es durch die verminderte Blutgerinnung zu einer verlängerten Blutungszeit und vermehrt zu blauen Flecken kommen.
Hauptursache ist mangelndes Erythropoetin
Die Hauptursache der Anämie bei Dialyse-Patienten ist das mangelnde Erythropoetin. Normalerweise produzieren die Nieren mehr als 90% dieses blutbildenden Hormons, die Leber stellt den Rest her. Als messbare Folge der Niereninsuffizienz sinken die Hämatokrit-Werte bei Dialyse-Patienten stark ab. Der Hämatokrit steht für den Gesamtanteil der zellulären Bestandteile am Blutvolumen, ausgedrückt als Volumen-Prozent. Der Normwert liegt bei etwa 47% für Männer und 42% für Frauen. Als Minimalwert wird für Dialyse-Patienten ein Wert zwischen 33 und 36% empfohlen.
Behandlung mit Epoetin alfa
Vor 1989 wurde die Anämie bei Dialyse-Patienten mit nur geringem Erfolg mit Bluttransfusionen und mit Androgenen behandelt. Bei Eisenmangelanämien wurden und werden zusätzlich orale oder parenterale Eisenpräparate eingesetzt. 1989 wurde das rekombinante Erythropoetin Epoetin alfa (Epogen®) in die Therapie eingeführt, und damit konnte vielen Dialyse-Patienten geholfen werden: Durch die Behandlung mit Epoetin alfa stiegen die Hämatokrit-Werte im Mittel von unter 20% auf bis zu über 30%. Damit war für viele Dialyse-Patienten wieder eine akzeptable Lebensqualität erreicht. Dennoch haben auch heute noch ein Viertel aller Dialyse-Patienten einen Hämatokrit von unter 30%, bei vielen liegt dieser Wert sogar nur bei 25%.
NESP - ein neues Erythropoetin-Analogon
NESP (Novel Erythropoiesis Stimulating Protein) ist ein neues rekombinantes hyperglykosyliertes Erythropoetin-Analogon mit einem Kohlenhydrat-Anteil von 52%, für Epoetin alfa liegt dieser Wert bei 38%.
NESP unterscheidet sich vom nativen Erythropoetin durch den Austausch von fünf Aminosäuren und das Einfügen von zwei zusätzlichen N-verknüpften Sialinsäure-haltigen Kohlenhydrat-Seitenketten. Der Sialinsäure-Anteil von Erythropoetin ist für seine metabolische Stabilität in vivo essenziell. Die zusätzlichen Sialinsäure-Reste führen bei NESP zu einer verlangsamten metabolischen Clearance und damit zu einer verlängerten Halbwertszeit. Dadurch werden längere Dosierungsintervalle möglich: NESP muss nur einmal pro Woche bis einmal alle zwei Wochen gegeben werden.
NESP befindet sich derzeit in Phase III der klinischen Prüfung. Nach neuesten vielversprechenden Daten der Phase-III-Prüfung erhält NESP die Hämoglobinspiegel genauso effektiv wie rekombinantes Epoetin alfa (EPO), das ein- bis zweimal pro Woche verabreicht werden muss. In einer randomisierten kontrollierten Studie in Europa und Australien mit 522 Patienten mit Hämodialyse oder Peritonealdialyse wurden NESP und Epoetin alfa miteinander verglichen. Die Hämoglobinspiegel, die benötigte Wochendosis und die Notwendigkeit für eine Dosisanpassung war in beiden Gruppen vergleichbar, auch wenn die Patienten nur jede zweite Woche mit NESP behandelt wurden. Beide Gruppen unterschieden sich weder in den unerwünschten Wirkungen, Therapieabbrüchen noch Todesfällen. Antikörper gegen NESP wurden bis jetzt nicht beobachtet.
NESP kann jedoch nicht nur anämischen Dialyse-Patienten helfen, auch die Zulassung bei Anämien aus anderen Gründen wird angestrebt, beispielsweise nach einer Behandlung mit Zytostatika, bei rheumatoider Arthritis, AIDS und Zidovudin-Therapie, myelodysplastischem Syndrom und Sichelzellanämie.
NESP (Novel Erythropoiesis Stimulating Protein) ist ein neues rekombinantes hyperglykosyliertes Erythropoetin-Analogon, das bei Dialysepatienten angewendet wird, um eine Anämie zu behandeln. NESP muss nur einmal pro Woche bis einmal alle zwei Wochen gegeben werden. Nach neuesten Daten der Phase-III-Prüfung, welche die Firma Amgen vorstellte, erhält NESP die Hämoglobinspiegel genauso effektiv wie rekombinantes Epoetin alfa (Epogen), das ein- bis zweimal pro Woche verabreicht werden muss.
Hämodialyse und Peritonealdialyse
Bei der Hämodialyse (sog. Blutwäsche) wird das Blut extrakorporal in einem Dialysator gereinigt. Bei einer Dauerdialyse, normalerweise in einem Dialysezentrum, wird dreimal pro Woche dialysiert, bei akutem Nierenversagen und zur Entgiftung alle 12 bis 24 Stunden. Während einer Behandlung von 3 bis 4 Stunden werden etwa 50 l Blut umgesetzt.
Bei der Peritonealdialyse werden etwa 2 l einer sterilen Reinigungslösung, des Dialysates, in die freie Bauchhöhle infundiert. Der Stoffaustausch erfolgt über das Peritoneum als Membran. Durch wiederholtes Wechseln des Dialysates kann ein hohes Konzentrationsgefälle aus dem Blut in das Dialysat aufrecht erhalten werden. Die so genannte kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse wird alle 5 Stunden viermal täglich tagsüber durchgeführt.
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