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Mikrobiologie
S. SchelerNanobakterien – Ursache für Nierens
Die Entdeckung neuer Krankheitserreger ruft zumeist ein beachtliches Medieninteresse hervor. Selbst wenn schon lange bekannte Erkrankungen mit unbekannter Ursache sich als Auswirkungen infektiösen Geschehens entpuppen - erinnert sei z. B. an Helicobacter pylori als Auslöser des peptischen Ulcus -, finden oft schon erste Hinweise auf eine solche Kausalität ein rasches Echo, nicht nur in der Fachpresse.
Ebenso stehen Blutkonserven und Blutprodukte mit ihrem nicht gänzlich ausschließbaren Kontaminationsrisiko seit Jahren im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit. Ohne merkliches Interesse der Fachwelt beschäftigt sich jedoch seit mehr als acht Jahren eine finnische Forschergruppe intensiv mit einer neuen, bis dahin unbekannten Bakterienspezies, deren Vorkommen u. a. in menschlichem Blut nachgewiesen werden konnte und auf deren Beteiligung an humanpathologischen Prozessen ernstzunehmende Indizien hinweisen.
Nanobakterien als Zellkulturkontaminanten
Vor knapp zehn Jahren entdeckten die Forscher an der Universität von Kuopio im Arbeitskreis von E. O. Kajander (Department of Biochemistry and Biotechnology) jene Mikroorganismen bei der Arbeit mit Säugetierzellkulturen. Als Quelle der Kontamination wurden die als Nährmedien verwendeten handelsüblichen fötalen Kälberseren (FBS) identifiziert. Die neuentdeckten Keime ließen sich in 80% der untersuchten Chargen dieser bis dahin als steril angesehenen Kulturmedien nachweisen [1].
Viren und Mykoplasmen, Mikroorganismen also, die durch ihre geringe Größe oder durch das Fehlen einer starren Zellwand Entkeimungsfilter passieren können, sind als potenzielle Kontaminanten von Zellkulturseren seit langem bekannt. Auch so genannte L-Formen (L = Lister) von Staphylokokken - Zwergformen mit einer gestörten Zellwandsynthese - finden sich zuweilen in Zellkulturen, da sie häufig resistent gegen die in den Kulturen verwendeten Antibiotika sind.
Morphologie und Taxonomie
Die in Finnland entdeckten Mikroorganismen unterscheiden sich jedoch grundlegend von allen bekannten Zellkulturkontaminanten [2, 3]. Mit Durchmessern zwischen 50 und 500 nm sind die kokkoiden Bakterien die kleinsten bislang bekannten von einer Zellwand umgebenen Mikroorganismen. Demgegenüber liegt die durchschnittliche Länge einer Bakterienzelle zwischen 0,5 und 5 µm, Kokken haben in der Regel einen Durchmesser von etwa 1 µm. Ihrer geringen Größe wegen erhielten die neuentdeckten Lebewesen die Bezeichnung Nanobakterien, mit dem Artnamen Nanobacterium sanguineum.
Drei Isolate dieser Einzeller wurden in der Deutschen Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen (DSM) in Braunschweig hinterlegt (Nr. 5819-5821) [4]. Aufgrund der Genotypisierung ihrer 16S rRNA-Sequenz - dem heutzutage gebräuchlichsten Verfahren zur Aufklärung phylogenetischer Verwandtschaftsbeziehungen - lassen sich Nanobakterien der α-2-Untergruppe von Proteobakterien zuordnen, welcher auch die klinisch bedeutsamen Gattungen Brucella und Bartonella angehören [4].
Im Gegensatz zu diesen sind Nanobakterien jedoch weder mit den üblicherweise in der Bakteriendiagnostik verwendeten Reagenzien färbbar, noch lassen sie sich in herkömmlichen Bakteriennährmedien anzüchten. Unter Standardbedingungen (37°C, 5 bis 10% CO2 / 90 bis 95% Luft) vermehren sie sich jedoch in allen gebräuchlichen Zellkulturmedien für Säugetierzellen, so auch in serumfreien Medien, wie Dulbecco's Modified Eagle Medium (DMEM). In diesem konnten Subkulturen, bei einmonatigen Passagezeiten, bereits über einen Zeitraum von 5 Jahren fortgezüchtet werden. Mit einer Generationszeit von 3 bis 5 Tagen ist die Wachstumsgeschwindigkeit dieser Mikroorganismen außergewöhnlich gering [5].
Resistenzeigenschaften
Nanobakterien werden von Entkeimungsfiltern mit einem Porendurchmesser von 0,22 µm zu einem großen Teil nicht zurückgehalten. Gegen Hitzeeinwirkung (90°C, 1h) und Gammastrahlen (60Co) bis 15 kGy verhalten sie sich außergewöhnlich resistent [6]. Erst mit höheren Strahlendosen (25 kGy) lassen sich Nanobakterien abtöten. Somit erweisen sie sich als ähnlich widerstandsfähig wie z.B. Bacillus pumilus, der als besonders resistenter Testkeim zur Überprüfung von Strahlensterilisationsverfahren eingesetzt wird.
Gegenüber Penicillinen und Aminoglykosid-Antibiotika in üblichen bakteriziden Konzentrationen sind Nanobakterien unempfindlich. Erst hohe Konzentrationen von Aminoglykosiden vermögen ein Wachstum zu verhindern. Bei klinisch erreichbaren Plasmaspiegeln wirken auch Tetracycline bakteriostatisch gegen diese Mikroorganismen [7].
Biomineralisation als Charakteristikum
Eine herausragende Eigenschaft von Nanobakterien ist ihre Fähigkeit zur Biomineralisation, d.h. der Bildung von Carbonat-Apatit (Ca5(PO4)3 (½CO3) = 3 Ca3(PO4)2 x CaCO3), welcher in Abhängigkeit von dem umgebenden Medium in unterschiedlichen Formen, von nadelförmigen Kristallablagerungen bis hin zu dicken Schalen oder Schichten, in Erscheinung treten kann.
Bemerkenswert ist, dass die Bildung der Apatit-Kristalle bei neutralem pH-Wert und physiologischen Calcium- und Phosphat-Konzentrationen stattfindet (1,8 mmol/l Ca, 0,9 mmol/l P). Die Bakterien heften sich, unter den Bedingungen einer serumfreien Kultur, an den Gefäßboden und umgeben sich innerhalb einer Woche jeweils mit einer mehrere Mikrometer dicken Mineralschicht. In serumhaltigen Kulturmedien bilden sich nach zwei Monaten weiße, knochenartige Biofilme, die bereits mit bloßem Auge sichtbar sind [8].
Eingebettet in die Hohlräume des mineralischen Materials, sind die Bakterien gut geschützt gegen physikalische Einflüsse und den Kontakt mit mikrobiziden Agenzien. Unter diesem Aspekt muss die spezielle Empfindlichkeit gegen Tetracycline im Zusammenhang mit der Anreicherung dieser Antibiotika in calciumhaltigen mineralischen Strukturen gesehen werden.
Nachweisverfahren
Da herkömmliche Färbemethoden versagen, werden für die lichtmikroskopische Detektion unterschiedliche Fluoreszenzverfahren eingesetzt: Bei der DNA-Färbung mit Hoechst 33258 erfolgt die spezifische Darstellung doppelsträngiger DNA-Moleküle durch Anlagerung eines interkalierenden Fluoreszenzfarbstoffes mit Bisbenzimid-Struktur. Eine zweite Methode basiert auf der indirekten Immunofluoreszenz und verkörpert gleichzeitig ein selektives immunologisches Nachweisverfahren für diese Bakterienart. Spezifisch gegen Nanobakterien gerichtete monoklonale murine Antikörper besetzen dabei die ihnen entsprechenden Epitope auf der Zelloberfläche. Nach Zugabe von Fluoreszenz-markiertem Anti-Maus-IgG koppelt dieses an die bereits gebundenen Antikörper und ermöglicht eine mikroskopische Detektion im ultravioletten Licht.
Für den immunologischen Nachweis von Nanobakterien vertreibt die von den Entdeckern dieser Mikroorganismen gegründete Fa. Abcell (Kuopio, Finnland) einen ELISA-Test, dessen Funktionsprinzip die Bindung zweier monoklonaler Antikörper an jeweils ein spezifisches Protein- und ein Kohlenhydrat-Epitop auf der Bakterienoberfläche ist. Der proteinbindende Festphasenantikörper fängt die Bakterienzellen aus der flüssigen Phase ab, während der kohlenhydratbindende, Peroxidase-markierte Antikörper in gelöster Form sich den nunmehr quantitativ immobilisierten Zellen anlagert. Nach Auswaschen der ungebundenen Anteile ist die Geschwindigkeit der an der Festphase katalysierten Enzymreaktion ein Maß für die Anzahl der in der Probe befindlichen Bakterienzellen. Der Test besitzt eine Nachweisgrenze von 200 Partikel pro Milliliter.
Vorkommen und Verbreitung
Neben ihrem Vorkommen in fötalen Kälberseren für Zellkulturzwecke konnten Nanobakterien bezeichnenderweise auch in humanem und equinem Blut sowie in menschlichem Urin gefunden werden. Erste epidemiologische Daten über die Verbreitung dieser Mikroorganismen wurden in der finnischen Bevölkerung ermittelt. So wurden Nanobakterien u.a. in 4% der Blutproben von Medizinstudenten der Universität von Kuopio nachgewiesen [9]. Sie könnten durchaus ein bislang unbeachtetes potenzielles Risiko für Blutkonserven, Blutprodukte und durch Zellkulturverfahren gewonnene Arzneimittel darstellen, wobei der heutige Kenntnisstand ein endgültiges Urteil keinesfalls zulässt.
Zytotoxizität
Nanobakterien besitzen in mehrfacher Hinsicht ein zytotoxisches Potenzial: Von murinen und humanen Fibroblasten (z.B. Maus-Embryo-Fibroblasten der Zellinie 3T6, ATCC CCL 96) werden sie rasch phagozytiert und finden sich nach kurzer Zeit in Zellvakuolen. Das bedeutet, dass physiologischerweise nicht-phagozytierende Zellen von Nanobakterien effizient angeregt werden können, diese in sich einzuschließen [10]. Zahlreiche Hinweise deuten auf eine rezeptorvermittelte Endozytose oder eine vergleichbare Art des transmembranären Transports. Nach zwei Tagen lassen sich intra- und extrazelluläre Calcifizierungen sowie in vielen Fällen Veränderungen des Zellkerns erkennen. Bei den meisten infizierten Zellen kommt es daraufhin - erkennbar an charakteristischen morphologischen Abnormitäten - zum programmierten Zelltod, der Apoptose.
Im Gegensatz zu anderen Zellkulturkontaminanten ist eine Konkurrenz um Nährstoffe als Ursache der Zytotoxizität auszuschließen. Vielmehr scheint diese toxinvermittelt zu sein oder durch Produkte des lysosomalen Bakterienzerfalls hervorgerufen zu werden, da auch durch Gammastrahlen abgetötete Nanobakterien zytotoxisches Verhalten erkennen lassen [4].
Nanobakterien wurden als eine Ursache für häufig in Säugetierzellkulturen beobachtete, unerwartete Vakuolisations- und Lyseprozesse erkannt. In der Praxis wird jedoch ein derartiges Geschehen nur dann evident, wenn die Bakterienkonzentration im Vergleich zu den kultivierten Säugetierzellen sehr groß ist. Mit einer Verdopplungszeit von 3 bis 5 Tagen vermehren sich Nanobakterien jedoch bedeutend langsamer als die meisten der kultivierten Zelllinien. Probleme können aber z.B. bei Langzeitkulturen auftreten, in deren Verlauf keine Vermehrung der angezüchteten Zellpopulation stattfindet, so dass die Nanobakterien im Laufe der Zeit in die Überzahl geraten.
Nachweis in Nierensteinen
Verkalkungen in Geweben und Organen außerhalb des Knochengerüstes treten bei einer Reihe von Erkrankungen auf, darunter Nierensteine, Atherosklerose oder Sklerodermie. Die Vermutung, dass Nanobakterien an pathogenen Calcifizierungsprozessen im menschlichen Körper beteiligt sind, wird durch eine Studie bekräftigt, in der alle 30 untersuchten Nierensteine sowohl immunologisch als auch elektronenmikroskopisch nachweisbare Einschlüsse dieser Mikroorganismen aufwiesen. Die Bakterien ließen sich darüber hinaus aus entkeimungsfiltrierten Extrakten aller Steine anzüchten und zeichneten sich dadurch aus, dass ihre Wachstumsgeschwindigkeit, Morphologie, Mineralisations- und Färbeeigenschaften mit den aus Kälberseren isolierten Nanobakterien identisch sind [11]. In Tierexperimenten konnte mittels radioaktiver Markierung gezeigt werden, dass Nanobakterien in vermehrungsfähiger Form aus dem Blut in den Urin übertreten können [12].
Bereits früher wurden Bakterien mit Urease-Aktivität als Auslöser für die Bildung von Nierensteinen vermutet [13]. Das bei der Harnstoffspaltung entstehende Ammoniak könnte durch eine lokale pH-Erhöhung die Ausfällung von Carbonat-Apatit begünstigen. Nanobakterien besitzen keine Urease, kristallisieren Apatit jedoch direkt auf ihrer Oberfläche schon bei physiologischen pH-Werten um 7,4. Sie könnten somit Kristallisationskeime bilden, an denen sich - wie Fermenter-Versuche gezeigt haben - im Laufe des Steinwachstums auch andere Komponenten, z.B. Calciumoxalat, abscheiden.
An pathologischen Ablagerungen von Calciumsalzen beteiligt?
Eine weitere Erkrankung des Urogenitaltraktes, die mit Kalkablagerungen einhergeht, ist die Malakoplakie, eine chronische Harnwegsentzündung mit plaqueartigen, apatithaltigen Histiozyteninfiltraten (Michaelis-Gutmann-Körperchen). Ob möglicherweise auch hier Nanobakterien an der Pathogenese der Erkrankung beteiligt sind, ist derzeit noch Gegenstand der Forschung.
Diskutiert wird ebenso die Rolle dieser Bakterien bei der "Verkalkung" atherosklerotischer Plaques, der akuten Periarthritis oder auch der Kalzinose bestimmter Tumoren. Spezifische Rezeptoren, welche die Adhäsion von Nanobakterien vermitteln, konnten auf der Oberfläche zahlreicher Tumorzellen nachgewiesen werden.
Langjährige Hämodialyse-Patienten im Endstadium einer Niereninsuffizienz entwickeln, bedingt durch die gestörte renale Phosphat-Ausscheidung, in vielen Fällen Calciumphosphat-Ablagerungen, deren jeweilige Lokalisation die klinische Symptomatik bestimmt. Dies können Gefäßverkalkungen, Verkalkungen in der Umgebung von Gelenken mit den Krankheitsbildern einer Arthritis oder Pseudogicht, aber auch Verkalkungen innerer Organe (Skelettmuskel, Herzmuskel, Lungen) sowie der Haut sein. Über die Beteiligung von Nanobakterien an diesem Krankheitsgeschehen wird derzeit diskutiert.
Die Untersuchung eines Kollektivs von Hämodialyse-Patienten an einem türkischen Klinikum ergab einen Nachweis dieser Mikroorganismen in den Blutproben von 80% der getesteten Personen [7]. Der Prozentsatz liegt weit über dem, der, wie oben erwähnt, beim Screening der (gesunden) finnischen Medizinstudenten (4%) ermittelt wurde. Da Urämiker sehr häufig unter den Symptomen einer renalen An- ämie leiden, erhalten sie vermehrt Blut- bzw. Erythrozytentransfusionen, wenngleich für die Transfusionsbehandlung seit der therapeutischen Verfügbarkeit von Epoetin eine strenge Indikationsstellung gilt.
Das Auftreten einer hohen Infektionsrate in einer überdurchschnittlich häufig transfusionsmedizinisch behandelten Patientengruppe zeigt die Notwendigkeit weiterer epidemiologischer Studien und einer detaillierten Ursachenforschung. Es muss einerseits die Kontaminationshäufigkeit von Blutprodukten und die damit einhergehende Übertragungswahrscheinlichkeit sowie andererseits die pathophysiologische Bedeutung dieser Mikroorganismen geklärt werden. Die Datenlage über die Relevanz der in Kulturen nachgewiesenen bakteriellen Mineralisationsphänomene für die Pathogenese von Krankheiten mit Calcifizierungserscheinungen ist derzeit noch rudimentär und basiert zu einem Großteil auf epidemiologischen Erhebungen.
Forschungsergebnisse erscheinen in falschem Licht
Angesichts der möglichen Brisanz des Themas erscheint es verwunderlich, dass alle bislang publizierten Originalarbeiten über Nanobakterien ausschließlich aus einem einzigen Arbeitskreis stammen. Mehrere Fakten könnten dazu beigetragen haben, dass eine breitere Forschungstätigkeit bislang ausblieb.
Der Name der neuentdeckten Mikroorganismen muss als ein wesentlicher Grund für die allgemeine Skepsis gesehen werden, die den Arbeiten der finnischen Wissenschaftlern bis heute allgemein entgegengebracht wird. Etwa zur gleichen Zeit, als man sich mit den unbekannten Zellkulturkontaminanten zu beschäftigen begann, beschrieb eine Arbeitsgruppe unter Leitung von R. L. Folk am Department of Geological Sciences der University of Texas (Austin, Texas) die elektronenmikroskopische Beobachtung 50 bis 100 nm kleiner perlenartiger Strukturen in diversen Gesteinsproben.
Da die runde bis eiförmige Gestalt dieser Objekte sowie deren ketten- oder clusterartige Anordnung an das Erscheinungsbild kokkoider Bakterien erinnerte, postulierte man, es handele sich um fossile "Zwergformen" von Mikroorganismen, die an der Entstehung der Tonminerale beteiligt waren, und gab den hypothetischen Lebewesen den Namen "Nannobakterien" [14, 15, 16]. Allerdings konnte bislang keine Bestätigung erbracht werden, dass es sich bei den beschriebenen Gebilden tatsächlich um Lebensformen handelt.
Um die prinzipielle Möglichkeit einer Existenz derartig kleiner Bakterien zu belegen, zogen die Geologen wiederholt Parallelen zu den in den finnischen Labors mittlerweile gut charakterisierten Nanobakterien, wobei in der Sekundärliteratur die beiden Begriffe teilweise vermischt wurden. Umgekehrt zitierten jedoch auch die Mikrobiologen aus Kuopio den Geologen Folk in einer ihrer Arbeiten, was der wissenschaftlichen Akzeptanz ihrer Entdeckung zweifellos schadete [11, 15].
Unerwartete Publizität erlangte der Terminus "Nan(n)obakterien" im Jahr 1996, als in einem bereits zwölf Jahre früher in der Antarktis gefundenen Marsmeteoriten (ALH84001) bakterienartige Strukturen entdeckt wurden, die den von Folk beschriebenen ähneln. Die Annahme, dass es sich um Lebensformen handelt, musste jedoch bald revidiert werden. In den Kontext mit jener grundverschiedenen, aber spektakulären Thematik gestellt, werden die in Finnland entdeckten, gut untersuchten und taxonomisch klassifizierten Zellkulturkontaminanten seither von Mikrobiologen mit großer Zurückhaltung betrachtet.
Ein weiterer Grund dafür, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Mikroorganismen bislang keine Ausweitung erfuhr, kann in der raschen Patentierung der Kultur- und Nachweismethodik [17] gesehen werden. Die im Jahr 1990 von den finnischen Entdeckern gegründete Firma Abcell vertreibt seitdem ein "Nanobacterium sanguineum Detection Kit" zum immunologischen Nachweis der Bakterien [18]. Auch auf die in Braunschweig eingelagerten Isolate besteht derzeit aus patentrechtlichen Gründen keine Zugriffsmöglichkeit. Dies verhindert bislang die Nachprüfbarkeit der publizierten Daten.
Die frühzeitige Kommerzialisierung dieser unter Umständen weitreichenden Entdeckung scheint derzeit dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Wege zu stehen. Darüber hinaus erschwert der Gedanke an möglicherweise hinter den veröffentlichten Berichten stehende monetäre Interessen eine objektive Sichtweise auf das Thema.
Kausalzusammenhänge aufklären
Trotz einer sehr begrenzten Anzahl von Originalpublikationen wurde in den bislang veröffentlichten Arbeiten ein recht detailliertes Bild der neuen Bakterienspezies Nanobacterium sanguineum gezeichnet. Aufgrund der heute verfügbaren Datenlage kann daher von der Existenz einer eigenständigen Art innerhalb der Proteobakterien ausgegangen werden, wobei jedoch eine Absicherung der Ergebnisse durch unabhängige Forschungseinrichtungen aussteht. Das Paul-Ehrlich-Institut (Bundesamt für Sera und Impfstoffe) beschäftigt sich derzeit mit der Sammlung weiterer Informationen [19].
Ein Vorkommen der Mikroorganismen in Zellkulturseren, in humanem und tierischem Blut sowie in Nierensteinen konnte durch immunologische Nachweise und Kulturversuche glaubhaft belegt werden. Obwohl die Abscheidung von Carbonat-Apatit unter Kulturbedingungen sich als eine charakteristische Eigenschaft erwiesen hat, ist die Rolle der Mikroorganismen als Auslöser für definierte pathologische Verkalkungsprozesse experimentell nicht ursächlich belegt. Erste epidemiologische Erhebungen lassen jedoch Zusammenhänge vermuten.
Welche Gefahr Nanobakterien hinsichtlich der Infektiosität von Blutprodukten darstellen, kann gegenwärtig noch nicht beurteilt werden. So bleibt zu hoffen, dass ein wachsendes Interesse an diesen Fragen rasch zu abgesicherten Erkenntnissen führt, aus denen gegebenenfalls neue Behandlungs- und Präventionsmethoden abgeleitet werden können.
Nanobakterien wurden erst vor acht Jahren entdeckt. Sie sind viel kleiner als alle anderen bekannten Bakterien und kommen im Blut und Urin vor, wobei die Infektionsrate der gesamten Bevölkerung noch unklar ist. Da Nanobakterien Calciumsalze ausscheiden, spielen sie möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung von Nierensteinen und von Gefäßverkalkungen.
- Sie wurden vor acht Jahren entdeckt und sind viel kleiner als alle anderen bekannten Bakterien.
- Sie kommen u. a. im Blut und im Urin des Menschen vor, wobei noch unklar ist, wie hoch die Infektionsrate der gesamten Bevölkerung ist.
- Sie scheiden Calciumsalze aus und spielen möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung von Nierensteinen und von Gefäßverkalkungen.
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