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Forschungsführer Pharmazie: Wo wird was geforscht in der Pharmazie?

TÜBINGEN (daz). Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft stellte einen "Forschungsführer Pharmazie" zusammen. Er listet auf, an welchem pharmazeutischen Institut was geforscht wird. Wir sprachen mit dem Präsidenten der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft, Prof. Dr. H.P.T. Ammon, über Inhalt und Zweck dieses Forschungsführers.

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Herr Professor Ammon, die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft hat kürzlich eine Schrift herausgebracht, in der die Forschungsaktivitäten an den Pharmazeutischen Instituten Deutschlands dargelegt werden. Nach welchen Kriterien sind Sie dabei vorgegangen?

Ammon:

Jeder an einem deutschen Pharmazeutischen Institut tätige Hochschullehrer wurde gebeten, seine derzeitigen Forschungsgebiete zu nennen und die nach seiner Meinung drei wichtigsten Publikationen aus den letzten fünf Jahren anzugeben.

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Wie viele Pharmazeutische Institute haben geantwortet? Ammon: Es haben 23 Institute bzw. Fachbereiche geantwortet. Ich gehe davon aus, dass wir ca. 80 % der wissenschaftlich tätigen Hochschullehrer erfasst haben.

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Warum dieser Forschungsführer Pharmazie? Gab es schon einmal etwas vergleichbares?

Ammon:

Vergleichbares in der Pharmazie gab es bisher nicht, doch verfügen auch andere wissenschaftliche Gesellschaften, wie z. B. die Gesellschaft Deutscher Chemiker, über ein ähnliches Werk. Es gibt mehrere Gründe dafür, die uns veranlasst haben, diesen Forschungsführer zu erstellen. Einmal glauben wir, es ist ganz wichtig, dass auch die Pharmazie nach außen deutlich macht, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Grundlagenforschung über Arzneimittel leistet.

Dabei sollte auch die Multidisziplinarität der Pharmazie herausgestellt werden. Denn wie man dem Inhalt dieser Schrift entnehmen kann, befasst sich Grundlagenforschung nicht nur mit der chemischen Darstellung und der Analytik, sondern auch mit Forschungen zur Verbesserung von Darreichungsformen, aber auch mit Biochemie, Molekularbiologie, Mikrobiologie, Pharmakologie und Biotechnologie, um nur einige zu nennen.

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Es fällt auf, dass pharmakologische Themen, die eigentlich einen sehr wesentlichen Aspekt des Arzneimittels ausmachen, doch verhältnismäßig wenig vertreten sind?

Ammon:

Dies hängt damit zusammen, dass wir nur an wenigen der 23 Institutionen Lehrstühle bzw. Forschungseinrichtungen für Pharmakologie haben. Das bedeutet aber nicht, dass es in Deutschland keine pharmakologische Forschung an den Hochschulen gibt. Der größte Teil der Forschung wird derzeit an pharmakologischen Instituten der Medizinischen Fakultäten durchgeführt. Deren Ergebnisse erscheinen nicht in diesem Forschungsführer, obwohl von einer ganzen Reihe von pharmakologischen Instituten aus der Medizin Lehrexport in die Pharmazie betrieben wird.

Neben dem Öffentlichkeitseffekt des Forschungsführers erscheint uns aber auch wichtig, Transparenz der einzelnen Forschungsaktivitäten darzustellen, insbesondere auch für die Pharmazeutische Industrie, um hier eine Palette von Möglichkeiten zur wissenschaftlichen Kooperation aufzuzeigen. Dies ist insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen von Bedeutung, die nicht über eigene größere Forschungskapazitäten verfügen, die aber im Zuge der permanenten Optimierung von Arzneimitteln, wie ständigen Anforderungen durch die Behörden, auf geeignete Institutionen der Universität zurückgreifen können. Wenn sie so wollen, so stellt der Forschungsführer eine Art Forschungskatalog pharmazeutischer Hochschulinstitute/Fakultäten dar.

Immerhin haben knapp 180 Forscher ihre Arbeitsgebiete de.niert. Dies ist in der Tat ein Riesenpotential. Damit lässt sich eindrucksvoll die landläu.ge Meinung widerlegen, die pharmazeutischen Institute würden lediglich Studenten ausbilden, die später als Apotheker tätig sind.

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Was haben die Studenten von diesem Forschungsführer?

Ammon:

Insbesondere Studenten, die später eine Promotion anstreben, können sich anhand des Forschungsführers ausführlich informieren, an welchen Hochschulen Themen bearbeitet werden, die sie besonders interessieren. Der Forschungsführer soll es aber auch den Hochschulen erleichtern, bei gleicher Interessenslage miteinander zu kooperieren.

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Forschungsführer veralten nach einer gewissen Zeit. Wann ist geplant, diesen Forschungsführer auf den neuesten Stand zu bringen?

Ammon:

Dies ist richtig. Wir werden versuchen, eine revidierte Form nach etwa drei bis vier Jahren zu erstellen. Hier möchte ich anmerken, dass nicht jeder Hochschullehrer permanent seine Forschungsthemen wechselt. Nicht selten liegt gerade in langjähriger Verfolgung einer Aufgabe die eigentliche Expertise.

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Kann man sagen, dass sich in dem Forschungsführer gewisse Forschungsschwerpunkte andeuten?

Ammon:

Dies ist eigentlich nicht der Fall, im Gegenteil, man kann von einer ungemein großen Vielfalt sowohl innerhalb als auch zwischen den pharmazeutischen Fächern sprechen. Diese Vielfalt hat natürlich auch ihr Pendant in der Lehre, denn, wie gesagt, Pharmazie ist ein multidisziplinäres Fach, dessen Möglichkeiten außerhalb der Offizin, und hier meine ich insbesondere auch die pharmazeutische Industrie, bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind.

Die häufig vertretene Meinung, den Pharmazeuten könnte man nur in der Analytik und in der Galenik einsetzen, ist meines Erachtens verfehlt. Die immer breitere Streuung der Ausbildung – die jetzt nochmals durch eine neue Approbationsordnung intensiviert wird – macht ihn auch für die Industrie zu einem Fachmann, der sich nicht nur mit Einzelaspekten, sondern in ganz umfassender Weise mit dem Arzneimittel und seiner Entwicklung beschäftigen kann.

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Herr Professor Ammon, wir könnten uns vorstellen, dass dieser Forschungsführer Pharmazie gerade auch dem wissenschaftlichen Image des Pharmazeuten gut tut und danken Ihnen für das Gespräch!

Bezugshinweis

Der Forschungsführer Pharmazie ist erhältlich über die Geschäftsstelle der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft, Hamburger Allee 26–28, 60486 Frankfurt/Main, Tel. (0 69) 7917-5 55, Fax (0 69) 7917-5 53 zum Preis von DM 19,80 DM.

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