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Technologie
A. Zimmer et al.Insulinpumpen – Technische und
Seit der Veröffentlichung einer Studie zur Diabeteskontrolle und deren Einfluss auf die mit Diabetes zusammenhängenden Komplikationen (DCCT - Diabetes Control and Complications Trial, 1993) zeigte sich deutlich, dass Diabetiker, die ihren Insulinhaushalt mittels häufiger Blutzuckerselbstkontrollen, täglicher Anpassung der Insulindosis und der Ernährung gut meistern, ihren durchschnittlichen Blutzuckerwert um etwa 80 mg/dl senken können. Gut eingestellte Diabetiker erreichen damit nahezu den physiologischen Blutzuckerbereich eines nicht an Diabetes erkrankten Menschen, der bei 80 bis 110 mg/dl liegt, wohingegen ein schlecht eingestellter Diabetiker oftmals mehr als 200 mg/dl aufweist.
Bedeutung des HbA1c-Wertes
Durch diese stetige kontrollierte Blutzuckersenkung in den Normbereich resultiert im Allgemeinen ein um ca. 2 Punkte verringerter HbA1c-Wert, der auch als "Blutzuckergedächtnis" bezeichnet wird und etwa den durchschnittlichen Blutzuckerwert der letzten acht bis zwölf Wochen widerspiegelt. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass ein Teil des Hämoglobins HbA1 eine feste Verbindung mit dem Blutzucker eingeht, also zum HbA1c glykosyliert wird. Je öfter der Blutzucker über viele Stunden erhöht ist, umso höher steigt der prozentuale Anteil des HbA1c (HbA1c-Wert) über den Normalbereich (etwa 5 bis 8% des HbA1).
Für alle Diabetiker, liegt die Bedeutung der Senkung des HbA1c-Wertes insbesondere darin, dass diabetische Folgeerkrankungen konsequent reduziert werden können, wenn eine "Verzuckerung" physiologisch wichtiger Proteine vermieden wird. Damit werden direkt die Gefahren diabetesbedingter Langzeitkomplikationen wie Retinopathie, Polyneuropathie, Nephropathie etc. erheblich gesenkt.
Vorteile einer Insulinpumpentherapie
In diesem Bereich der kontrollierten Langzeittherapie werden die Vorteile einer Insulinpumpentherapie gegenüber einer konventionellen Diabetestherapie besonders deutlich. Normalerweise wird bei der intensivierten Therapie die Insulinversorgung für die Basalrate (Abdeckung der Glucoseproduktion der Leber) durch eine einmalige oder zweimalige tägliche Gabe von Verzögerungsinsulinen erreicht. Ist dieses Insulin jedoch appliziert, entzieht sich die Kontrolle des Insulinspiegels dem Einfluss des Patienten. Er muss auf unbefriedigende Blutzuckerwerte entweder mit der Einnahme von Zwischenmahlzeiten oder mit erneuter Applikation von Insulin reagieren.
Das Prinzip der Insulinpumpe liegt jedoch in der Nachahmung der natürlichen Insulinabgabe durch die Bauchspeicheldrüse. Die Pumpe gibt kontinuierlich eine Insulinbasalrate ab, die dem individuellen Bedürfnis des Diabetikers angepasst werden kann. Zusätzlich wird sowohl bei der intensivierten konventionellen Therapie (ICT) als auch bei der Pumpentherapie je nach verwendetem Insulintyp kurz vor oder zu den Mahlzeiten ein Bolus, entsprechend dem Umfang der zugeführten blutzuckerwirksamen Kohlenhydrate, appliziert. Bei der ICT bedeutet dies jeweils eine Injektion, bei der Pumpe einen einfachen Tastendruck.
Mit Hilfe einer Insulinpumpe ist es daher möglich, den Insulinbedarf an den chronobiologischen Blutspiegel eines nicht an Diabetes erkrankten Menschen anzugleichen. Situationen wie der veränderte Grundbedarf an Insulin beim Sport, das Auslassen einer Mahlzeit oder das "nicht einkalkulierte" Eis im Kino können einfacher berücksichtigt werden.
Ein solches Therapieschema kann zurzeit nur ansatzweise konventionell mit den hierfür geeigneten Spritzen und Pensystemen durchgeführt werden. Das bedeutet für den Diabetiker zwischen fünf und zehn Injektionen verschiedener Insuline täglich. Daher eignen sich Insulinpumpen auch besonders für Menschen mit Spritzangst, denn der Katheter der Pumpe wird im Durchschnitt lediglich alle zwei bis drei Tage erneuert.
Da die Pumpe ständig am Körper mitgeführt werden muss, gibt es von den Herstellern vielfältige Taschen, Beutel und Aufbewahrungssysteme, die dem Pumpenträger die Aufbewahrung seiner Pumpe in fast allen Lebenslagen, Sport, Freizeit, unter der Dusche etc. ermöglichen. Verschiedene Katheterlängen von 60 bis ca. 120 cm erlauben eine flexible Unterbringung der Pumpe.
Funktionsweise einer Insulinpumpe
Abbildung 1 zeigt die beiden auf dem deutschen Markt befindlichen Insulinpumpen, die etwa gleiche Größe und Gewicht (ca. 100 g) haben. Ihr Innenleben (Abb. 2) besteht im Wesentlichen aus einem Elektromotor, Getriebe und Gewindestange, die mit dem Kolben einer Insulinpatrone verbunden ist. Gesteuert wird diese Einheit durch einen kleinen eingebauten Computer, der mit zwei bis vier Tasten programmierbar ist, wobei die Kommunikation aus Sicherheitsgründen sowohl visuell über ein Display als auch akustisch über einen Beeper erfolgt. Somit kann sich die Pumpe bei entsprechenden Situationen akustisch melden und den Pumpenträger vor eventuellen Gefahren warnen.
Technisch sind alle Pumpen ganz auf Sicherheit ausgelegt. Die Disetronic-Pumpe ist mit einem 4-bit CMOS-Prozessor, 16 KByte RAM/ROM, Timer, LCD-Controller sowie über einen zweiten 8-bit CMOS-Prozessor, 6 KByte RAM/ROM, EEPROM und 8-Kanal A/D-Wandler ausgestattet. Beide Prozessoren kontrollieren sich gegenseitig und sind für die Steuerung von Motor bzw. Anzeige zuständig. Eine optoelektronische Überwachung des Motors, der bei der MiniMed-Pumpe in robuster Selenoid-Ausführung Verwendung findet, garantiert eine äußerst präzise Kolbenbewegung. Diese ist zeitgesteuert; bei der Disetronic-Pumpe wird alle 3 Minuten eine Drehbewegung des Motors ausgelöst, die 1/20 der stündlichen Basalrate entspricht. Ähnlich der Steuersoftware der Motortronic von modernen Kraftfahrzeugen, prüft auch die Software der Insulinpumpen ständig das gesamte Pump- und Anzeigesystem. So führt z. B. die MiniMed-Pumpe bis zu 40 000 Softwarechecks pro Minute durch.
Programmierung der Pumpen
Die Programmierung der Pumpen erfolgt menügesteuert, ähnlich wie bei einem Handy. Die verschiedenen Funktionen werden über ein LCD-Display angezeigt. Als wesentliche Parameter kann man den Zeitverlauf von Bolus, Unterbrechungen, Basalraten, temporäre Basalraten sowie die gesamte Tagesdosis beeinflussen, wobei eine Pumpe auch mit einem komplett neuen Programm versehen werden kann (Abb. 3).
Je nach Pumpentyp werden auch bis zu 90 Tage alle Parameter, Boluswerte und Gesamttagesdosen gespeichert. Diese Funktion der Pumpen erlaubt Therapiemöglichkeiten, wie sie die konventionelle ICT mit Spritze oder Pen nicht ermöglicht. So kann z. B. ein verlängerter Bolus bei der MiniMed-Pumpe individuell zwischen 30 Minuten und 8 Stunden eingestellt werden (Abb. 4). Damit kann der Zeitraum der Bolusapplikation über die Dauer der Mahlzeit angepasst werden, z. B. bei längeren Menüs, die sich über den gesamten Abend ziehen.
Als neue technische Features der heutigen Pumpengenerationen gibt es Schnittstellen zum PC. Somit kann beim Arztbesuch der Verlauf der Therapie, Basalraten, Zeitpunkt und Menge der Insulinabgabe überprüft werden. Diese Werte, im Vergleich zu den Labordaten und Blutzuckermessungen des Diabetikers, die heutzutage mit der gleichen Technik vom Blutzuckermessgerät auf den PC des Arztes übertragen werden können, ermöglichen eine sehr exakte Therapiekontrolle und bestmögliche Blutzuckereinstellung.
Welche Insuline eignen sich für die Pumpentherapie?
Es gibt keine verbindliche Vorschrift, welches Insulin für welche Pumpe verwendet werden muss. Grundsätzlich kommen NPH-(Protaminat-)Insuline und andere Verzögerungsinsuline sowie Mischinsuline in Suspensionsform nicht in Frage. Diese sind auch nicht notwendig, da die Pumpe durch die kontinuierlich Abgabe von gelöstem Insulin eine konstante Basalrate selbst erzeugt.
Für die MiniMed-Pumpe ist der Anwender frei in der Wahl des kurzwirksamen Insulins. Das Insulin muss in ein füllbares Insulinreservoir aufgezogen werden. In der Presse war allerdings schon zu verfolgen, dass für die MiniMed-Pumpe eine vorgefüllte Ampulle mit einem Analoginsulin in der Entwicklung ist.
Als Standardinsulin für Pumpen gibt es das Humaninsulin H-Tronin 100 von Aventis. Dieses Insulin wird für die H-TRONplus V100 der Firma Disetronic empfohlen, obwohl diese Pumpe prinzipiell auch für Insulin lispro (Humalog) geeignet ist. Von H-Tronin gibt es vorgefüllte Insulinkartuschen, die direkt in die Disetronic-Pumpe eingelegt werden. Diese passen aber nicht in die MiniMed 507C. Die MiniMed-Pumpe verfügt über füllbare Insulinreservoirs, die vom Diabetiker selbst gefüllt werden. Grundsätzlich ist die manuelle Befüllung bei beiden Pumpen möglich, muss aber vom Patienten durch gezielte Schulung erlernt werden (s. u.).
Alle Pumpen arbeiten normalerweise mit U-100-Insulin (100 I.E./ml). Besteht die Notwendigkeit auf U-40- oder U-50-Insulin auszuweichen, z. B. bei einer längeren Auslandsreise, kann die MiniMed-Pumpe hierauf eingestellt werden. Die Disetronic-Pumpe bietet diese Funktion nicht, sie muss durch ein spezielles U-40-Modell ersetzt werden.
Allgemeine Prüfmethoden für Insulinpumpen
Eine Insulinpumpe unterliegt als aktives, therapeutisches Medizinprodukt nicht den Qualitätsanforderungen des Europäischen Arzneibuches. Die hier geltenden Zulassungskriterien ergeben sich aus dem Medizinproduktegesetz und den entsprechenden europäischen Verordnungen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Insulin-Einmalspritzen gibt es keine DIN/ISO-Norm speziell für Insulinpumpen. Analog könnte man die Anforderungen von Infusionspumpen mit Kolbenspritzen zugrunde legen. Geprüft werden aber hauptsächlich die Angaben des Herstellers.
Die Prüfung kann durch geeignete Stellen wie den TÜV durchgeführt werden, wobei das bekannte GS-Zeichen seit Juni 1998 nicht mehr verwendet wird. Als Ersatz wurde ein neues Prüfsiegel für Medizinprodukte entwickelt, welches durch seinen modularen Aufbau erstmals die Möglichkeit der Produkt- und Systemzertifizierung verbindet. Folgende Prüfkriterien sind dabei für eine Insulinpumpe relevant.
Die Prüfstelle kann dabei auf besondere Test- und Messmethoden zurückgreifen, die auch für andere medizinische Geräte verwendet werden. Dazu gehören:
Vibrations- und Stoßprüfungen Eine Insulinpumpe muss relativ harte Bedingungen wie z. B. Jogging oder Belastungen am Arbeitsplatz schadlos überstehen. Simulation von Einsatzbedingungen und/oder Transportbedingungen Der Einsatz unter realistischen Anwenderbedingungen wurde auch im Rahmen unserer Studie untersucht. Dabei wurden freiwillige Probanden während einer 2- bis 3-tägigen Testdauer mit einer Kochsalzlösung versorgt (s. u.).
Korrosionsbeständigkeit Die Pumpe beinhaltet Insulin in flüssiger, wässriger Form und kommt am Körper des Diabetikers permanent mit Feuchtigkeit und Schweiß in Berührung. Zudem muss die Pumpe auch spritzwassergeschützt sein. Hier gibt es genormte Vorschriften wie die IEC 60601-1und die IEC 60529.
Temperatur- und Klimatests Neben der Körpertemperatur muss die Pumpe auch äußeren Temperaturbedingungen standhalten. Im Allgemeinen geben die Pumpenhersteller einen Bereich von 5 bis 50°C an. Hierbei ist aber auch die Stabilität des Insulins maßgeblich. Saunabedingungen sind für Pumpen ungeeignet. In diesem Fall muss der Diabetiker die Pumpe ablegen. Je nach Länge des Saunagangs kann man den Verlust an Basalrate dann nachträglich korrigieren.
Werkstoff- und Sonderprüfungen Im Wesentlichen dürfen nur Materialien eingesetzt werden, die der Pumpe ihre Funktionalität ermöglichen. Dagegen dürfen aber auch geeignete Werkstoffe nicht in der Art verwendet werden, dass z. B. durch scharfe oder hervorstehende Kanten der Anwender verletzt werden könnte.
Pharmazeutisch-Technologische Prüfmethoden für Insulinpumpen
Neben den zuvor genannten Prüfkriterien sind aber auch pharmazeutische Kriterien besonders für den Bereich Wirksamkeit und Gebrauchstauglichkeit relevant. Dabei ist für den Patienten besonders wichtig, dass die Pumpe die vorgewählte Insulinmenge genau abgibt.
Prüfung auf Gleichförmigkeit der Masse Obwohl eine Insulinpumpe keine einzeldosierte Arzneiform darstellt, kann diese Prüfung im Prinzip herangezogen werden, um die Dosierungsgenauigkeit zu prüfen. Dabei muss die Pumpe in einem Prüfprogramm, welches sich an realistischen Bedingungen der Basalabgabe orientiert, 20 Proben abgeben (Abb. 5). Die Insulinmenge wird gravimetrisch von einer Analysenwaage erfasst. Der Versuchsaufbau ist dabei so zu wählen, dass über den Katheter der Pumpe die Insulindosis direkt in ein Auffanggefäß auf der Waage überführt wird. In dem Auffanggefäß muss die wässrige Lösung von einer neutralen Ölphase überschichtet werden, damit Verdunstungen der Insulinlösungen über die Zeit vermieden werden. Ansonsten könnte es zu Wägeungenauigkeiten durch Flüssigkeitsverlust kommen.
Prüfung auf Gleichförmigkeit des Gehaltes Zusätzlich zur Prüfung auf Gleichförmigkeit der Masse kann eine Prüfung auf Gleichförmigkeit des Gehaltes sinnvoll sein. Ist eine Korrelation zwischen Masse und Gehalt gegeben, braucht nur eine der beiden Prüfmethoden durchgeführt zu werden. Die Gehaltsbestimmung erfolgte in unserem Fall photometrisch in einer Durchflussküvette. Der Aufbau der Prüfapparatur kann dabei als geschlossenes Schlauchsystem erfolgen. Ein Lösungsmittel (z. B. Kochsalzlösung) wird mittels Schlauchpumpe durch die Durchflussküvette gepumpt. Die Kanüle der Pumpe wird an geeigneter Stelle in den Kreislauf eingeführt. Ein Testprogramm injiziert mehrfach eine vorgegebene Menge an Insulin. Der Anstieg der Extinktion bei 271 nm muss sich proportional zur applizierten Insulindosis verhalten (Abb. 6). Die Absolutmenge an Insulin ist durch eine zuvor erstellte Eichgerade zu ermitteln.
Es dürfen nur Schlauchmaterialien zum Einsatz kommen, die keine signifikante Adsorption von Insulin an die Innenwand des Schlauches zeigen. Geeignete Materialien sind Polyfin-Schläuche, wie sie von MiniMed auch für Katheter verwendet werden. Stehen solche Materialien nicht zur Verfügung, kann der Schlauch zuvor mit Insulin gesättigt werden bzw. durch Spülen mit einer alkalischen 2 M NaCl-Lösung wieder gereinigt werden.
Im Gegensatz zu den einzeldosierten Arzneiformen gibt es für Insulinpumpen keine Richtwerte, wie genau die Insulindosis abgegeben werden muss. Daher kann der Hersteller eine Genauigkeit selbst vorgeben z. B. ± 5%, die der TÜV als solche bestätigen muss, um ein Prüfsiegel zu erteilen. Hingegen kann die Prüfstelle nicht festlegen, dass die Pumpe eine geringere Schwankungsbreite haben muss, als durch den Hersteller angegeben. Die Prüfungen aus unserer Studie ergaben für beide Insulinpumpen keine therapiebeeinträchtigenden Schwankungen, weder in der Gleichförmigkeit der abgegebenen Masse noch im Gehalt.
Interessant sind die Angaben der Hersteller hinsichtlich der Dosiergenauigkeit. Für die MiniMed-Pumpe wird durchschnittlich eine Abweichung vom theoretischen Sollwert von + 2% angegeben. Tatsächlich konnten wir auch eine geringe Überdosierung feststellen (Abb. 6).
Für alle Pumpen ist charakteristisch, dass während der Anlaufphase deutlich höhere Schwankungen vorkommen. Innerhalb der ersten 15 min sind Abweichungen von ± 15% für Spritzenpumpen vollkommen normal. Bei der MiniMed-Pumpe stabilisiert sich das Pumpsystem aber nach zwei Stunden auf minimale und maximale Abweichungen von ca. 5%. Daher sind Insulinpumpen in ihrer Dosiergenauigkeit durchaus mit Insulinpens vergleichbar, für die es eine ISO-Prüfnorm gibt.
Mehrwegpens dürfen eine maximale Abweichung der Dosis von 5% haben, bei Einwegpens sind es sogar 10%. Nach unseren Erfahrungen werden diese Werte im Dauerbetrieb der Pumpen deutlich unterschritten. Besonders auffällig waren bei der Disetronic-Pumpe periodische Schwankungen. Diese können auf das Kolbenspritzensystem zurückgeführt werden. Über die Spindel wird der Kolben der Insulinpatrone nach innen bewegt, als Widerstand sind hierbei Reibungskräfte und die Viskosität der Insulinlösung zu nennen. Bei der Disetronic-Pumpe führt dies nicht zu einer gleichförmigen Fortbewegung des Kolbens, vielmehr wird zunächst unterdosiert, was durch mehrere geringe Überdosen ausgeglichen wird (Abb. 5).
Da auch die MiniMed-Pumpe nach demselben Prinzip arbeitet, sollten hier die gleichen Schwankungen wie bei der Disetronic-Pumpe auftreten. Nach unseren Messungen waren solche zyklischen Erscheinungen auch bei der MiniMed-Pumpe messbar, aber insgesamt sehr viel geringer ausgeprägt, was z. B. an leichtgängigeren Kolbenspritzen und einer veränderten Motordrehzahl liegen könnte.
Für den Diabetiker sind solche zyklischen Effekte und Dosisschwankungen unrelevant. Man sollte bei der Diskussion um Dosiergenauigkeiten nicht vergessen, dass auch bei einem gesunden Menschen mit funktionstüchtiger Bauchspeicheldrüse der Blutzuckerspiegel zwischen 80 und 120 mg/dl schwanken kann, was wir als völlig normal betrachten. Viel wichtiger sind für den Pumpenträger regelmäßige Blutzuckerkontrollen, nach denen man die Pumpen gegebenenfalls neu programmieren bzw. justieren kann.
Prüfung auf entnehmbares Volumen Diese Prüfung kann für eine Insulinpumpe analog den gebräuchlichen Insulinpens durchgeführt werden. Nach unseren Ergebnissen wird das nominelle Volumen der Insulinkartusche in der Regel nicht unterschritten, sondern eher überschritten. Nominell hat eine große Insulinpatrone ein Füllvolumen von 3 ml (= 300 I.E. Insulin 100). Die Insulinpatronen von H-Tronin 100 sind aber mit 315 I.E. gefüllt. Für manuell füllbare Insulinreservoirs kann diese Prüfung entfallen, da es hierbei dem Anwender selbst überlassen ist, wieviel Insulin er in ein Reservoir aufzieht.
Sehr viel wichtiger als das exakte Volumen ist für den Diabetiker, dass die Pumpe ihn rechtzeitig darauf aufmerksam macht, wenn das Insulinreservoir zur Neige geht. Die Pumpen verfügen dazu über ein Alarmsystem. Ferner lässt sich der gesamte Insulinverbrauch jederzeit ablesen, da die Pumpen die applizierten Insulindosen addieren.
Prüfung auf Okklusion Es gibt mehrere Ursachen, die zu einer mangelhaften Insulinabgabe der Pumpe führen können, z. B. ein Abknicken des Katheters oder ein Verschluss der Kanüle. In diesen Fällen spricht man von einer Okklusion. Für den Pumpenträger ist es besonders wichtig, dass die Pumpe bei einer Okklusion rechtzeitig einen Alarm auslöst. Beide Pumpen besitzen einen solchen Okklusionsalarm, der reagiert, wenn sich im Inneren des Insulinreservoirs ein bestimmter Druck aufgebaut hat.
Um diese Funktion zu überprüfen, wurde der Katheter mittels eines Silikonstopfens verschlossen und ein Bolus von 6 I.E. ausgelöst. Danach wurde die "nicht abgegebene" Insulinmenge bis zum Alarm gemessen. Hierbei wurden die Angaben der Hersteller teilweise um die Hälfte unterschritten (Tab. 1).
Unterschiede, die sich durch die Katheterlänge und das Material der selbst füllbaren Reservoirs (Glas oder Kunststoff) ergeben, sind gering. Auch die Einflüsse der Insulinlösungen Humalog und H-Tronin, welche wechselseitig in beiden Pumpen getestet wurden, sind für den Diabetiker irrelevant. Im Schnitt vergehen nur ca. 2 bis 3 I.E. Insulin, bis beide Pumpen den Fehler bemerken und Alarm geben. Dieses Ergebnis ist vom Sicherheitsaspekt her wünschenswert.
Andererseits kann ein zu früher Alarm zur Verunsicherung des Patienten führen. Häufig werden durch normale Bewegungen des Körpers die Katheter nur kurzfristig verengt. In einem solchen Fall dürfen die Pumpen keine Fehlfunktion anzeigen, was auch durch unsere Praxistests bestätigt wurde.
Allgemeine Pharmazeutische Prüfmethoden
Nach dem Europäischen Arzneibuch konzentrieren sich alle weiteren Prüfungen auf den Wirkstoff, das Insulin, und dessen Zubereitung als Parenteralia. Für die Pumpentherapie sind dabei folgende Anforderungen besonders relevant:
Insulin für Insulinpumpen muss eine sterile Injektionszubereitung sein, die in Mehrdosenbehältnissen vorliegt. Die Lösungen müssen konserviert sein. Da der Patient nicht zwingend unter sterilen Bedingungen die Füllung der Pumpe vornehmen kann, ist der Aspekt der Konservierung besonders wichtig. Für Insuline hat sich aufgrund langjähriger Erfahrung m-Cresol bewährt. Folgende Anforderungen des Europäischen Arzneibuches sowie allgemeiner physikochemischer Parameter sind zu berücksichtigen:
Gebrauchstauglichkeit: Trage- und Bedienkomfort
Neben der pharmazeutisch-technologischen Prüfung sollte während dieser Studie auch ein subjektiver Eindruck vom Leben mit einer Insulinpumpe gewonnen werden. Dazu trug jeder der studentischen Probanden während des Galenikpraktikums über mehrere Tage eine Insulinpumpe, gefüllt mit isotonischer Kochsalzlösung. Während dieses Tests wurde so genau wie möglich versucht, den Alltag eines Diabetikers nachzuvollziehen.
Nach einer anfänglichen Gewöhnungsphase wurde die Kanüle praktisch nicht mehr als störend empfunden. Lediglich das Gerät selbst war in einigen Alltagssituationen im Wege (z. B. Duschen, Schlafen, Sport). Viele dieser Probleme lassen sich durch ein reichhaltiges Zubehörprogramm der Hersteller in den Griff bekommen. Als sehr praktisch erwies sich dabei ein "Quick-Release"-Katheter, der ein kurzzeitiges Abnehmen der Pumpe ohne gleichzeitiges Entfernen der Kanüle ermöglicht. Von Vorteil ist das besonders abgedichtete Batteriefach und Gehäuse der Disetronic-Pumpe, mit der man zum Baden oder Schwimmen ins Wasser gehen kann.
Alles in allem zeigte sich, dass die Akzeptanz der Pumpe mit zunehmender Tragedauer stieg. Sie ließ sich ebenso leicht mitführen und bedienen wie ein Mobiltelefon, ohne das bekanntlich sehr viele Menschen nicht aus dem Haus gehen. Bei den Untersuchungen stellte sich die MiniMed 507C als besonders benutzerfreundlich heraus. Sie besitzt ein größeres Display als die Disetronic H-TRONplus V100.
Über ein Vier-Tasten-System können ein Haupt- und zwei Untermenüs aufgerufen werden. Die Tastatur lässt sich leicht bedienen, selten kann es vorkommen, dass ein Menü durch zu lang andauernden Tastendruck übersprungen wird. Die einzelnen Menüpunkte werden in Textform angezeigt und sind gut lesbar. Viele Funktionen erklären sich bei der 507C durch den Text auf dem Display von selbst, sodass eine intuitive Bedienung möglich wird. Ebenfalls positiv fielen das beleuchtbare Display auf und die Tatsache, dass das Gerät mit handelsüblichen Batterien betrieben werden kann.
Die Disetronic H-TRONplus V100 zeigt die Funktionen auf einem kleineren Display nur symbolhaft an. Die Benutzerführung erfolgt hier über drei Tasten, die zum Teil auch noch gleichzeitig gedrückt werden müssen. Für die Bedienung ist ein langes und ausführliches Studium der Bedienungsanleitung nötig, da sich viele Funktionen nicht von selbst erklären und die Symbole erst interpretiert werden müssen. Weiterhin zeigte sich, dass die Tastendruckpunkte hier etwas unpräzise sind und man leicht ein Menü überspringt. Bei einem Batteriewechsel fällt auf, dass dieses Modell mit speziell gefertigten Batterien betrieben wird, die beim Hersteller bestellt werden müssen und in einer ganz bestimmten Reihenfolge gewechselt werden müssen, da sonst die empfindliche Elektronik Schaden nehmen könnte.
Im Allgemeinen halten die Batterien ca. 2 bis 3 Monate, sodass man auf Reisen immer Ersatz griffbereit haben sollte. Alle Pumpen zeigen aber eine Batterieerschöpfung rechtzeitig an. Wie bereits erwähnt, lassen sich bei beiden Pumpen die Insulinreservoirs manuell befüllen, was den Vorteil hat, dass auch schnellwirksame Insuline wie Humalog in der Therapie eingesetzt werden können. Die manuelle Füllung gestaltet sich aber bei der H-TRON V100 als schwierig. Auch bei der MiniMed-Pumpe bedarf es grundsätzlich großer Übung, eine leere Kartusche vollständig und luftblasenfrei zu füllen. Bei beiden Geräten erwies sich das Entlüften des Katheters nach dem Befüllen als wesentliches Problem. Wegen des milchig-trüben Kathetermaterials ließen sich Füllstand und Blasenfreiheit nur sehr schwer erkennen. Für ältere Patienten, die zumeist schlechter sehen, sind solche Systeme nur bedingt empfehlenswert. Vorteilhaft sind daher vorgefüllte Insulinpatronen, die aber zurzeit nur für die H-TRON V100 im Handel sind (s. o.).
Ausblick
Abschließend lässt sich sagen, dass beide Pumpen dem Patienten ein hohes Maß an Sicherheit und Flexibilität bieten. Letztendlich muss aber jeder an Diabetes Erkrankte selbst entscheiden, ob er sich dieses Hilfsmittels bedienen möchte. Die Hersteller der Insulinpumpen sind nach dem Medizinproduktegesetz verpflichtet, ihre Produkte nur an gut geschulte Anwender abzugeben. Deshalb bieten sie, meist in Zusammenarbeit mit Diabetes-Zentren, Interessierten die Möglichkeit, die Geräte und ihre Vor- und Nachteile im Rahmen einer Schulungsveranstaltung kennen zu lernen.
Dem Apotheker eröffnet die Insulinpumpentherapie reichhaltige Beratungsmöglichkeiten für seine Patienten. Therapieschema und technische Detailfragen zur Pumpe und Zubehör werden hierbei im Vordergrund stehen. Daher empfiehlt es sich auch für Diabetes-orientierte Apotheken, ihr Personal einer Pumpenschulung zu unterziehen. Auskunft hierzu erteilen sowohl die Pumpenhersteller als auch Diabetes-Zentren.
Noch arbeiten Insulinpumpen nicht vollautomatisch. Der Pumpenträger muss immer noch entscheiden, wieviel Insulin verabreicht werden soll. Die Pumpe ist jedoch mit das präziseste und flexibelste Insulininfusionssystem, das derzeit zur Verfügung steht. Neue Pumpen haben eine drahtlose Fernbedienung, und auch die Speicherkapazität und Programmierfähigkeit nehmen ständig zu. Nachteile, welche die Insulintherapie mit sich bringt, wie z. B. die häufigen Blutzuckerkontrollen, werden in den nächsten Jahren überwunden sein. Schon heute gibt es implantierbare Geräte, und nicht-invasive Blutzuckermessgeräte stehen kurz vor der Markteinführung. In absehbarer Zeit werden automatische Blutzuckermessung und Insulinpumpe in einem Regelkreislauf zusammengeschaltet werden, der einer "künstlichen Bauchspeicheldrüse" entspricht.
Quellen
www.minimed.de www.minimed.com www.disetronic.com www.diabetes-forum.com Weitere Quellenangaben beim Autor
In Deutschland gibt es mittlerweile 20 000 Insulinpumpenträger. Das ist nicht einmal ein Prozent aller Diabetiker, aber ihre Zahl steigt beständig. Die beiden Insulinpumpen, die in Deutschland auf dem Markt sind, wurden von Frankfurter Pharmaziestudenten auf ihre Funktionsfähigkeit und praktische Handhabung getestet. Die dabei gewonnenen Ergebnisse geben dem Apotheker wichtige Hinweise für die Betreuung von Diabetikern.
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