Berichte

Klinische Pharmazie im Krankenhaus

Auf einer Veranstaltung der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft am 18. April in Münster referierte Dr. Wiltrud Probst über "Klinische Pharmazie im Krankenhaus - patientennah und doch nicht so fern von Theorie und Wissenschaft". Am Beispiel der Kliniken des Landkreises Heidenheim stellte sie die Dienstleistungen einer Krankenhausapotheke dar, die sich über die Sparten Logistik, Ökonomie, Klinische Pharmazie, Herstellung und Analytik erstrecken. Dabei unterstrich sie die patientennahe Tätigkeit des Krankenhausapothekers.

Regionales Arzneimittelinformationszentrum

Seit Mai 1999 ist die Klinikapotheke in Heidenheim regionales Arzneimittelinformationszentrum. Aufgabe des spezialisierten Apothekers ist es, aus dem Wust der wissenschaftlichen Literatur (täglich werden weltweit circa 200 Druckseiten mit therapeutisch relevanten Inhalten veröffentlicht) die zur Beantwortung eines Problems notwendigen Veröffentlichungen herauszufinden und zu bewerten. Das Arzneimittelinformationszentrum verfügt über wichtige Datenbanken wie Embase und Drugdex und findet via Internet und hauseigene Bibliothek auch schnell Zugang zu fast allen notwendigen Originalarbeiten.

Ein Fallbeispiel verdeutlichte, wie der professionelle Umgang mit der Literatur in den Klinikalltag eingebracht werden konnte: Einem elfjährigen Gehirntumorpatienten sollte neben Dexamethason (zur Reduktion des Hirndrucks) und Carbamazepin (gegen epileptische Anfälle) Ofloxacin über eine nasogastrale Sonde verabreicht werden. Der Gyrasehemmer Ofloxacin ist aber kontraindiziert bei epileptischen Anfällen. Unter Berücksichtigung des Antibiogramms und von Wechselwirkungen konnte eine sinnvolle Gabe von Doxycyclin als Alternative vorgeschlagen werden, die von den behandelnden Ärzten umgesetzt wurde [1].

Visite und Drug Monitoring

Bei der Stationsvisite wird der Klinikapotheker ständig mit pharmazeutischen Problemen konfrontiert. Alte Patienten und Kinder, Polymedikation, teure Arzneimittel, Leber- und Niereninsuffizienz sind einige Blickfelder, die der Apotheker im Auge haben sollte. Bei einer Patientin konnte eine unzureichende Wirkung von Buprenorphin (Temgesic)-Tabletten gegenüber einer i.m. Applikation durch Simulation der Blutspiegelverläufe geklärt werden. Hierfür eignete sich ein in der Klinikapotheke entwickeltes Pharmakokinetikprogramm (Pharkin 3.0) [2].

Der Apotheker im Krankenhaus ist stark in die Arzneimittelauswahl involviert. Die Hausliste der Heidenheimer Kliniken enthält circa 1100 Präparate, die sowohl nach merkantilen als auch nach medizinischen und pharmazeutischen Gesichtspunkten ausgewählt werden. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit wurden auch hauseigene Therapieleitlinien unter anderem für die antibiotische Therapie erstellt.

Im Rahmen des Therapeutischen Drug Monitorings werden in Heidenheim Arzneistoffe im Serum quantitativ bestimmt, ein klassisches Feld des analytisch arbeitenden Apothekers. Besondere Bedeutung hat das Monitoring von Phenytoin, welches auch bei Früh- und Neugeborenen zur Behandlung von Krampfanfällen eingesetzt wird. Die intravenöse Gabe kann allerdings zu Gewebereizungen führen und die Therapie erheblich erschweren. Mit einer Studie konnte in den Kliniken des Landkreises Heidenheim gezeigt werden, dass auch die orale Gabe von Phenytoin bei Frühgeborenen zu befriedigenden Blutspiegelverläufen führt [3].

Stabilitätstests von Parenteralia

Bei der Zubereitung teurer Reserveantibiotika wie Fosfomycin für die Pädiatrie war es wünschenswert, die applikationsfertige Lösung für ein paar Tage lagern zu können. Die durchgeführten Stabilitätstests erlaubten eine problemlose Aufbewahrung im Dunklen und Kalten, wohingegen eine Lagerung bei Raumtemperatur und Lichteinfluss zum relativ schnellen Abbau des Wirkstoffs führte [4].

Die vorgestellten Arbeitsfelder verdeutlichten die abwechslungsreiche patientennahe Tätigkeit des Krankenhausapothekers. Die Referentin unterstrich abschließend, dass mit klinischer Pharmazie nicht die Pharmazie in der Klinik allein gemeint ist, sondern dass sie ein Ausdruck für die pharmazeutische Betreuung und den Dienst am Patienten ist. Hier sind zukünftig noch Tätigkeitslücken durch den Apotheker zu schließen.

Literatur [1] W. Probst: Arzneimitteltherapie bei Patienten mit Ernährungssonde. Krankenhauspharmazie 20, 17-21 (1999). [2] Pharkin 3.0 (Software zur Darstellung von Serumspiegelkurven), W.Felis, O.R. Frey, W.Probst. Heidenheim 1999. [3] O.R. Frey, A.Irtel von Brenndorff, W. Probst: Comparison of phenytoin serum concentration in premature neonates following intravenous and oral administration. Ann. Pharmacother. 32, 300-303 (1998). [4] S.A. Stahlmann, O.R. Frey, K.A. Kovar: Stabilitätsstudie zu Fosfomycin-Dinatrium (Fosfocin p.i. 5,0) in applikationsfertigen Perfusorspritzen. Krankenhauspharmazie 19, 553-557 (1998).

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