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Biozid-Produkte werden sicherer

BONN (sg). Die EU-Kommission erlässt eine Verordnung über die erste Stufe des Programms zur Überprüfung alter Wirkstoffe.

Durch die Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten wird ein Zulassungsverfahren für diese Produkte (z. B. Haushaltsinsektizide, Desinfektionsmittel, Holzschutzmittel, Schiffsanstriche) vorgeschrieben. Am 13. Mai 2000 endet die Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht. Biozid-Produkte, die nach diesem Stichtag innerhalb der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht werden sollen und die Wirkstoffe enthalten, die zuvor nicht für biozide Zwecke in Verkehr waren, müssen nach der Richtlinie vor ihrem Inverkehrbringen ein nationales Zulassungsverfahren durchlaufen. Im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens trifft die für das Zulassungsverfahren zuständige Behörde eine Entscheidung über die Zulassungsfähigkeit des Biozid-Produktes, die sich auf umfangreiche Unterlagen über dessen Eigenschaften stützen wird. Mindestvoraussetzungen für die Zulassungsfähigkeit des Produktes sind, dass das Produkt keine unvertretbaren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat, dass es hinreichend wirksam ist und dass der im Biozid-Produkt enthaltene Wirkstoff im Anhang I der Biozid-Richtlinie, der so genannten Positiv-Liste, steht.

"Alte" Biozid-Produkte

Wirkstoffe, die bereits vor dem 14. Mai 2000 als Wirkstoff in einem Biozid-Produkt in Verkehr waren, gelten als "alte" Wirkstoffe, und Biozid-Produkte, die diese Wirkstoffe enthalten, gelten als "alte" Biozid-Produkte. Alte Wirkstoffe und alte Biozid-Produkte dürfen noch maximal zehn Jahre gerechnet ab dem 14. Mai 2000 - also bis Mai 2010 - nach den bisherigen Regelungen der Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht werden. Da es in Deutschland bislang weder ein Zulassungs- noch ein Registrierungsverfahren für Biozide gibt, hat das in der Biozid-Richtlinie angelegte Prüfprogramm der Kommission für alte Wirkstoffe eine besonders große Bedeutung. Innerhalb von zehn Jahren sollen alle Wirkstoffe, die vor dem 14. Mai 2000 bereits als Wirkstoffe in einem Biozid-Produkt in Verkehr waren, erfasst und einer systematischen Überprüfung zugeführt werden. Am Ende dieser Überprüfung steht jeweils die Entscheidung, ob ein Wirkstoff in Anhang I (die "Positivliste") aufgenommen werden kann oder nicht. Das 10-Jahres-Programm der Kommission zur Prüfung der alten bioziden Wirkstoffe nach Artikel 16 Absatz 2 der Biozid-Richtlinie wird in mehreren Phasen erfolgen; daher sind mehrere aufeinander aufbauende Rechtsinstrumente zu erarbeiten.

Notifizierungsschritt zur Benennung der Wirkstoffe

Da in den meisten der EG-Mitgliedstaaten bislang keine Regelungen für Biozid-Produkte existieren, ist weitgehend unbekannt, welche und wie viele Wirkstoffe und Produkte innerhalb der Gemeinschaft im Verkehr sind. In der ersten Phase des Prüfprogramms sollen daher die derzeit bereits in Verkehr gebrachten Wirkstoffe identifiziert werden. Zusätzlich wird ein so genannter Notifizierungsschritt vorgeschrieben: Mit einer Notifizierung sollen Hersteller, Formulierer oder Importeure solche alten Wirkstoffe benennen, für die sie bereit sind, alle Unterlagen zu liefern, die für die Risikobewertung und für die Entscheidung über die Aufnahmefähigkeit des Wirkstoffes in die Positivliste relevant sind. Die in der Biozid-Richtlinie vorgesehenen Übergangsregelungen, insbesondere die Beibehaltung der Verkehrsfähigkeit für maximal zehn Jahre, sollen nur auf diese notifizierten alten Wirkstoffe angewendet werden. Alte Wirkstoffe, die nicht notifiziert werden, dürfen nicht weiter in den Verkehr gebracht werden. Ein Antragsteller hat die Ernsthaftigkeit einer Notifizierung durch die Vorlage eines vorgezogenen, kleinen Datenpaketes zu belegen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Antragsteller - mit Blick auf die durch die Übergangsregelungen in Aussicht gestellten Vergünstigungen - alte Wirkstoffe benennen, für die sie nicht bereit sind, vollständige Prüfunterlagen zu liefern. Auf der Grundlage der während des Notifizierungsschrittes abgegebenen Daten soll in der zweiten Phase des Prüfprogramms festgelegt werden, in welcher Reihenfolge die notifizierten alten Wirkstoffe abzuarbeiten sind. Die Festlegung der Reihenfolge ist somit risikobezogen: Wenn die vorliegenden Daten für einen Wirkstoff Hinweise auf ein hohes Risikopotenzial geben, erhält dieser Wirkstoff eine hohe Priorität. Gleichzeitig mit der Festlegung der Reihenfolge für die Bearbeitung der Wirkstoffe werden die Mitgliedstaaten zu Berichterstattern für bestimmte Wirkstoffe benannt: Der berichterstattende Mitgliedstaat wird die Risikobewertung für seine Wirkstoffe durchführen und damit die gemeinschaftliche Entscheidung über die Aufnahme oder Nichtaufnahme des Wirkstoffes in die Positivliste vorbereiten. Sobald ein Wirkstoff in Anhang 1 aufgenommen worden ist, werden für Biozid-Produkte, die diesen Wirkstoff enthalten, nationale Zulassungsentscheidungen zu treffen sein; umgekehrt werden bei Nicht-Aufnahme eines Wirkstoffes in die Positivliste EG-weite Verbote des Inverkehrbringens auszusprechen sein.

Prüfprogramm in etwa sechs Jahren

Die eigentliche Bewertung der Wirkstoffe während der zweiten Phase des Prüfprogramms wird voraussichtlich, bei einer realistischen Schätzung der für Notifizierung, Prioritätensetzung und Beibringen von Prüfunterlagen erforderlichen Zeit, erst in etwa sechs Jahren beginnen. Aus diesem Grunde werden die in zwei bestimmten Produktarten eingesetzten Wirkstoffe unabhängig von der allgemeinen Prioritätensetzung die höchste Priorität erhalten; die Bewertung der Wirkstoffe aus diesen zwei Produktarten soll somit vorgezogen werden. Als Produktarten wurden Holzschutzmittel und Nagetierbekämpfungsmittel (Rodentizide) ausgewählt. Die Wahl der Produktart der Rodentizide hat praktische Gründe: in vielen Mitgliedstaaten liegen bereits Erfahrungen mit der Bewertung von Rodentiziden vor. Die Wahl der Holzschutzmittel hat dagegen politische Gründe: Holzschutzmittel werden grundsätzlich als besonders bedenklich für Mensch und Umwelt eingeschätzt; eines der Hauptmotive für die Annahme der Biozid-Richtlinie war daher auch die allgemein gesehene Notwendigkeit für die Schaffung harmonisierter Anforderungen an Holzschutzmittel. Die Kommission hat dem Ständigen Ausschuss für Biozide, in dem die Mitgliedstaaten auf Regierungsebene vertreten sind, auf seiner ersten Sitzung am 18. Mai 2000 den Entwurf einer Kommissionsverordnung zur Ausgestaltung der ersten Phase des 10-Jahres-Programmes zur Abstimmung vorgelegt. Die Verordnung gilt ab dem 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung, mit der etwa im Spätsommer zu rechnen ist, unmittelbar in allen Mitgliedstaaten.

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