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Pharmazeutisches Recht
Nordrhein-Westfalen: Qualitätsmanagementsystem der AK Westfalen-Lippe
Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe hat aufgrund des § 6 Abs. 1 Nrn. 4, 5 und 11 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 des Heilberufsgesetzes (HeilBerG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. April 1994 (GV.NRW. S. 204), geändert durch Gesetz vom 20. April 1999 (GV. NRW. S. 154), am 17. November 1999 die nachfolgende Satzung beschlossen, die durch Erlass des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. November 1999 genehmigt worden ist.
§ 1: Qualitätsmanagement für Apotheken
(1) Ziele eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems der Apothekerkammer Westfalen-Lippe für Apotheken sind die Sicherstellung und Verbesserung der Beratungsqualität über Arzneimittel, insbesondere in der Selbstmedikation, die Erhöhung der Arzneimittelsicherheit, auch unter dem Aspekt des Verbraucher- und Patientenschutzes, die Einführung und Weiterentwicklung der pharmazeutischen Betreuung von Kunden, die Verbesserung der Qualität der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sowie die konsequente Weiterentwicklung einer fachlich hochstehenden Berufsausübung in heilberuflicher Verantwortung.
(2) Zur Erreichung dieser Ziele dienen insbesondere: 1. die Dokumentation der individuellen Qualität des Apothekenbetriebs einschließlich seiner Dienstleistungen, 2. die Sicherung und Verbesserung der Qualität der betriebsinternen Abläufe in der Apotheke unter Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 3. die Beachtung vom Vorstand der Apothekerkammer Westfalen-Lippe festgelegter Qualitätsstandards bei den pharmazeutischen Tätigkeiten (Entwicklung, Herstellung, Prüfung und Abgabe von Arzneimitteln, Information und Beratung über Arzneimittel sowie die Überprüfung der Arzneimittel in Krankenhäusern, pharmazeutische Dienstleistungen, Umgang mit Medizinprodukten) in der Apotheke.
(3) Die Teilnahme am Zertifizierungsverfahren der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ist freiwillig.
§ 2: Qualitätsstandards
Der Vorstand der Apothekerkammer Westfalen-Lippe legt zu den in Anlage 1 genannten Prozessen zum pharmazeutischen Bereich Qualitätsstandards unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Bundesapothekerkammer fest und entwickelt sie fort. Diese werden in geeigneter Weise bekannt gemacht.
§ 3: Zertifizierungskommission
(1) Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe errichtet eine Zertifizierungskommission. Sie wird durch den Vorstand der Apothekerkammer Westfalen-Lippe berufen. Ihr müssen angehören – mindestens zwei in Qualitätsmanagement, Handbucherstellung und pharmazeutischer Praxis erfahrene Apothekerinnen oder Apotheker, – mindestens eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der Kammergeschäftsstelle.
Der Zertifizierungskommission dürfen nicht angehören, wer die Auditierung der antragstellenden Apotheke (§ 4) durchführt sowie Mitglieder des Vorstandes der Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Die Mitglieder der Zertifizierungskommission haben sich bei allen Entscheidungen unparteiisch zu verhalten. Soweit sie nicht der Kammergeschäftsstelle angehören, sind sie ehrenamtlich tätig und erhalten Aufwandsentschädigung nach den Richtlinien zur Erstattung der Spesen und Fahrtkosten der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
(2) Die Zertifizierungskommission wählt ihren Vorsitz mit einfacher Mehrheit. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung, in der insbesondere die Beschlussfähigkeit, die Form der Beschlüsse, die Leitung und Vertretung bei ihrer Tätigkeit und die Delegierung von Befugnissen an Gremien oder Einzelpersonen geregelt werden.
(3) Die Zertifizierungskommission entscheidet über Anträge auf Zertifizierung und Rezertifizierung sowie Rücknahme und Widerruf.
§ 4: Auditorinnen und Auditoren
(1) Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe bedient sich Auditorinnen und Auditoren, um in den Apotheken zu überprüfen, ob das Qualitätsmanagementsystem eingesetzt wird und um in den Apotheken sachliche Hinweise zur Weiterentwicklung und Optimierung des Qualitätsmanagementsystems zu geben.
(2) Die Auditorinnen und Auditoren werden durch den Vorstand der Apothekerkammer Westfalen-Lippe berufen und vertraglich zur Einhaltung der für die Auditierung festgelegten Regelungen verpflichtet. Sie müssen der Apothekerschaft angehören und über pharmazeutische Praxis für den zu auditierenden Bereich verfügen. Außerdem müssen sie Kenntnisse des Qualitätsmanagementsystems sowie seiner Überprüfung besitzen, die durch Teilnahme an einem von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe durchgeführten Schulungsseminar nachgewiesen werden können (Anlage 2).
(3) Die Auditorinnen und Auditoren sind zu unparteiischem Verhalten und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie sind ehrenamtlich tätig und erhalten Aufwandsentschädigung nach den Richtlinien zur Erstattung der Spesen und Fahrtkosten der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
§ 5: Voraussetzungen zur Zertifizierung einer Apotheke
(1) Die Apotheke wird auf Antrag zertifiziert, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Die Apothekenleiterin, der Apothekenleiter oder eine zum approbierten Personal der Apotheke gehörende Person muss an einem Seminar zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems nach den Regelungen dieser Satzung teilgenommen haben. Das Seminar wird entweder von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe oder einer von ihr beauftragten Institution abgehalten. 2. In der Apotheke muss ein Handbuch erarbeitet werden, das individuell für die Apotheke Prozesse von Betriebs- und Handlungsabläufen beschreibt. Es muss mindestens die Beschreibung der in Anlage 1 festgelegten Prozesse enthalten. Für die Entscheidung über die Zertifizierung und die Rezertifizierung ist jeweils der Stand der Anlage zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich. 3. Das von der Apotheke erstellte Handbuch muss von der Zertifizierungskommission anerkannt worden sein. 4. In der Apotheke müssen Personal und Ausstattung vorhanden sein, die den Erfordernissen der Entwicklung in der Pharmazie Rechnung tragen. 5. Eine Auditorin oder ein Auditor muss im Auftrag der Apothekerkammer Westfalen-Lippe die Apotheke begangen und der Zertifizierungskommission bestätigt haben, dass die Apotheke ein Qualitätsmanagementsystem nach den Vorschriften dieser Satzung eingeführt hat und die im Handbuch niedergelegten Regelungen anwendet.
(2) Der Antrag auf Zertifizierung ist schriftlich unter Beifügung einer Kopie des Handbuches gem. Absatz 1 Nr. 2 an die Apothekerkammer Westfalen-Lippe zu richten. Außerdem ist in dem Antrag die Person zu benennen, die für die Aufrechterhaltung des Qualitätsmanagementsystems und für das jährliche interne Audit im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 2 verantwortlich ist.
§ 6: Zertifizierungsverfahren, Rezertifizierung
(1) Wenn die Voraussetzungen nach § 5 erfüllt sind, wird der Apotheke eine Urkunde ausgestellt, in der ihr bescheinigt wird, dass sie ein apothekenspezifisches Qualitätsmanagementsystem aufgebaut und eingeführt hat und es in der täglichen Apothekenpraxis anwendet. Sie ist berechtigt, ein vom Vorstand der Apothekerkammer Westfalen-Lippe festgelegtes Zeichen zu führen.
(2) Die Zertifizierung gilt für die Dauer von 3 Jahren.
(3) Die Apotheke wird auf Antrag jeweils erneut für 3 Jahre rezertifiziert, wenn 1. das Handbuch den zur Zeit der Antragstellung auf Rezertifizierung geltenden Anforderungen entspricht und die Prozessbeschreibungen und Qualitätsstandards aktualisiert wurden, 2. eine Auditorin oder ein Auditor im Auftrag der Apothekerkammer Westfalen-Lippe erneut die Apotheke begangen hat und bescheinigt, dass die Apotheke die im Handbuch niedergelegten Regelungen anwendet sowie der im Betrieb für die Aufrechterhaltung des Qualitätsmanagementsystems Verantwortliche einmal jährlich eine entsprechende Prüfung vorgenommen und dokumentiert hat und 3. vom Vorstand der Apothekerkammer Westfalen-Lippe anerkannte Fortbildungsveranstaltungen in angemessenem Umfang besucht wurden.
§ 7: Rücknahme, Widerruf, Rechtsmittel
(1) Rücknahme und Widerruf einer Zertifizierung richten sich nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Zertifizierung kann insbesondere dann widerrufen werden, wenn festgestellt wird, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Apotheke Apotheke ungenügend über das Handbuch informiert sind, die internen Überprüfungen nicht durchgeführt worden sind oder die im Handbuch aufgeführten Prozesse nicht umgesetzt werden. Vor der Entscheidung ist die Apothekenleiterin oder der Apothekenleiter zu hören. Durch eine Auditorin oder einen Auditor soll im Auftrag der Apothekerkammer Westfalen-Lippe vor dem Widerruf eine erneute Begehung der Apotheke erfolgen.
(2) Gegen Entscheidungen der Zertifizierungskommission kann Widerspruch eingelegt werden. Über den Widerspruch entscheidet der Vorstand der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
§ 8: Gebühren
Für das Zertifizierungsverfahren werden Gebühren erhoben. Das Nähere regelt die Gebührenordnung.
§ 9: Inkrafttreten
Diese Satzung tritt 14 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in Kraft.
Anlage 1: Minimalanforderungen des Qualitätsmanagementhandbuches Das Handbuch muss grundsätzlich Prozesse enthalten über: – den pharmazeutischen Bereich – Herstellung, Prüfung und Abgabe von Arzneimitteln, – Information und Beratung über Arzneimittel, – Pharmazeutische Dienstleistungen, – Umgang mit Medizinprodukten (Hilfsmitteln, Krankenpflegeprodukten, Verbandstoffen) sowie deren Abgabe – die Betriebsorganisation und Personalführung
Der Schwerpunkt des Handbuches muss im pharmazeutischen Bereich liegen. Das Handbuch muss mindestens bestehen aus Prozessen zu nachfolgenden Themen der Prozessbereiche "Pharmazeutischer Bereich" und "Betriebsorganisation und Personalführung". Die Prozesse sollen die Qualitätselemente der DIN EN ISO 9001 in der jeweils gültigen Fassung abdecken.
1. Prozesse zum Pharmazeutischen Bereich – Herstellung von Arzneimitteln – Prüfung von Arzneimitteln, Drogen, Chemikalien – Prüfung von Verfalldaten – Abgabe von Arzneimitteln – Selbstmedikation – Pharmazeutische Bertreuung/Intensivierte Beratung – Dienstleistungen – Einführung neuer Dienstleistungen – Auswahlkriterien für Fertigarzneimittel – Umgang mit Medizinprodukten (Verbandstoffen, Krankenpflegeprodukten, Hilfsmitteln) sowie deren Abgabe – Dokumentation (Transfusionsgesetz) – applikationsfertige Antibiotikalösungen, falls diese hergestellt werden – Zytostatika, falls diese hergestellt werden – Parenterale Ernährung, falls Zubereitungen hergestellt werden – kontrollierte Substitutionsmittelabgabe, wenn diese durchgeführt wird – Praxisbedarfbelieferung, wenn die Apotheke diese durchführt – Krankenhausversorgung, wenn ein Versorgungsvertrag besteht – Altenheimbelieferung, falls die Apotheke diese durchführt
2. Prozesse zum Bereich Betriebsorganisation und Personalführung – Unternehmensziele/-philosophie – Einordnen der Prozesse in eine Gliederung – Qualitätsbeauftragte/r – Prozesserstellung – Prozessänderung – Internes Vorschlagswesen – Statistische Auswertungen – Internes Audit – Kundenreklamation – Interne Fortbildung – Ausbildung, wenn Auszubildende in der Apotheke sind – Weiterbildung, wenn Weiterzubildende in der Apotheke sind – Umgang mit Lieferanten – Prüfgeräte – Verleih von Geräten – Stellenbeschreibungen – Einarbeitung neuer Mitarbeiter/innen – Informationsfluss nach Abwesenheit – Selbstgestaltete Formulare – Regeln für die Info-Tafel
Anlage 2: Anforderungen an Auditorinnen und Auditoren Das Seminar zur Schulung der Auditorinnen und Auditoren muss Wissen im Bereich der – Kommunikation, – Information zu Qualitätsmanagementsystemen, – Durchführung der Überprüfung, – Ergebnisdokumentation vermitteln.
Im einzelnen sind dies zum Bereich Kommunikation: – Grundlagen der motivierenden Gesprächsführung – ergebnisorientierte Kritikgespräche – erfragende Tatsachenerforschung – Umgang mit Fragen, Einwänden und Vorwürfen – Mitteilung unerwarteter Ergebnisse – Ethikkodex
Informationen zu Qualitätsmanagementsystemen: – Notwendige Kenntnisse zu Qualitätsmanagement und Qualitätsmanagementsystemen – TQM (Total Quality Management) als Ziel – Synonyme Begriffe und andere Systeme – Zertifizierungsablauf – Parameter zur Umsetzungsbeurteilung – Bedeutung von Stellenbeschreibungen und Unternehmenszielen – Unverzichtbare QMS-Bestandteile – Erfahrungen aus anderen Anwendungsbereichen
Durchführung der Überprüfung: – Kenntnisse über die notwendigen Normen wie DIN EN ISO 9000 ff, 10011, 45012 – Abweichungstoleranzen – Zeitablauf – Mindestüberprüfungen – Dokumentenprüfung – Audit vor Ort
Ergebnisdokumentation: – Handbuchbewertung – Auditbericht
Genehmigt, Düsseldorf, den 29. November 1999 Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen III B 3-0810.99 Im Auftrag Godry
Ausgefertigt: Münster, den 18. November 1999 Apothekerkammer Westfalen-Lippe Hans Günter Friese Präsident der Apothekerkammer Westfalen-Lippe
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