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Meinung: QMS – Qualität mit System

QMS - die Diskussion um seine Inhalte, Bedeutung, Durchführung und Umsetzung ist voll im Gange. Als Vorabveröffentlichung aus "Cosmas", Heft 5/2000, erreichte uns der nachfolgende Text (QMS-Qualität mit System, Teil I) von Dr. Günther Hanke, Mitglied des Vorstandes der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Stuttgart, und Ausschussvorsitzender QMS. Einen offenen Brief von Kammerpräsidentin Karin Wahl an Christoph Beck zum Thema QMS finden Sie in unserer Rubrik "Ihr Brief an uns".

Selten wurde ein Thema in der deutschen Apothekenlandschaft mit soviel Emotionen bedacht wie QMS. Dies führte dazu, dass die drei Buchstaben als Abkürzung für andere Aussagen herhalten mussten, so zum Beispiel "Quatsch mit Soße" aber auch "Qualität macht Spaß".

Unglücklich formulierte Veröffentlichungen von Insidern (Kittelordnung) oder auch nur Unwissen führte dazu, dass QMS kräftig missverstanden wurde. Wer sich jedoch intensiv mit Qualitätsmanagement beschäftigte, bekannte sich dann später dazu, dass er vom Saulus zum Paulus gewandelt wurde.

Missverständnis

Es wird immer wieder argumentiert, dass es bereits genug Vorschriften gibt, die man schließlich nur einzuhalten bräuchte, und dann sei alles in Ordnung.

Dieser Auffassung liegt ein grundsätzliches Missverständnis zugrunde, was QMS ist und was QMS zu leisten vermag. QMS ist bei richtiger Betrachtung eine Hilfestellung, um unter Beachtung aller möglicher Einflussfaktoren im Apothekenalltag ein optimales Ziel zu erreichen. Priorität Nummer 1 hat hier die Kundenzufriedenheit, dann die Mitarbeiterzufriedenheit, und der Apothekenleiter darf durch ein gutes Betriebsergebnis auch noch zufrieden sein.

QMS ist nicht Selbstzweck, und wer pauschal sagt "DIN ISO - nein danke", wertet DIN-ISO unnötig auf. DIN-ISO ist ein Hilfsmittel - und will auch nichts anderes sein. Es soll im Bereich der Industrie eine Hilfestellung geben, um die Qualität zumindest auf dem Papier erkennbar zu machen. An dieser Stelle kommt häufig der Einwand, dass Firmen, die nach DIN-ISO zertifiziert sind, eine schlechtere Qualität abliefern als Firmen ohne Zertifizierung. Hier werden Äpfel mit Birnen verwechselt, da es selbstverständlich richtig ist, dass die nachvollziehbare Dokumentation eines Qualitätsmanagementsystems noch nichts über die Qualität im Vergleich mit Mitbewerbern aussagt.

Eine Zertifizierung ist lediglich die Bestätigung einer unabhängigen Stelle, dass nach vorgegebenen Rahmenbedingungen eine Überprüfung stattgefunden hat und einmal festgelegte Kriterien nicht nur bekannt sind sondern auch in der Praxis angewendet werden.

Chancen für die Apotheken

Worin besteht nun die Chance für die Apotheken? Apotheken bewegen sich in einem durch viele Gesetze und Verordnungen reglementierten Bereich. Gemäß § 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen obliegt den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung.

Die Qualitätssicherung von Arzneimitteln stellt heutzutage weltweit ein System dar, das bei der Entwicklung beginnt, über die Herstellung, Kontrolle und den Vertrieb bis zur Abgabe und Beratung führt.

Dies führte zum Beispiel in der Betriebsverordnung für pharmazeutische Unternehmer zu einem obligatorischen "Qualitätssicherungssystems". Danach müssen Betriebe ein funktionierendes pharmazeutisches Qualitätssicherungssystem entsprechend Art und Umfang der durchgeführten Tätigkeiten betreiben, um sicherzustellen, dass die Arzneimittel die erforderliche Qualität aufweisen.

Dieses Qualitätssicherungssystem muss die aktive Beteiligung der Geschäftsführung und des Personals der einzelnen betroffenen Bereiche vorsehen; insbesondere haben der Herstellungsleiter und der Kontrollleiter die Herstellungs- und Prüfanweisungen in regelmäßigen Abständen zu prüfen und gegebenenfalls an den Stand von Wissenschaft und Technik anzupassen.

Auch die Apotheke bewegt sich nicht im luftleeren Raum. Sie ist eingebettet in gesetzliche, betriebswirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen.

Es gibt weitere Forderungen aus der Apothekerschaft: Die Änderung der Apothekenbetriebsordnung. Analog der Pharmabetriebsverordnung müsste die Verpflichtung zu einem Qualitätssicherungssystem auch für die Apotheke gelten.

Die Forderung ist an und für sich konsequent und könnte vom Bundesministerium für Gesundheit ohne Probleme umgesetzt werden. Die Kammern haben deshalb die Initiative ergriffen, um auf freiwilliger Basis eine sinnvolle Überprüfung von QM-Systemen vornehmen zu können.

Gesetzliche Forderungen

Inzwischen ist es müßig zu diskutieren, ob dokumentierte Qualitätssicherung auch in Apotheken durchzuführen ist. Die Sachlage ist eindeutig - es geht nur noch um die Frage des "wie?" aber nicht des "ob?". Auch eine Aussage: "DIN-ISO - nein danke" geht an der Sache vorbei. Wenn ich mich in einer fremden Sprache unterhalten möchte, komme ich um das Studium der entsprechenden Sprache nicht herum.

Ebenso verhält es sich mit den DIN-ISO Vorschriften, deren Inhalt bei einer Diskussion um Qualität zu den erforderlichen Grundkenntnissen gehört. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diejenigen pauschal DIN-ISO ablehnen, die sich entweder gar nicht oder zu wenig damit beschäftigt haben.

Häufig wird auch behauptet, dass der Verbraucher QMS nicht fordert. Dies ist nicht richtig. Im Sozialgesetzbuch V ist die Verpflichtung für alle Leistungserbringer festgelegt, dass Qualitätssicherung betrieben werden muss. Die Bundesregierung hat die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu einem zentralen Thema gemacht.

Auch die länderspezifischen Kammergesetze geben QS als eindeutige Aufgabe an die Kammern weiter. In § 4 des Baden-Württembergischen Kammergesetzes wird aufgeführt: "Es ist Aufgabe der Kammern ... Belange der Qualitätssicherung wahrzunehmen, sowie die Mitwirkung der Kammermitglieder an der Sicherung der Qualität ihrer beruflichen Leistungen zu regeln." Im Klartext heißt dies, dass die Kammer verpflichtet ist, sich mit Qualitätssicherung zu beschäftigen und Regelungen für die Kammermitglieder zu treffen.

Überlebensstrategie

Keine Firma, die wirtschaftlich denkt und handelt, kann auf Qualitätsmanagement verzichten. Denn QM richtig angewendet bedeutet kostengünstigere Strukturen schaffen, effizienter arbeiten, auf dem Markt erfolgreich sein und bleiben. Auch an die apothekerliche Leistung und Qualität werden zunehmend höhere Anforderungen gestellt.

Doch wie soll man das bei sinkender Ertragslage aber steigenden Kosten schaffen? Zunächst wird nur die Arbeit gesehen, die mit der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems verbunden ist. Qualitätsmanagement macht es jedoch möglich, Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen so zu gestalten, dass in einem Unternehmen Arbeitsqualität und -leistung kontinuierlich verbessert werden.

Es ist richtig, dass ein Qualitätsmanagementsystem viele Grundelemente enthält, die auf viele Branchen übertragbar sind. Deshalb gibt es auf dem Gebiet der Wissensvermittler eine Vielzahl von apothekenfremden Anbietern bis hin zum TÜV. Wenn ein Apotheker sich dieses Hobby als "Do-it-yourself" leisten kann und will, so steht dem nichts entgegen. Er sollte aber bedenken, dass die Apothekerkammer sich sowieso mit diesen Maßnahmen beschäftigen muss und ihm Hilfestellung bei einer Entscheidung geben kann. Jedoch darf die zertifizierende Stelle nicht gleichzeitig beim Aufbau und der konkreten Erarbeitung eines QS-Handbuches beteiligt sein. Selbstverständlich kann auch eine fachfremde Person wertvolle Hinweise für den Betriebsablauf einer Apotheke geben, dies ist jedoch mehr unter betriebswirtschaftlichen als unter fachlichen Gesichtspunkten zu sehen. Schon lange gibt es das Instrumentarium von Betriebsberatungen durch Externe.

Überwachung

Das etablierte System der Überwachung unserer Apotheken in Baden-Württemberg durch ehrenamtliche Pharmazieräte hat sich bewährt. Dadurch ist gewährleistet, dass vergleichbare und praxisrelevante Maßstäbe an die Apotheken angelegt werden. Deshalb ist geplant, bei zukünftiger Überprüfung der Qualitätssicherung auf freiwilliger Basis durch Auditoren der Kammern auch die Pharmazieräte einzusetzen.

Wenn eine Überprüfung durch die Kammern erfolgt, müssen selbstverständlich die erwähnten DIN-ISO-Normen berücksichtigt werden, damit man sich weder mit dem System noch mit der Durchführung außerhalb der europäisch festgelegten Spielregeln bewegt. Die Apothekerschaft wäre schlecht beraten, wenn sie hier ein eigenes Süppchen kochen würde.

Zukunftsperspektiven

Aufgabe der Kammern ist es unter anderem, die beruflichen Belange der Kammermitglieder wahrzunehmen und die Erfüllung der Berufspflichten der Kammermitglieder zu überwachen (§ 4 Kammergesetz). Bei der Aufgabenverteilung im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems sind zukünftige Entwicklungen im Gesundheitswesen rechtzeitig zu berücksichtigen. So kommt es insbesondere darauf an, die Qualität der Auditoren auf möglichst hohem Niveau zu gewährleisten.

Ein Pharmazierat kann Auditor sein - muss es aber nicht, umgekehrt könnte ein Auditor durchaus im Einvernehmen mit der zuständigen Aufsichtsbehörde hoheitliche Maßnahmen übernehmen. Die Gewährleistung der Qualität der Apotheken, nachgewiesen durch ein neutrales und unabhängiges Fachgremium unter Aufsicht der Kammern, dient dem Berufsstand und stärkt die Position des Apothekers im Gesundheitswesen.

(Im zweiten Teil zu QMS geht es unter anderem um die Fragen: Was bedeutet QMS für meine Apotheke? Wie gehe ich an die Umsetzung von QMS heran? Wo erhalte ich Hilfe? Was kostet die Etablierung von QMS in meiner Apotheke? Zertifizierung ja oder nein - und durch wen?)

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