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Arzneimittel und Therapie
Urologie: Instabile Blase – weitaus häufiger als angenommen
Die instabile Blase ist eine weit verbreitete Erkrankung, die in jedem Alter auftreten kann. Man findet sie gehäuft im Kindesalter und ab dem 40. Lebensjahr. Die instabile Blase ist teilweise mit großem Leidensdruck verbunden und kann zu gravierenden Beeinträchtigungen des privaten und beruflichen Lebens sowie zu sozialer Isolation führen.
Die Prävalenz einer instabilen Blase wird in Europa auf rund 17% geschätzt, sodass in Deutschland 6 bis 7 Millionen Menschen an einer instabilen Blase leiden. In einer epidemiologischen Studie wurden das Auftreten und die Diagnose einer instabilen Blase genauer untersucht.
Prävalenzuntersuchungen bei über 200000 Patienten
Während vier Monaten wurden in rund 2600 Praxen mehr als 200000 unselektierte Patienten von Allgemeinmedizinern, Urologen und Gynäkologen über mögliche Blasenfunktionsstörungen befragt. Die Patienten wurden während eines Arztbesuchs gebeten, einen einfachen Fragebogen mit vier Fragen zu Symptomen von Blasenfunktionsstörungen auszufüllen. Die Ärzte wurden angewiesen, die Antworten mit ihren Patienten zu besprechen und ihre Diagnose zu stellen. Aufgrund dieser Diagnose sollten sie entscheiden, ob sie den Patient selbst behandeln oder zu einem Spezialisten überweisen.
Häufig keine Therapie
Für die Auswertung standen die Daten von 198230 Patienten zur Verfügung. Bei 25,9% der Patienten lagen Symptome einer instabilen Blase vor, die in 41,9% mit häufigem Wasserlassen, in 24,3% mit imperativem Harndrang und in 20,2% mit Dranginkontinenz assoziiert waren. Häufig ließ sich eine Diskrepanz zwischen den Patientenangaben und der ärztlichen Einschätzung feststellen. In nur knapp 60% aller Fälle stellte der Arzt eine korrekte Diagnose. Auch bei einer eindeutigen Symptomatik war nur ein Teil der Ärzte zu einer Therapie bereit: Lediglich 40 bis 45% der Allgemeinärzte und Gynäkologen sahen einen Handlungsbedarf, bei den Urologen waren es 80%.
Therapeutische Möglichkeiten
Zur Therapie einer instabilen Blase stehen mehrere Maßnahmen zur Verfügung: Toiletten- und Blasentraining, Überwachung der Flüssigkeitsaufnahme, intermittierender Selbstkatheterismus, medikamentöse Behandlung und in Einzelfällen operative Interventionen. Vor Therapiebeginn ist eine Basisdiagnose zu erstellen, die folgende Punkte umfassen soll:
- Anamnese (Fragen nach zurückliegenden Operationen oder Bestrahlungen, Einnahme von Diuretika, normale Flüssigkeitsaufnahme, Stuhlverhalten, neurologische Erkrankungen)
- klinische Untersuchung
- Urinuntersuchung, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Tumorerkrankung oder Infektionen
- Ultraschall von Niere und Blase
- urodynamische Untersuchung
Bei der medikamentösen Therapie werden überwiegend Muscarinrezeptorantagonisten wie Oxybutynin (z.B. Dridase), Emepronium (z.B. Uro-Ripirin), Propiverin (z.B. Mictonorm), Trospium (z.B. Spasmex) oder seit neuerem Tolterodin (Detrusitol) eingesetzt.
Klinische Erfahrungen mit Tolterodin
In einer über einjährigen Anwendungsbeobachtung erhielten mehr als 22000 Patienten mit instabiler Blase oder einer Mischinkontinenz (mit den Symptomen Pollakisurie, imperativer Harndrang mit und ohne Dranginkontinenz) zweimal täglich 2 mg Tolterodin. Bereits innerhalb eines Monats zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Symptome: Die Häufigkeit der Toilettenbesuche innerhalb von 24 Stunden ging von durchschnittlich 12 auf 8 (bzw. 7 nach dreimonatiger Therapie) zurück, und die Episoden eines imperativen Harndrangs sanken von 8 vor der Therapie auf 3 (bzw. auf 2 nach 3 Monaten). Auch der Windelverbrauch konnte von 31 Stück pro Woche auf 16 bzw. 10 pro Woche gesenkt werden. Insgesamt 8% der Patienten klagten unter unerwünschten Wirkungen. Am häufigsten (in 4,5% aller Fälle) trat Mundtrockenheit auf, die jedoch von 69% der Betroffenen als geringgradig und nur von 4% als schwerwiegend bezeichnet wurde. Unter der Therapie mit Tolterodin wurden bislang noch keine Interaktionen festgestellt. Da der Wirkstoff über das Cytochrom-P-450-System abgebaut wird, sind Wechselwirkungen mit Antimykotika und Antibiotika theoretisch denkbar.
Quelle: Nach Vorträgen von Prof. Dr. Bernd Schönberger, Berlin, PD Dr. Mark Goepel, Essen, und Prof. Dr. Klaus Höfner, Hannover. Pressegespräch und Symposium "Instabile Blase - Neue Perspektiven für die Urologie" Berlin, 1. Juli 2000; veranstaltet von Pharmacia u. Upjohn, Erlangen.
Eine instabile Blase tritt weitaus häufiger auf als bisher angenommen. Sie wird nicht in allen Fällen optimal behandelt, und das Arsenal therapeutischer Möglichkeiten wird häufig nicht ausreichend genutzt.
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