Berichte

Kurs in Klinischer Pharmazie

Im Frühjahr dieses Jahres bot sich am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin wieder die Gelegenheit, an dem (diesmal stark erweiterten) Kursus "Klinische Pharmazie - Pharmazeutische Betreuung, Pharmakotherapie" der Abteilung Klinische Pharmazie (Leiterin Dr. Charlotte Kloft) teilzunehmen.

Zwölf Teilnehmer opferten eine Woche ihrer wertvollen Semesterferien, um sich über ihren obligatorischen Studienstoff hinaus zu bilden. Nach einer kurzen Einleitung in die Themengebiete der Klinischen Pharmazie, die Rolle und Aufgaben von Klinischen Pharmazeuten standen die Teilnehmer selbst schon im Mittelpunkt: Alle hatten Referate über ein bestimmtes klinisch-pharmazeutisches Thema mit praktischer Relevanz ausgearbeitet, wie bestimmte Krankheiten und deren Behandlung (AIDS, Asthma bronchiale, Diabetes, Krebs), Pharmakotherapie bestimmter Altersgruppen (Pädiatrie, Geriatrie) oder Compliance. Gewissermaßen zu "Experten" auf diesem Gebiet gewachsen, stellten sie den anderen Teilnehmern und Mentoren vieles über den aktuellen Stand der Arzneimitteltherapie und aktuelle Probleme dar. Im weiteren Verlauf standen Vorträge von ausgewiesenen Kennern des Faches auf dem Programm.

Arzneiformen richtig anwenden

Dr. Brüggmann (Leiter der Krankenhausapotheke im Unfallkrankenhaus Berlin) referierte über die richtige Applikation gängiger und spezieller Arzneiformen und Applikationssysteme, insbesondere aus der Gruppe der Inhalativa. Einige Anekdoten regten zum Schmunzeln an, machten aber auch deutlich, wie wichtig es gerade für Apotheker/innen als Arzneimittelexperten ist, dem Patienten bei der korrekten Anwendung der Arzneimittel zur Seite zu stehen und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.

Probleme der Kommunikation

Eine Übung zum Thema "Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis" mit der für die Teilnehmer neuen Lernmethode "Problem-orientiertes Lernen" verdeutlichte die Probleme bei der Kommunikation

  • zwischen Apotheker und Patient z.B. in der öffentlichen Apotheke oder
  • zwischen Apotheker und Arzt, Beispiel Krankenhaus.

Die Mentoren übernahmen dabei die Rolle des Patienten oder Arztes und konfrontierten die Kursteilnehmer in der Rolle der Apotheker mit ihren "Wehwehchen", Problemen oder Fragen zur aktuellen Arzneimitteltherapie. Dabei wurden u.a. Themen angesprochen, die zur Zeit durch Zeitschriften und andere Massenmedien Konjunktur haben, wie z.B. Phytotherapie mit Johanniskraut-Präparaten, Weihrauch oder "Schlankheitstropfen". In kurzer, d.h. praxisnaher Zeit erarbeiteten wir die arzneimittelbezogenen Fragestellungen und Lösungsmöglichkeiten.

In Rollenspielen wurde ersichtlich, dass es nicht einfach ist, sein Fachwissen laiengerecht an den Patienten weiterzugeben, ohne bei ihnen Missverständnisse oder Verwirrung zu erzeugen, bzw. kompetent mit andern Berufsgruppen zu diskutieren.

Abgerundet wurde diese Übung durch einen Vortrag von Frau Dr.Eickhoff, Referentin der Zentrale für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Betreuung der ABDA, die den Teilnehmern das ausgesprochen facettenreiche Thema der Pharmazeutischen Betreuung näherbrachte.

TDM und Populationspharmakokinetik

Zu Beginn des Kurses wurden einige theoretische Grundlagen der Klinischen Pharmakokinetik, Pharmakodynamik und Dosisindividualisierung sowie Laborparameter wiederholt und in Fallbeispielen weiter vertieft. Ein kleiner Exkurs führte in die patientenorientierte Forschung in Klinischer Pharmazie, wie sie in der Abteilung von Frau Dr.Kloft durchgeführt wird.

Ein Hauptgebiet der Klinischen Pharmazie ist das Therapeutische Drug Monitoring (TDM), eine sehr weit entwickelte Form der Dosisindividualisierung. Eine praktische Übung mit einer anonymisierten Patientenakte für jede Kleingruppe setzte die Theorie des TDM in die Praxis um. Anhand von Plasmaproben konnte mit einem Fluoreszenzpolarisationsimmunoassay die Plasmakonzentration von einem mit Theophyllin behandelten Patienten gemessen werden.

Durch die populationspharmakokinetische Auswertung am Computer mit einem Pharmakokinetik-Programm konnten Aussagen darüber getroffen werden, ob die Behandlung optimal ist - d.h. die Messwerte innerhalb der therapeutischen Breite liegen - oder eine Anpassung erforderlich ist. Anhand einer Simulation wurde eine entsprechende Therapieempfehlung ausgesprochen und eine weitere Blutprobe in der Patientenakte angefordert.

Am nächsten Tag konnte mit Hilfe einer zweiten Plasmaprobe der Erfolg des neuen Therapieschemas überprüft und ggf. Ursachen für Abweichungen ermittelt werden. Nach den Präsentationen "unserer" Patienten erarbeiteten wir die Voraussetzungen, die für die Umsetzung von TDM in der Praxis notwendig sind.

Zytostatika und Nährlösungen zubereiten

Wie im Krankenhaus Aspekte der Klinischen Pharmazie praktisch angewendet werden können, zeigten einige weitere Kursteile. Schwerpunkte lagen hier bei der individuellen Herstellung von Zubereitungen zur parenteralen Ernährung und zur Zytostatika-Chemotherapie.

Nach einer Einführung von Frau Dr.Lorenz, Krankenhausapothekerin des Universitätsklinikums Essen, in die Grundlagen der parenteralen Ernährung und verschiedener Ernährungskonzepte folgte im Rahmen einer Demonstration die Herstellung von parenteraler Nahrung in Mischbeuteln; aus der Beurteilung des Ernährungszustands eines Patienten ergab sich die Zusammensetzung eines geeigneten parenteralen Ernährungsregimes.

Während eines Besuches in den Krankenhausapotheken der Charité, des Virchow-Klinikums, des Krankenhauses am Urban oder des Krankenhauses Moabit konnten die Teilnehmer in Diskussionen mit den dort tätigen Apothekern ihr Wissen am Ort der Herstellung vergrößern. Einigen bot sich sogar die Möglichkeit, für einen "Patienten" ein Plazebo-Zytostatikum unter aseptischen Bedingungen herzustellen - anfangs keine allzu leichte Aufgabe, wie sich herausstellte.

Optimale Pharmakotherapie

In einem weiteren Teil "Pharmakotherapie" konnte das gesamte bisher erworbene Wissen angewendet werden. Anhand von anonymisierten Patientenakten (mit allerlei irrelevanter Information für die Bearbeitung) sollte in kleinen Gruppen die Effektivität und Sicherheit der verordneten Pharmakotherapie überprüft werden. Die Krankheitsbilder entsprachen den Themen der Referate, die zu Beginn des Kurses von den Teilnehmern gehalten wurden.

Durch die Recherche in Fachliteratur und Online-Datenbanken informierte man sich u.a. über Wirkungen, therapeutische Bereiche, unerwünschte Wirkungen und mögliche Interaktionen zwischen den verordneten Medikamenten. Die Gruppe "Compliance" erarbeitete ein Konzept zur Therapiebegleitung bei Hypertoniepatienten. Die Ergebnisse wurden in einer kurzen Präsentation, teils mit praktischer Beratung von Patient, Arzt oder Pflegepersonal, den Anwesenden vorgestellt und diskutiert.

Anregungen aus England

Zwei weitere Vorträge (u.a. von Frau Taxis, Center of Pharmacy Practice, University of London), die mit unterhaltsamen Schilderungen und Fotos untermalt wurden, befassten sich mit der Tätigkeit eines Klinischen Pharmazeuten in Großbritannien. Das dortige System unterscheidet sich zum Teil erheblich vom deutschen, nicht zuletzt wegen der viel größeren Zahl der Angestellten in den Apotheken und des andersartigen Kompetenzbereiches der britischen Apotheker.

Dennoch bieten sich auch für deutsche Apotheker und Pharmaziepraktikanten interessante Tätigkeiten in englischen Krankenhäusern. Für die Möglichkeit der Weiterqualifikation (Ausbildung, Weiterbildung, Promotion) mit Abschluss auf dem Gebiet der Klinischen Pharmazie gab es wertvolle Anregungen und Tipps. So mancher Teilnehmer spielte wohl mit dem Gedanken, einmal in einem englischen Krankenhaus zu arbeiten - vielleicht im Rahmen des praktischen Jahres.

Dieser Kurs hat gezeigt, dass es für Pharmazeuten auch Alternativen zur rein herstellenden, prüfenden und verteilenden Tätigkeit in der Offizinapotheke, Industrie, Krankenhausapotheke etc. gibt. Dabei ist es wichtig, die Voraussetzungen bereits im Studium zu erlernen, um später klinisch-pharmazeutische Verantwortung für die Anwendung von Arzneimitteln am Patienten zu übernehmen.

Die Teilnehmer dankten Frau Dr. Kloft und ihren Mitarbeitern Frau Fliß, Frau Reif, Frau Schwabe und Herrn Warnke für ihren freiwilligen Einsatz, der durchaus nicht selbstverständlich ist.

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