Arzneimittel und Therapie

Grippemittel: Neuraminidase-Inhibitoren auch zur Prävention?

Der orale Neuraminidase-Inhibitor Oseltamivir (Tamiflu®) verkürzt nicht nur die Krankheitsdauer einer akuten Grippeinfektion, sondern kann auch bereits zur Vorbeugung eingesetzt werden. Die sechswöchige Einnahme von Oseltamivir zu Beginn der Grippesaison senkt das Risiko, an einer Grippe zu erkranken, deutlich.

Das sicherste Mittel zur Vorbeugung einer Influenza ist die Grippeschutzimpfung. Wenn sich allerdings nach der Entwicklung der Influenzavakzine die Grippeviren wesentlich verändern oder ein Grippeimpfstoff nicht mehr verfügbar ist, wird eine andere Art der Grippeprävention erforderlich. Bislang konnten zum Vorbeugen einer Influenza nur Amantadin und Rimantadin eingesetzt werden; beide Substanzen wirken aber nur gegen das Influenza-A-Virus und können aufgrund ihrer unerwünschten Wirkungen nur begrenzt eingesetzt werden. In zwei größeren Studien wurde nun untersucht, ob Neuraminidase-Inhibitoren zur Influenzaprävention geeignet sind.

Der orale Neuraminidase-Inhibitor Oseltamivir

Für die Untersuchung wurde der erste oral einzunehmende Neuraminidase-Hemmer Oseltamivir (Tamiflu®; seine Zulassung für Deutschland wird Anfang 2000 erwartet) ausgewählt. Oseltamivir (GS4104) ist ein Prodrug von GS4071 und hemmt selektiv die Neuraminidase von Influenza-A und-B-Viren. Im Gegensatz zu dem bereits in Deutschland zugelassenen Neuraminidase-Hemmer Zanamivir (Relenza®) kann Oseltamivir oral eingenommen werden. Die Wirksamkeit von Oseltamivir bei einer akuten Grippeinfektion (bis zu zwei Tagen nach dem ersten Auftreten der Krankheitssymptome) wurde bereits in mehreren Studien nachgewiesen. In zwei neueren Studien wurde nun untersucht, ob sich Oseltamivir auch zur Grippeprophylaxe eignet.

Studien zu Beginn der Grippezeit

In zwei unterschiedlichen Landesteilen der USA (Virginia bzw. Texas und Kansas) wurden zu Beginn der Grippezeit 1997/1998 zwei identische, plazebokontrollierte, doppelblinde, randomisierte und multizentrische Studien durchgeführt. Die 1559 gesunden, nicht grippegeimpften Studienteilnehmer im Alter von 18 bis 65 Jahren erhielten während sechs Wochen entweder Oseltamivir (75 mg einmal täglich oder 75 mg zweimal täglich) oder ein Plazebo. Neben dem wichtigsten Kriterium der Studie, dem Auftreten einer labormedizinisch bestätigten, grippeähnlichen Infektion, wurden auch unerwünschte Wirkungen der Therapie sowie verschiedene labormedizinische Parameter festgehalten.

Deutlich weniger Erkrankungen mit Tamiflu®

Fasst man die Ergebnisse beider Studien zusammen, so lag das Influenzarisiko in der Verumgruppe bei 1,2% (75-mg-Gruppe) bzw. bei 1,3% (150-mg-Gruppe), in der Plazebogruppe bei 4,8% (P<0,001). Die protektive Wirksamkeit von Oseltamivir betrug für alle Studienorte zusammengefasst 74%; für Virginia, wo 1997/1998 die Gripperate am höchsten war, 82%. Die sechswöchige Behandlung mit Oseltamivir war gut verträglich. Allerdings klagten mehr Probanden der Verumgruppe als der Plazebogruppe über Nausea und Erbrechen (Nausea: 12,1% in der 75-mg-Gruppe bzw. 14,6% in der 150-mg-Gruppe vs. 7,1% in der Plazebogruppe. Erbrechen: 2,5% und 2,7% vs. 0,8%).

Literatur Hayden, F., et al.: Use of the selective oral neuraminidase inhibitor Oseltamivir to prevent influenza. N. Engl. J. Med. 341, 1336–1343 (1999).

Der orale Neuraminidase-Inhibitor Oseltamivir (Tamiflu) verkürzt nicht nur die Krankheitsdauer einer akuten Grippeinfektion, sondern kann auch bereits zur Vorbeugung eingesetzt werden. Die sechswöchige Einnahme von Oseltamivir zu Beginn der Grippesaison senkt das Risiko, an einer Grippe zu erkranken deutlich.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.