Doping

W. Dubbels"Saubere Spiele" in Sydney? – Nachwe

Mit Einführung der Dopingkontrollen auf steroidale Anabolika [1] nahm der Einsatz "alternativer" Anabolika im Leistungssport enorm zu. Die Berichte der jüngsten Vergangenheit über die missbräuchliche Anwendung von Wachstumshormonen und Insulin zwecks Leistungssteigerung bei Sportlern - von der amerikanischen Fachpresse als effektive Alternative zu den steroidalen Anabolika gepriesen - haben die Aufmerksamkeit der deutschen Leistungssportler auf diese Arzneimittel gelenkt, die inzwischen auch über das Internet angeboten werden. Offensichtlich haben sie auch bei den Olympischen Spielen in Sydney eine Rolle gespielt.

Nachweis von Somatropin

Wachstumshormone stehen auf der Liste der im Sport verbotenen Substanzen [2]. Bei den Olympischen Spielen in Sydney wurden jedoch keine entsprechenden Testverfahren zum Nachweis einer Leistungsmanipulation mit Wachstumshormonen eingesetzt. Dagegen hatte das Nationale Olympische Komitee Italiens vor den Spielen solche Tests durchgeführt und die zahlreichen positiven Ergebnisse geheim gehalten. Erst später wurde durch eine Indiskretion bekannt, dass fünf italienische Medaillengewinner mit Wachstumshormonen gedopt waren. In Sydney wurden laut Professor Wilhelm Schänzer, Leiter des Doping-Kontroll-Labors der Deutschen Sporthochschule Köln, erstmals Bluttests durchgeführt [3]. Damit wäre nicht nur das in den Vordergrund der Dopingdiskussion gebrachte Epoetin (Erythropoietin, EPO), sondern auch das Wachstumshormon Somatropin (Somatotropin, STH) nachweisbar gewesen. Aber aus juristischen Gründen, so Dr. Hans Geyer vom Institut für Biochemie der Sporthochschule Köln, kam das von dem Münchner Humangenetiker Dr. Christian Strasburger entwickelte Verfahren zum Nachweis von STH in Sydney nicht zur Anwendung [3].

Regulation der Hormonspiegel

Die Sekretion von Somatropin (engl. Growth Hormone, GH) wird durch das Wachstumshormon-Releasing-Hormon GRH induziert und unterliegt dem hypothalamischen Regelkreis. Über genaue Regulationsmechanismen ist im Gegensatz zu den anderen tropen Hormonen wenig bekannt. Vermutlich wird die negative Rückkopplung durch IGF-1 (Insulinähnlicher Wachstumsfaktor) ausgelöst.

Die Ausschüttung von GRH und einem antagonistisch wirkenden Hormon wird von Neurotransmittern gesteuert (Noradrenalin, Serotonin, Dopamin), deren Freisetzung wiederum von verschiedenen Faktoren wie Schlaf, Blutzucker und Stress beeinflusst wird. Erniedrigte Somatropin- bzw. IGF-1-Spiegel korrelieren - im Einklang mit erniedrigten Testosteronspiegeln - mit einer deutlichen Abnahme der allgemeinen körperlichen Leistungskraft, der Muskelmasse und der Muskelkraft [4, 5].

Nicht nur anabole Wirkungen

Die anabole Wirkung des Wachstumshormons wird nicht direkt durch das Somatropin ausgelöst, sondern durch seine Bruchstücke, die Somatomedine, die wegen ihrer Insulin-agonistischen Eigenschaften auch insulinähnliche Wachstumsfaktoren genannt werden. Man unterscheidet zwischen Somatomedin C (IGF-1, s. o.) und Somatomedin A (IGF-2). Somatomedine werden bevorzugt in der Leber, aber auch in den Nieren, Muskeln und im Bindegewebe gebildet. Für die anabole Wirkung wird hauptsächlich IGF-1 verantwortlich gemacht.

Die wachstumsfördernden Effekte erstrecken sich jedoch nicht nur auf den Proteinstoffwechsel in der Muskulatur, sondern auch auf die Kollagensynthese. Die vermehrte IGF-1-Bindung in den Chondrozyten erhöht die Teilungsaktivität dieser Zellen, (trainingsbedingte) Verletzungen heilen deshalb schneller aus. In zu hoher Dosierung muss mit Akromegalie gerechnet werden. Das Längenwachstum kann dagegen im Erwachsenenalter nicht mehr beeinflusst werden.

In den Fettstoffwechsel greift Somatropin durch Hemmung der Synthese von körpereigenem Fett ein, indem es den Fettsäureeinbau in die Zelle erschwert und die Lipolyse erleichtert. Diesbezüglich wirkt es also antagonistisch zum Insulin.

Kombination von Somatropin mit Insulin

Auch hinsichtlich der Beeinflussung des Kohlenhydratstoffwechels wirken Somatropin und Insulin antagonistisch. Somatropin bewirkt eine Verschlechterung der Glucoseverwertung. Auf diese Eigenschaft des Somatropin ist seine diabetogene Wirkung zurückzuführen. Nicht nur aufgrund dieser unerwünschten Wirkung wird Somatropin im Leistungssport mit Insulin kombiniert. Denn Insulin wirkt ebenfalls anabol und ist schon allein deshalb für den missbräuchlichen Einsatz im Sport interessant. In dieser Hinsicht wirken Insulin und Somatropin also synergistisch.

Betrachtet man alle Eigenschaften des Somatropin im Wechselspiel mit Insulin, dann fällt auf, wie biologisch sinnvoll das Vorhandensein solch verschiedener Partialwirkungen auf den Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel einerseits für das Wachstum (anabole Wirkung) und andererseits für die Erhaltung des Individuums (antikatabole Wirkung) ist, was diese beiden Peptidhormone so interessant für Leistungssportler macht!

Doping mit Aminoglutethimid

Eine weitere Substanz, der von der Anti-Doping-Kommission bislang nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist das Glutarimid Aminoglutethimid.

Aminoglutethimid interferiert sowohl mit dem intra- als auch mit dem extraadrenalen Steroid-Metabolismus. In der Nebennierenrinde hemmt es kompetitiv die enzymatische Umwandlung von Cholesterol zu Pregnenolon und damit die Synthese aller davon abgeleiteten Hormone (insbesondere Cortisol). Im extraadrenalen Gewebe (insbesondere im Fettgewebe) blockiert Aminoglutethimid durch Aromatasehemmung die Aromatisierung von Androstendion zu Estron.

Beide Mechanismen führen zu einem relativen Übergewicht von Testosteron. Die Ausschaltung der Cortisolsynthese verhindert eine katabole Stoffwechsellage. Die ebenfalls verminderte Aldosteron-Sekretion führt zu verstärkter Diurese (deshalb auch missbräuchlicher Einsatz von Diuretika im Leistungssport).

"Steroidfalle"

Trotz der "Fortschritte" beim Doping tappen erstaunlicherweise immer noch Athleten in die Steroidfalle, wie kürzlich der Kugelstoßweltmeister C. J. Hunter, dem die Olympia-Akkreditierung für Sydney entzogen wurde. Zwei Wochen nach den Olympischen Spielen wurde der deutsche Sport wieder einmal von einem Dopingfall erschüttert: Der Ringer und Olympiasieger von Sydney Alexander Leipold wurde mit positivem Ergebnis getestet.

Sind die beiden Sportler schlecht beraten worden (Nandrolon lässt sich noch nach Monaten im Urin nachweisen), oder haben sie tatsächlich nur Nahrungsergänzungsmittel zu sich genommen? Laut Dr. Geyer von der Sporthochschule Köln sind in der Tat einige Nahrungsergänzungsmittel aus dem Ausland durch Verunreinigung mit Prohormonen auffällig geworden [3]. Die Verunreinigungen würden zu einem positiven Testergebnis führen. "GMP" ist für einige ausländische Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln offenbar ein Fremdwort. Hunter und Leipold beteuern ihre Unschuld, so auch Baumann, dessen Zahnpasta mit Norandrostendion "verunreinigt" war. Wie diese Substanz jedoch in die Zahnpasta gelangte, ist bis jetzt nicht aufgeklärt.

In Zukunft: Gen-Doping

Vermutlich wird schon bald das Doping mit Arzneimitteln und so genannten Nahrungsergänzungsmitteln nur sekundär eine Rolle spielen. Spätestens zur Olympiade im Jahr 2008 wird es möglich sein, durch Gen-Doping den Körper eines Athleten dahingehend zu manipulieren, dass er die idealen Voraussetzungen für seine Sportart mitbringt. Gen-Doping kann weder durch Urin- noch durch Bluttests nachgewiesen werden. Nur durch Entnahme von Gewebeproben wird ein sicherer Nachweis erbracht.

Kastentext: "Fortschritt" im Doping

Die Idee des Menschen, seine sportliche Leistungsfähigkeit durch Einnahme bestimmter Substanzen zu verbessern, ist so alt wie der Sport selber. Schon die griechischen Athleten der Antike im 3. vorchristlichen Jahrhundert versuchten, durch Einnahme von Kräutern, Pilzen, Stierhoden und ähnlichem ihre Leistung im Stadion zu steigern. Doping im heutigen Sinne wurde durch Morphin, Heroin, Cocain und später die Amphetamine bekannt. Bereits in den 50er-Jahren folgten die anabolen Steroide. Nachdem die Testverfahren auf anabole Steroide verbessert wurden, suchte man nach anabol wirkenden Alternativen. Clenbuterol, ein b-Sympathomimetikum mit angeblich antikataboler Wirkung, wurde durch den Fall Krabbe populär gemacht, und die Prohormone Androstendion und Norandrostendion "flogen" durch den Fall Bull Stewart "auf". Inzwischen stehen Somatropin und Epoetin ganz oben in der Dopingszene.

Kastentext: Betrug und Körperverletzung

Der unerlaubte Handel und die missbräuchliche Anwendung von hochwirksamen Medikamenten wie Somatropin und Aminoglutethimid, die ausschließlich für die Therapie von Krankheiten vorgesehen sind, können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen [6, 7].

Literatur: [1] Wössner, A., K.-A. Kovar: Weiße Weste im "weißen Sport"? Dopingmittel, deren Wirkungen und Nachweise. Dtsch. Apoth. Ztg. 136, 1905 - 1914 (1996). [2] Feiden, K., H.-P. Hofmann: Verbot von Doping-Arzneimitteln - Änderung des Arzneimittelgesetzes. Dtsch. Apoth. Ztg. 138, 3626 - 3634 (1998). [3] Persönliche Mitteilung Dr. Hans Geyer, Köln. [4] Porst, H.: Manual der Impotenz. Uni-Med. Verlag, Bremen 2000. [5] Rauscher, M., S. Korte: Wachstumshormone - STH, IGF und Insulin. ISP-Verlag, Arnsberg 2000. [6] Winkler, K.-R.: Doping im Sport - Anmerkungen aus juristischer Sicht. Dtsch. Apoth. Ztg. 140, 459 - 461 (2000). [7] Schluder, H., E. Wolferseder, K. Zeitler: Arzneimittelfälschungen - Hintergründe zum Anabolikaprozess von Deggendorf. Dtsch. Apoth. Ztg. 140, 4971 - 4978 (2000).

"Sauber" waren die Olympischen Spiele von Sydney sicherlich nicht. Doch weil nicht alle Möglichkeiten eingesetzt wurden, um Doping nachzuweisen, wurden wohl viele illegale Manipulationen nicht entdeckt. So wurden zwar die traditionellen Urintests, aber keine Bluttests durchgeführt, mit denen sich z. B. das neuerdings in Mode gekommene Doping mit Wachstumshormonen nachweisen lässt.

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