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AK Berlin: Haushaltsberatung endet mit einem Eklat

Wichtigster Tagesordnungspunkt der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Berlin am 20.November 2000 war der Beschluss über den Haushaltsplan für das Jahr 2001. Die Notwendigkeit, den Haushalt 2001 zu verabschieden, lag insbesondere darin begründet, dass bis zum 30. November eines jeden Jahres der Wirtschaftsplan für das kommende Geschäftsjahr bei der Senatsgesundheitsverwaltung als der zuständigen Genehmigungsbehörde eingereicht werden muss. Bereits im Vorfeld zur Delegiertenversammlung gab es kritische Anmerkungen zu dem vorgelegten Haushaltsplan.

Angenommen wurde der Beschluss, sich einer Resolution gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit anzuschließen, wie sie bereits von der Apothekerkammer Nordrhein beschlossen wurde. Mit dieser Resolution uner der Überschrift "Gesundheit kennt keinen Hass" möchte man auch in Berlin ein Zeichen setzen gegen zunehmenden Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit.

Sensible Materie: Haushaltsplan

Nach ausführlicher Berichterstattung zu aktuellen Ereignissen in Berlin und dem Bundesgebiet rief Kammerpräsident Norbert Bartetzko gegen 21.30 Uhr den Haushaltsplan für das Kalenderjahr 2001 auf. Er wurde vom Kammergeschäftsführer Rainer Auerbauch als Sparhaushalt vorgestellt, obwohl bei einem geplanten Ausgabenvolumen von 3444766 DM eine Steigerung gegenüber dem Haushalt 2000 um 216362 DM oder 6,2% zu verzeichnen ist.

Auerbach machte darauf aufmerksam, dass bei einigen Haushaltstiteln keine Einsparungen möglich sind. Dazu gehören die ABDA-Beiträge, die Personalkosten sowie Investitionen. Bei den Gehältern müssen vereinbarungsgemäß die Tariferhöhungen des öffentlichen Dienstes mitgemacht werden. Auch die Gehaltsanhebung nach Betriebszugehörigkeit ist Bestandteil des Tarifvertrages. Dagegen führt die Nutzung der eigenen Räume bei Fortbildungsveranstaltungen zu deutlichen Einsparungen. Der Haushaltstitel für Fort- und Weiterbildung konnte um insgesamt 35000 DM abgesenkt werden. Aus praktischen Überlegungen wurde der Haushaltstitel Beschaffungen durch einen Investitionsplan ersetzt.

Planung für das QMS

Vizepräsidentin Anette Dunin von Przychowski stellte nochmals ausführlich die Planung für das im Jahr 2001 beginnende Qualitätsmanagementsystem (QMS) der Apothekerkammer Berlin vor. Für die Qualifizierung der Auditoren, der Zertifizierungskommission, der Geschäftsstelle sowie als Entschädigungsleistungen für die Auditoren und die Zertifizierungskommission wurden 31000 DM als Ausgaben in den Haushaltsplan eingestellt. Dem stehen 45000 DM erwartete Einnahmen aus etwa 100 Apotheken, die sich zertifizieren lassen, gegenüber. Die Gegenüberstellung von geplanten Einnahmen und Ausgaben ergab eine Unterdeckung von 363516 DM. Diese sollte aus Rücklagen finanziert werden. Ebenfalls aus den Rücklagen sollten Investitionen von 210450 DM finanziert werden. Dieses Vorgehen, insgesamt 675000 DM (17,4% des Haushaltes) aus Rücklagen zu finanzieren, wurde von zahlreichen Delegierten als nicht akzeptabel kritisiert.

Zu diesem Zeitpunkt kam es zum Eklat, als eine Delegierte den Geschäftsordnungsantrag auf Schluss der Rednerliste mit der Begründung stellte, dass es bereits nach 23.00 Uhr sei. Dieser Antrag wurde, obwohl mehrere Delegierte verdeutlichten, dass noch Diskussionsbedarf bestehe, mit einer Stimme Mehrheit angenommen. Unter Protest verließen darauf hin die Delegierten mehrerer Listen den Sitzungssaal. Die Versammlung war damit nicht mehr beschlussfähig, sodass der Haushaltsplan nicht mehr fristgerecht bei der Genehmigungsbehörde eingereicht werden kann.

Stürzbecher: ein "Armutszeugnis"

Zu den verbliebenen Delegierten gehörte auch der Ehrenpräsident der Apothekerkammer Berlin, Klaus Stürzbecher. Er zeigte sich betroffen und empört darüber, dass es zu einer solchen Entwicklung kommen musste. Die Diskussion des Haushaltsplans sei eine sensible Angelegenheit, für die ausreichend Zeit vorhanden sein müsse. Viel Zeit der Versammlung sei mit der Diskussion anderer Themen verbracht worden. Eine Zusammenarbeit finde in der Delegiertenversammlung in vielen Punkten nicht mehr statt. In den zurückliegenden 18Monaten habe er geschwiegen, doch nun müsse er feststellen, dass es ein Armutszeugnis sei, dass nicht einmal der Vorstand einheitlich handle. ko

Kommentar: Kaum zu glauben - aber wahr

Haushaltsberatungen sind immer eine Gelegenheit, intensiv über politische Grundsatzfragen zu diskutieren. So auch immer wieder in der Berliner Delegiertenversammlung. Bereits im Vorfeld zur Delegiertenversammlung am vergangenen Montag waren Stimmen zu vernehmen, die auf die hohen Entnahmen aus den Rücklagen kritisch hinwiesen. Auch war zu hören, dass der Vorstand den vorgelegten Haushaltsplan nicht einstimmig verabschiedet habe. Setzte er nun auf Zeit oder hat der Berliner Kammerpräsident Norbert Bartetzko die Situation falsch eingeschätzt, als er zuließ, dass vor der Haushaltsberatung ausführlich über alle möglichen Themen diskutiert wurde? Plötzlich lief ihm die Zeit weg, und aus seinen eigenen Reihen kam kurz nach 23.00 Uhr der den Eklat auslösende Geschäftsordnungsantrag der Delegierten Hillenherms auf Schluss der Rednerliste, obwohl erkennbar noch Diskussionsbedarf bestand. Die Gemüter hatten sich - und hier schaltete sich nach langen Wochen der Schweigsamkeit Ex-Präsident Klaus Stürzbecher in die Diskussion ein - an den hohen Entnahmen aus den Rücklagen entzündet. Bei 2,5 Millionen DM Rücklagen sind 600000 DM schon eine ziemliche Summe, wenn diese zum Ausgleich des Haushaltes verwendet werden soll. Die Oppositionsgruppen hatten vor der Abstimmung bereits angekündigt, bei einer Niederlage in der Geschäftsordnungsfrage den Sitzungssaal zu verlassen, um Beschlussunfähigkeit herzustellen. Offensichtlich schätzte Bartetzko die Situation falsch ein, denn er unternahm keinen Versuch, ein vorzeitiges Ende der Versammlung und damit ein Scheitern seines Haushaltsplans zu verhindern. Die Delegiertenversammlung war mit 22 Delegierten tatsächlich beschlussunfähig. In einem heftigen Ausbruch las Stürzbecher dem Vorstand die Leviten, der sich mit dieser Situation selbst ein Armutszeugnis ausgestellt habe. Deutet sich hier das Ende eines Vorstandes an, der bei fast jeder Delegiertenversammlung seine Zerstrittenheit demonstriert? Die Tugend der Vorstandssolidarität, gefasste Beschlüsse nach außen zu vertreten, scheint es nicht zu geben. Ein Delegierter sprach von Neuwahlen. Wir sind gespannt auf die nächste Delegiertenversammlung. Jochen Kotwas, Berlin

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