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Berichte
Kampf gegen die Antibiotika-Resistenz
Bei der Diskussion um die Antibiotika-Resistenz werden viele Eigenschaften und Vorteile der Antibiotikatherapie häufig übersehen. Antibiotika sind meistens kurativ, ihr Einsatz ist kurzfristig, und im Vergleich zu anderen Therapien ist die Anwendung von Antibiotika nebenwirkungsarm. In seinem Vortrag betonte Wiedemann besonders, dass die Resistenzentwicklung speziesspezifisch ist und dass der rein quantitative Verbrauch von Antibiotika nicht mit der Entwicklung von Resistenzen korreliert. Aufgabe der Mikrobiologen ist es unter anderem, resistente Keime zu isolieren und die Mechanismen der Resistenz aufzuklären. Darüber hinaus werden auch weltweite Resistenzentwicklungen beobachtet, um über die Verbreitung unempfindlicher Keime Auskunft zu bekommen.
Resistenz bei Streptokokken
Bei dem Alexander-Projekt (www.alexander-network.com) arbeiten seit 1992 fünfundzwanzig Länder zusammen, um Trends in Erregerhäufigkeiten zu verfolgen. Ein schönes Beispiel ist die Ausbreitung eines resistenten Streptococcus pneumoniae-Stamms (6B) in Island. Dieser wurde 1988 von einem Kind aus einem Spanienurlaub mitgebracht und konnte sich daraufhin in dem nordischen Land ausbreiten. Schon 1993 zeigte sich in Island bei 20% aller Str. pneumoniae-Infektionen Resistenz gegenüber Penicillinen, 80% der Resistenzfälle waren auch gegen andere Antibiotika resistent. Nur der gezielte, jedoch massive und höherdosierte Einsatz von Antibiotika kann die Ausbreitung von resistenten Stämmen unterdrükken, so Wiedemann. Ein Wechsel auf andere Antibiotika ist dabei nicht zu empfehlen; so wurde durch den Einsatz von Cefaclor die Selektion resistenter Penicillin-Stämme vorangetrieben.
Resistenz bei E.coli
Für die Resistenzentwicklung gegenüber Ciprofloxacin sind bei E.coli vier verschiedene Mechanismen bzw. beteiligte Gene bekannt (gyrA, gyrB, parC, parE). Man spricht hier allgemein von Chinolonresistenz. Eine gezielte, gleichzeitige Mutation in E.coli-Stämmen in den erwähnten Genen führt dazu, dass die mutierten Stämme in ihrer Vitalität stark eingeschränkt sind. So erwartete man, dass sich chinolonresistente E.coli auf diese Weise, nämlich durch weitere Mutationen in den Resistenzgenen, selbst ausbremsen. In der Klinik zeigte sich jedoch, dass sich die Stämme wieder erholen. Der prophylaktische Einsatz von Chinolonen/Ciprofloxacin ist somit bedenklich.
Eine Studie in Spanien zeigte, dass selbst bei 26% von Kindern mit einem Durchschnittsalter von 2,7 Jahren chinolonresistente E.coli-Stämme gefunden wurden, obwohl Chinolone bei Kindern nicht zugelassen sind. Wiedemann führte diese Beobachtungen auf eine andere Fleischhygiene in Spanien zurück; die Resistenzen wurden also aus der Tiermast auf den Menschen übertragen. Bei den in Deutschland üblichen hygienischen Maßnahmen ist so eine Übertragung nicht zu erwarten. Ob das nunmehr in der EU geltende Verbot, Antibiotika zur Masthilfe zu füttern, die Ausbreitung von Resistenzen einschränkt, bleibt abzuwarten, da nun der prophylaktische Einsatz von Antibiotika erhöht werden wird.
Klotzen, nicht kleckern
Mit dem genauen Verständnis der Resistenzentwicklung ist es möglich, Antibiotika gezielt und richtig einzusetzen. Resistenzgene sind anfänglich auf der chromosomalen DNA lokalisiert, können aber mit Integrons und Transposons auf Plasmid-DNA übertragen werden. Diese ringförmige, extrachromosomale DNA kann relativ leicht von einem Bakterium auf ein anderes übertragen werden. So verbreitet sich die Resistenz weiter: Aus individuellen Patientenstämmen werden regionale Krankenhausstämme, die in globale Weltstämme übergehen können. Nur durch den frühen, massiven und differenzierten Einsatz von Antibiotika gegen partiell unempfindliche Stämme kann eine Selektion und eine klonale Ausbreitung unempfindlicher Stämme vermieden werden. Hier ist es, wie sich der Vortragende ausdrückt, wichtig, nicht zu kleckern.
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